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Stoffe für die Zukunft

In der Region Nürnberg hängt ein jährlicher Umsatz von 30 Mrd. Euro mit Neuen Materialien zusammen. Wie ist der Wirtschaftsraum in diesem Technologiefeld aufgestellt?

Neue Werkstoffe sind der Schlüssel für neue Produkte und Verfahren und damit zu neuen Märkten. Die Mehrzahl der Technologieunternehmen in Deutschland stufen sie deshalb als strategisch bedeutend für die eigene Unternehmensentwicklung ein, so das Bundesforschungsministerium in einer Erhebung. Und eine Studie von Arthur D. Little hat gezeigt, dass dies in Bayern für rund 80 Prozent der produzierenden Unternehmen zutrifft.

Die Schlüsseltechnologie „Neue Materialien“ ist also aus gutem Grund eines von derzeit sechs so genannten Kompetenzfeldern, die im „Entwicklungsleitbild der Wirtschaftsregion Nürnberg“ verankert sind. Weitere Aspekte sprechen für diese Schwerpunktsetzung:

  • Es handelt sich um eine Querschnittstechnologie, deren Anwender (z.B. Automobilzulieferer, Maschinen und Anlagenbau, Elektro- und Nachrichtentechnik, Mikroelektronik, Energie- und Medizintechnik) in der Region besonders stark vertreten sind.
  • Neue Materialien sind außerordentlich wichtig für die Produktinnovation und damit für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen auf dem Weltmarkt.
  • Die Region Nürnberg hat eine hohe Kompetenz in Forschung und Entwicklung (FuE) auf diesem Gebiet: 750 Wissenschaftler an universitären und außeruniversitären Einrichtungen forschen an neuen Werkstoffen.
  • Die Qualifizierung hat in Mittelfranken einen sehr hohen Stand erreicht: Die Universität Erlangen-Nürnberg bildet Ingenieure und Naturwissenschaftler in den Fachbereichen Werkstoffwissenschaften sowie Maschinenbau / Fertigungstechnik aus. Die Fachhochschule Nürnberg verfügt über einen eigenen Studiengang Werkstofftechnik (Schwerpunkt Keramik). Hinzu kommen themennahe Ausbildungsschwerpunkte in anderen Fachbereichen und anderen mittelfränkischen Hochschulstandorten wie beispielsweise der Fachhochschule Ansbach (Kunststofftechnik).

    „Mit der ,High-Tech Offensive Bayern‘ gelang es der Region Nürnberg endgültig, den Pflock ,Neue Materialien‘ tief einzuschlagen. Dadurch wurden weitere wichtige Entwicklungsvorhaben verwirklicht“, so Dr.-Ing. Robert Schmidt, Leiter des IHK-Geschäftsbereichs Innovation|Umwelt. Mittelfranken bilde seitdem den Schwerpunkt im „Kompetenzzentrum für Neue Materialien in Nordbayern“. Die großzügige Finanzspritze durch den Freistaat habe viele zusätzliche innovative Aktivitäten und Projekte erst möglich gemacht - z.B. im Technikum Fürth am ehemaligen Grundig-Gelände, an der Fachhochschule Ansbach oder im Zentrum für Werkstoffanalytik in Lauf.

    Die spannende Frage sei, ob und inwieweit die Innovationen der Forscher in erfolgreiche Produkte der Unternehmen einfließen und im eigentlichen Sinne des Wortes „umgemünzt“ werden können, so Schmidt. Insofern komme auch dem Transfer von Wissen und Technologie eine zentrale Bedeutung zu.

    Deshalb wurden in der Wirtschaftsregion Nürnberg zahlreiche Angebote entwickelt, die den Technologietransfer vorantreiben sollen:

  • Die beiden IHK-AnwenderClubs „Neue Materialien“ und „Zerstörungsfreie Materialprüfung“ forcieren den Austausch zwischen Anbietern, Wissenschaftlern und Anwendern in der betrieblichen Praxis. Die Internet-Plattform „IHK-eForum Neue Materialien“ (http://eforen.ihk-nuernberg.de) unterstützt diesen Wissenstransfer.
  • Die IHK arbeitet derzeit am Aufbau einer Technologiedatenbank (Technologiefirmen-Informationssystem „IHK-Techfis“), die bayernweit noch mehr Transparenz bei Neuen Materialien schaffen wird.
  • Der Strategiekreis des Technologie- und Innovationsnetzes Mittelfranken (tim) sowie der Strategiekreis Technikum Fürth arbeiten an einer zukunftsfähigen Ausrichtung des Themas.
  • Die Kompetenzinitiative Neue Materialien Region Nürnberg (Kinema) wird von wesentlichen Akteuren aus Wirtschaft, IHK, Wissenschaft, Politik und Verwaltung getragen (www.kinema.de).

