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Geachtet, aber kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt

Langjährig Beschäftigte über 45 Jahre können in ihren Betrieben mit Wertschätzung und Unterstützung rechnen – Arbeitssuchende über 45 vor allem mit Absagen. 80 Prozent der Unternehmen in der Region Nürnberg erkennen die Qualitäten älterer Arbeitnehmer an. Tatsächlich sind jedoch lediglich 15 Prozent neu eingestellter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter 45 oder älter. Das erbrachte eine Studie der bfz Bildungsforschung Nürnberg zur Situation älterer Arbeitnehmer im Großraum Nürnberg, die im Rahmen eines Projektes zur altersgerechten Qualifizierung (Aqua) durchgeführt wurde.

Insgesamt beteiligten sich 110 Unternehmen mit ca. 25 000 Beschäftigten an der Studie. Themengebiete waren u. a. die Weiterbildung, Rekrutierung und Einschätzung älterer Beschäftigter aus Sicht der Unternehmen sowie deren Einschätzung des demographischen Wandels und der Veränderung der Arbeitsmarktstruktur.

Bisher ist nach Worten von Joao Filipe Baigger vom bfz nicht zu erkennen, dass sich die betriebliche Praxis mit den anstehenden Veränderungen bei Demographie, Beschäftigtensituation und Arbeitsmarkt auseinandersetzen würde. Ein vorzeitiger Ausstieg aus dem Berufsleben sei üblich und die Anzahl der Beschäftigten über 55 Jahre gering. Die Vermittlung älterer Arbeitsuchender sei schwierig, da jüngere Bewerber und Bewerberinnen bevorzugt würden. Was sind die Gründe der Unternehmen, so zu agieren? Welche Vorbehalte gegenüber älteren Beschäftigten sind Grundlage der derzeit gängigen Praxis?

Die Betriebe schätzen – so ein Ergebnis der Untersuchung – ihre eigenen älteren Mitarbeiter und behandeln sie kaum anders als die jüngeren. Sie eröffnen ihren älteren Beschäftigten Zugang zu Weiterbildung und höheren Positionen und vertrauen auf ihre Erfahrung und Kompetenz.

Baigger: „Wir behaupten: Das Thema ,ältere Beschäftigte‘ existiert als solches für die Nürnberger Unternehmen nicht.“ Eher im Gegenteil: Trotz Nachwuchsschwierigkeiten wünschten sich viele Unternehmen eine Verjüngung ihres Mitarbeiterstammes. Bei den gewerblichen Beschäftigten werde dies am deutlichsten. Hier würden mehr als ein Drittel der befragten Unternehmen gerne jüngere Beschäftigte sehen. Das Streben nach Jüngeren wird besonders bei der Einstellung neuer Mitarbeiter deutlich: Im Zeitraum zwischen Mai 2002 und Mai 2003 waren nur 15 Prozent aller neu eingestellten Personen 45 Jahre oder älter. Noch konkreter wird dieses Ergebnis, wenn man es im Verhältnis zu den Nachwuchsschwierigkeiten setzt: Unternehmen, die keine Nachwuchssorgen haben, stellen deutlich weniger Personen über 45 Jahre ein. Eine Interpretation dieses Ergebnisses sei, dass ältere Bewerber – mit ihrem in der Fachliteratur inzwischen vielfach festgestellten Vorzügen – nicht als positive Alternative verstanden werden, sondern als Notlösung, zu der nur dann gegriffen wird, wenn keine „Jüngeren“ verfügbar sind.

In diesem Zusammenhang werden von den befragten Unternehmen bei Neueinstellungen älteren Bewerbern deutlich weniger Chancen eingeräumt. Bei älteren Bewerbern ist der Berufsweg, den sie hinter sich haben – langjährige Zugehörigkeit zu einem fremden Umfeld oder der Karriereknick durch Arbeitslosigkeit – eher ein Nachteil. Die oben genannten Vorteile, die die Unternehmen bei den eigenen erfahrenen Mitarbeitern sehen, werden paradoxerweise nicht bei den älteren Bewerbern anerkannt. Eine ganz wesentliche Rolle spielen dabei auch Nachteile wie höhere Kosten oder Regelungen des Kündigungsschutzes etc.

Aqua, Tel. 0911/2 79 58-0, Fax -60
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 01|2004, Seite 14

 
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