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Die Motoren des neuen Europa

Metropolregionen nehmen in der EU eine immer stärkere Schlüsselposition ein. In Deutschland gibt es elf, die Europäische Metropolregion Nürnberg (EMN) ist eine davon. Und das seit genau drei Jahren.

Eigentlich hatte er es längst verdient gehabt. Die Voraussetzungen waren alle gegeben. Als der Großraum Nürnberg am 28. April 2005 als Europäische Metropolregion anerkannt wurde, war das der ersehnte Startschuss für all jene aus Politik und Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur, die schon Jahre dafür gekämpft hatten. Seither arbeiten über 500 Kommunen in Franken und der Oberpfalz gemeinsam unter dem Banner der Metropolregion. Ihr Ziel ist es, sich in der zunehmend globalisierten Welt als Einheit mit eigenem Profil zu positionieren. Jede Stadt und jeder Landkreis steht dafür in der Verantwortung. Und das freiwillig. Denn dieser Zusammenschluss ist nicht von oben verordnet. Jeder, der mag, kann dabei sein, aber keiner muss. Und jeder bringt seine spezifischen Stärken ein. Miteinander und füreinander, über manche Grenze hinweg – ob auf der Landkarte oder in den Köpfen der Menschen.

In Deutschland gibt es elf Metropolregionen, europaweit sind es etwa 100. Politisch gehören die Metropolregionen in den Bereich der Raumordnung, deren Aufgabe es ist, die Voraussetzungen für die soziale, wirtschaftliche und ökologische Entwicklung eines Landes zu schaffen. Für Deutschland entscheidet die Ministerkonferenz für Raumordnung, ob eine Region in den Rang einer Metropolregion erhoben werden soll.

Die Geschichte der deutschen Metropolregionen ist eng mit dem tief greifenden politischen Wandel des ausgehenden 20. Jahrhunderts verknüpft. Der Fall des Eisernen Vorhangs rückte das wiedervereinigte Deutschland ins Zentrum des sich neu formierenden Europa. Es war an der Zeit, auch das nationalstaatliche Denken und Handeln auf den Prüfstand zu stellen. Einen wesentlichen Schritt in diese Richtung machte die Ministerkonferenz für Raumordnung 1995. Sie entwarf das Konzept der "Europäischen Metropolregionen in Deutschland", das über die nationalen Grenzen hinweg ausstrahlen sollte. Das Ziel: Starke Metropolregionen, die Deutschland und Europa für den globalen Wettbewerb konkurrenzfähig machen.

Die Ministerkonferenz sah zunächst sechs deutsche Metropolregionen vor, darunter Ballungsräume wie Berlin, Hamburg, München und Stuttgart. Bis 2005 kamen fünf weitere dazu, neben Bündnissen wie dem "Sachsendreieck" auch der Großraum Nürnberg. Das sind elf ganz unterschiedliche Regionen. Und alle tragen denselben Titel. Was genau ist es also, das eine Region zu einer Metropolregion macht?

Kraftpakete für die Zukunft
Allein die Masse macht es nicht. Erst wenn drei bestimmte Funktionen gewährleistet sind, wird aus einer Großstadtregion eine Metropolregion: In einer Metropolregion fallen Entscheidungen, die weit über die eigenen Grenzen hinausreichen. Eine Metropolregion bringt Neues hervor und ist fit selbst für harte Konkurrenz. Und in einer Metropolregion laufen wichtige Verbindungen zusammen. Kurz: Metropolregionen sind dynamisch. Sie sind die Motoren, die Wirtschaft und Technik, Wissenschaft und Kultur antreiben.

Die Metropolregion Nürnberg ist in allen diesen Bereichen gut aufgestellt. Als Sitz von staatlichen Behörden und großen Unternehmen hat sie die nötige Entscheidungs- und Kontrollfunktion. So ist die Bundesagentur für Arbeit wohl jedem ein Begriff. Firmen von internationalem Rang bestimmen von hier aus den weltweiten Markt. Mit Spielwaren, Stiften und Sportschuhen und mit technologischem Know-how. Tatsächlich gehört die Metropolregion Nürnberg zu den zehn stärksten Wirtschaftsräumen der Republik. Ihr Bruttoinlandsprodukt ist höher als das der geschäftigen Industrienation Singapur.

Stark ist die Metropolregion Nürnberg auch in ihrer Funktion als Motor für Forschung und Innovation. Ihre Universitäten, Fachhochschulen und Forschungszentren schaffen Wissen und bilden hoch qualifizierte Fachkräfte aus. Dass hier kreative Köpfe zu Hause sind, hat Tradition: Der Globus und die Taschenuhr eroberten von hier aus die Welt. Heute sind es Hightech-Produkte wie der Computertomograf und das MP3-Format. Aus kaum einer anderen Region Deutschlands kommen so viele Patentanmeldungen.

Auch kulturell ist die Metropolregion ein echtes Schwergewicht: Bamberg, Nürnberg, Rothenburg, das sind nur einige der klingenden Namen – selbst wenn es mal – um es mit den Worten amerikanischer Touristen zu sagen – "Europe in three days" sein soll, diese Region ist ein Muss!

In ihrer Gateway-Funktion blickt die Metropolregion Nürnberg als transeuropäisches Drehkreuz auf eine lange Geschichte zurück. Was einst eine bedeutende Station im Netz der mittelalterlichen Fernhandelsstraßen war, ist heute ein internationaler Verkehrsknotenpunkt – zu Land, zu Wasser und in der Luft. Hier kreuzen sich wichtige Autobahnen und Eisenbahnlinien.

Schon lange bevor die Region zur Metropolregion wurde, galt sie als Tor nach Osteuropa. Vom Nürnberger Hafen geht es direkt bis zum Schwarzen Meer und vom Airport Nürnberg, gerade zum beliebtesten Flughafen Deutschlands gewählt, starten Maschinen zu über 60 Zielen nonstop. Auch im Austausch von Waren und Wissen spielt die Metropolregion Nürnberg als Messestandort ganz oben mit – von Spielwaren bis zum Bioprodukt.

Prädikat: besonders wertvoll
Eines ist klar: Eine Metropolregion zu sein, ist Auszeichnung und Herausforderung zugleich. Dieser Titel ist ein Gütesiegel. Er signalisiert einen leistungsfähigen Standort von hoher Qualität: Hier lohnt es zu investieren, hier arbeitet und hier lebt es sich gut. Für die Metropolregion Nürnberg hat diese Botschaft bereits deutlich Wirkung gezeigt – und das in gerade mal drei Jahren.

Dr. Janette Witt

 

Die Metropolregion in Zahlen

Gründung: 28. April 2005
Umfang: 12 kreisfreie Städte und 21 Landkreise, insgesamt 520 Kommunen
Fläche: 20 000 Quadratkilometer
Bevölkerung: 3,5 Mio.
Unternehmen: 150 000
Erwerbstätige: 1,8 Mio.
Bruttoinlandsprodukt: 103 Mrd. Euro

 

WiM-Serie: Metropolregion kompakt

33 Städte und Landkreise aus Franken und der Oberpfalz haben sich zusammengeschlossen, um im internationalen Wettbewerb von Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur konkurrenzfähig zu sein. Wie es 2005 zur Europäischen Metropolregion Nürnberg kam, was sie bisher erreicht hat und wohin sie noch will – in monatlicher Folge stellt WiM die wichtigsten Themen rund um die Metropolregion Nürnberg vor.

In der nächsten Folge lesen Sie, wie die Metropolregion Nürnberg intern funktioniert: "Auf gleicher Augenhöhe".

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2008, Seite 10

 
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