    Ziel „Nanopartikel-Zentrum“
    Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Region muss nach Auffassung der IHK im Bereich Neue Materialien, Nano- und Prozesstechnik weiter ausgebaut werden. Dazu sollen sowohl die Materialforschung durch weitere FuE-Einrichtungen gestärkt als auch die dadurch ermöglichten neuen Produkte im globalen Maßstab vermarktet werden. Dazu müsse die langfristig angelegte und anwendungsorientierte Erforschung und Entwicklung Neuer Materialien im Zusammenspiel zwischen Wissenschaft und Wirtschaft noch stärker gefördert werden.

    „Wir denken vor allem an die Errichtung eines Nanopartikel-Zentrums“, so Schmidt. Um dieses Ziel zu erreichen, arbeite die Universität eng mit der IHK zusammen. Doch auch die außeruniversitäre FuE-Landschaft müsse ausgebaut werden: „Warum nicht ein eigenes Fraunhofer-Institut zum Thema?“, so Schmidt. Anzustreben seien zudem ein eigenes Gründerzentrum sowie weitere Lehrstühle speziell für Neue Materialien. Um das Renommee der Region in dieser Schlüsseltechnologie zu festigen, stehen auch eine eigene Fachmesse und weitere internationale Fachkongresse auf der Wunschliste.

    Derzeit schreibt die IHK gemeinsam mit regionalen Akteuren das Entwicklungsleitbild der Wirtschaftsregion Nürnberg fort. Bei der Aktualisierung und „Neujustierung“ derjenigen Kompetenzfelder, in denen die Region besondere Stärken besitzt, bekommen die Neuen Materialien einen besonderen Stellenwert.

    Publikation
    Die Kompetenzinitiative Neue Materialien Region Nürnberg (Kinema) hat eine Broschüre „Kompetenz in Neuen Materialien“ herausgegeben. Beteiligt haben sich die Stadt Fürth, die Landkreise Ansbach und Nürnberger Land und die IHK. Präsentiert werden die zahlreichen Einrichtungen, Aktivitäten und Unternehmen in Werkstoffentwicklung und Neuen Materialien. Die Broschüre ist in den Sprachen Deutsch, Englisch und Chinesisch erhältlich und soll nicht zuletzt für das internationale Marketing eingesetzt werden. Sie steht auch auf den Internet-Seiten von Kinema zum Download zur Verfügung.


    Werkstoffe: Wichtige Forschungsfelder in der Region
    Sehr vielfältig ist die Querschnittstechnologie „Neue Materialien“. Die Region Nürnberg ist insbesondere auf folgenden Feldern der Materialherstellung und -bearbeitung mit führend:

    Metallerzeugung und -bearbeitung, Partikeltechnik, Leichtbau und Herstellung von Metallerzeugnissen
    Die Region verfügt mit 930 Unternehmen und über 17 900 Beschäftigten über eine differenzierte Produktions- und Produktpalette. Neben der Herstellung von Granulaten, Nanopartikeln und Pigmenten ist die Gießereiindustrie sowohl in der Herstellung als auch in der Prozessführung international führend. Die Anbieter von Leichtmetallprodukten aus der Region sind wichtige Entwicklungs- und Serienpartner der Automobilindustrie.

    Kunststoffverarbeitung
    420 Unternehmen mit über 12 000 Beschäftigten sind in der Kunststoffverarbeitung und in den vor- und nachgelagerten Bereichen der Kunststoffindustrie tätig. Dazu gehören z. B. Formenbau, Beschichtung, Druck und Verpackung. Besondere Bedeutung hat das Thema für Westmittelfranken („Kunststoffnetzwerk Westmittelfranken“).

    Technische Keramik, Glas und Baustoffe
    In der Region sind ca. 130 Unternehmen mit über 4 100 Beschäftigten dem Segment Technische Keramik, Glas und Baustoffe zuzurechnen. Der Landkreis Nürnberger Land gehört bei der Hochleistungskeramik zu den weltweit führenden Zentren. Eingesetzt werden diese Keramik-Produkte in Medizintechnik, Automobilbau, Maschinenbau, Mess- und Sensortechnik, Luftfahrtindustrie sowie in der Licht- und Sicherungstechnik.

    Oberflächenbehandlung
    Die Oberflächenbeschaffenheit bestimmt zunehmend die Funktionalität von Produkten. 100 Unternehmen und über 2 000 Beschäftigte in der Wirtschaftsregion Mittelfranken haben sich auf die Oberflächentechnik spezialisiert. Mit diversen Beschichtungstechniken, Nitriertechnik, Funkenerosion und Lasertechnik werden Präzisionswerkzeuge und hochwertige Bauteile optimiert und für anspruchsvolle Anwendungen veredelt.
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    WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2005, Seite 8

     
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