Nicht nur Dürers Spitzenwerke, auch sein Monogramm AD sind bis heute weltweit ein Begriff und ein singuläres
Phänomen in der Kunst. Albrecht Dürers Selbst- und Qualitätsbewusstsein, seine Vielseitigkeit wie sein
unternehmerisches Gespür spiegeln sich nicht zuletzt in der stringenten Entwicklung eines einprägsamen
Markenzeichens. Für dessen Gestaltung und Platzierung im Kompositionsgefüge hat er Zeit und Sorgfalt
investiert.
Die endgültige Version ist ein lateinisches A mit einem D unter dem Querstrich – vorbildlich und prägnant,
noch heutigen Marketing-Ansprüchen entsprechend. Ob instinktiv oder mit intensiver Beratung durch sein Umfeld
– Dürer entschied sich, seine Werke nicht als „anonyme Massenware“, sondern individuell
gekennzeichnet zu vertreiben. Geistiges Eigentum und dessen Urheberschutz waren noch nicht üblich, zu dessen
Entwicklung hat er wesentlich mit beigetragen. Perfekt auf Proportion, Bildtechnik, Farbe und Perspektive
abgestimmt, ist sein Markenzeichen oft in der Mitte des Bildrandes gesetzt.
Gerne arbeitete er ferner mit besonderen Präsentationsformen wie gemalten Schriftrollen oder Schildchen (im
Fachjargon Cartellini), die quasi im Bild aufgehängt, in eine Ecke gestellt oder auf Steine gelegt werden
konnten. Später kombinierte er diese mit seinem Selbstbildnis als Assistenzfigur auf Gemälden. Ein optimales
PR-Konzept! Ab und zu verweisen auch noch Inschriften auf Dürers Herkunft aus Nürnberg oder Deutschland.
Vorformen wie Schongauers Signatur, Goldschmiede- und Handelszeichen sowie antike bzw. italienische
„Cartellini“ aufgreifend, hat das Genie mit Erfindungsreichtum und ausdauernder Konsequenz seine
Anfangsbuchstaben zu einem beispiellosen Label entwickelt wie kein anderer. In der Fachliteratur gilt er folglich
als „Erfinder des Markenartikels“.
Unabhängig von kirchlichen und weltlichen Fürsten gründete er 1495 eine eigene Werkstatt, Verlags- und
Vertriebsstruktur miteingeplant. Er schloss sich nicht mit anderen zusammen, sondern stellte im Alter von 26
Jahren seinen eigenen Händler Konrad Schweitzer ein, um seine Graphik für potenzielle Käufer im In- und Ausland
zu vertreiben. Dürer war der erste Künstler, der für einen anonymen Markt, für jedermann, produzierte. Der
Vertrag aus dem Jahr 1497 dokumentiert, dass er vermutlich als erster Künstler - für Markenartikel grundlegend
– einheitliche Preise festlegte und dass er erwerbswirtschaftlich orientiert dachte und handelte. Bereits
fünf Jahre später waren seine „Produkte“ so begehrt und populär, dass nördlich wie südlich der Alpen
zahlreiche Raubkopien in Umlauf waren. Allein Marcantonio Raimondi hat systematisch 70 Dürer-Nachdrucke
angefertigt, lange Zeit inklusive dem Gütesiegel AD. Daher hatte sich schon Nürnbergs berühmtester Sohn mit der
gleichen Problematik aller später erfolgreichen Markenhersteller auseinander zu setzen: der
Markenpiraterie.