Telefon: +49 911 1335-1335

Ist der Ruf erst mal ruiniert …

Erst wenn man die Erwartungen und das Vertrauen der anderen langfristig erfüllt, erwirbt man sich Ansehen.

Denken Sie einmal nach: Was machen Sie, wenn Sie einen neuen Assistenten suchen, oder wenn Sie ein gediegenes Lokal für ein Geschäftsessen brauchen? Als erstes fragen Sie doch in Ihrem Bekanntenkreis – da gibt’s zum Beispiel die Freundin, die alle Lokale in der Innenstadt kennt. Oder einen Bekannten mit guten Kontakten zu Hochschulen und Studienabsolventen. Auf diese Empfehlungen verlässt man sich – das ist praktisch und spart Zeit.

Man vertraut der Kompetenz und Verlässlichkeit dieser „Berater“ – und zwar deshalb, weil einen diese Menschen noch nie enttäuscht haben und weil sie damit einen guten Ruf haben. Jeder von uns vertraut auf Empfehlungen, ohne das ausdrücklich als Reputation zu benennen. Das heißt, Reputation wird im täglichen Leben schon immer unbewusst gelebt. Sie ist ein fester Bestandteil unseres sozialen Handelns. Und sie entscheidet oft über Erfolg oder Fortkommen.

Reputation betrifft aber natürlich nicht nur Unternehmen oder Vorstandsvorsitzende, sondern jeden Einzelnen; sie begleitet uns ein Leben lang. Im Unterschied zum Image, das ein „Abbild“ ist, also eine kurzfristige Darstellung oder Performance, zeichnet sich Reputation durch Langfristigkeit aus. Image kann mit einem Girokonto verglichen werden, während Reputation das langfristige Sparbuch ist. Reputation ist die Geschichte aller getroffenen und versäumten, aber erinnerten Entscheidungen. Hier sammeln wir unser persönliches Kapital für unseren Berufsweg; und Zinszuwächse – also Zuwächse an unserem guten Ruf – geben uns Sicherheit, ein gutes Gefühl und schaffen Vertrauen.

Die Vielschichtigkeit der Reputation
Reputation setzt sich aus vielen Bestandteilen zusammen, weil sie aus sozialer Interaktion besteht und damit naturgemäß mehrere Aspekte zusammenspielen. Die primäre oder direkte Reputation formt sich im unmittelbaren Gespräch mit einer Person. Sekundäre oder indirekte Reputation wird abgeleitet von der Umgebung, zu der eine Person gehört, zum Beispiel zu einem Unternehmen, einer Branche oder einer Nation. Sekundäre Reputation formt sich aber auch aus der Kommunikation mit einem Dritten über eine Person. Zum Beispiel: Kennen Sie den Finanzleiter der Firma X GmbH, was sind seine Kompetenzen in der Mitarbeiterführung? Das direkte Gespräch und damit die primäre Reputation ist immer stärker als das vermittelte Gespräch, weil der Dritte die Informationen verkürzt und verknappt.

Die funktionale Reputation entspricht der Fachkompetenz oder Wirtschaftsreputation: Wie gut füllt eine Person die ihr zugewiesene Funktion aus? Hier zählen Leistung und Ergebnisse. Die soziale Reputation dient als Indikator für Integrität und betrifft stets den ganzen Menschen. Es wird bewertet, ob er in Übereinstimmung mit moralischen Ansprüchen und gesellschaftlichen Werten handelt. Wenn er in seiner Funktionsrolle versagt, so betrifft das in der Regel nur seinen Beruf oder seine Tätigkeit. Verliert derselbe Mensch jedoch seine Integrität, so ist davon stets die ganze Person betroffen. Daher trifft der Verlust der sozialen Reputation einen Menschen deutlich mehr.

Einige Aspekte der Reputation sind bis jetzt wenig erforscht, erfühlt sind sie jedoch schon lange: „Sedimentierte“ (oder gefestigte) Reputation entsteht langfristig, indem wir die Erwartungen und das Vertrauen der anderen erfüllen. Nach zehn bis 15 Jahren im Berufsleben gibt es Sedimente, also Werte, die eine Person auszeichnen; zum Beispiel Handschlagqualität. Dies ist ein Vertrauensvorschuss, den jeder nutzen kann, der eine intakte Reputation besitzt. Die flüchtige Reputation dagegen entspricht einer spontanen Bewertung, etwa nachdem man mit jemandem gesprochen hat. So wird bei der Beurteilung immer wieder zwischen sedimentierter und flüchtiger Reputation geschwankt, wobei erstere einen höheren Stellenwert hat. Das Fehlverhalten eines Managers kann zwar kurzfristig einen Aufschrei der Empörung auslösen, aber seine historisch gewachsene Reputation nimmt dabei keinen Schaden, weil der gute Ruf und damit das Vertrauen abfedern.

Die persönliche Reputation steht im Gegensatz zur „Corporate Reputation“ oder organisatorischen Reputation. Bis jetzt wurde der gute Ruf zumeist nur mit Unternehmen beziehungsweise Organisationen in Zusammenhang gebracht: das Unternehmen prägt die Menschen, insbesondere die Unternehmensleiter. Untersuchungen beweisen aber vielmehr die These: Menschen – und zwar aus mehreren Hierarchien – prägen das Unternehmen; nicht nur der Vorstandschef oder Geschäftsführer allein. Und es gibt ein sehr intensives Wechselspiel der Beziehungen. Organisationen werden aufgrund der Vermittlung der Medien immer mehr über das Management wahrgenommen

Wann ist Reputation relevant?
Die Bedeutung der Reputation steigt, denn der gute Ruf wird als wesentlicher Einflussfaktor bei Stellenbesetzungen angesehen. Jobs werden verstärkt über Netzwerke vermittelt, das heißt gute Referenzen sind oft wichtiger als der Lebenslauf. Das bestätigen auch renommierte Personalberater wie Korn/Ferry International: Neben Qualifikation und Präsentation wird die Reputation bei der Suche nach Führungskräften immer wichtiger, besonders wenn es um die Schritte Direktansprache, das Beurteilungsverfahren und die Einholung von Referenzen geht.

Es gibt zahlreiche Fälle, bei denen die Reputation besonders relevant ist: Bei einer beruflichen Veränderung, für Unternehmen bei Fusionen und Firmenübernahmen, bei Krisen (etwa bei der Aufdeckung von Skandalen). Oder für die einzelne Person, wenn es um die Aufnahme in Netzwerke geht (das funktioniert oft nur über Empfehlungen) oder beim Wettbewerb um einen Job oder einen Auftrag.

Die Reputation ist für den Manager der rote Faden, der sich durch sein (Berufs-)leben zieht. Fast jeder macht heute im Laufe seiner Karriere mehrere Job- und Branchenwechsel durch. Dabei ist es wichtig, dass „Sedimente“ (extrem verfestigte Einstellungen und Werte) hängen bleiben, also jene Qualitäten, die Vertrauen schaffen und berechenbares Verhalten garantieren. Somit können auch unterschiedlichste Berufe oder Tätigkeiten glaubhaft vereinbart werden, wenn sie die Erwartungshaltungen der anderen nicht enttäuschen.

Vertrauen und Glaubwürdigkeit gelten als wichtige Währungen in ökonomischen und sozialen Beziehungen. Reputation bietet den Menschen Orientierung und Vertrauen. Das „Management“ der eigenen Reputation entscheidet über die Karriere. Daher kümmern Sie sich um Ihren Ruf, sonst tut es jemand anderer.

Autor/in: 
Susanna Wieseneder
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2007, Seite 50

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick