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Wirtschaftsmediation

Auf Ausgleich bedacht

Konflikte und Streitigkeiten einvernehmlich lösen, unterschiedliche Interessen ausbalancieren: Diese Ziele können mit Hilfe eines Mediators erreicht werden. Von Helmut Christian Hajek

Als unabhängiger Dritter klärt der Mediator den Sachverhalt, der sich aus Sicht der Parteien unterschiedlich darstellt. Er arbeitet Interessen und Ziele der Beteiligten heraus, analysiert die wirtschaftlichen Zusammenhänge und wirkt daran mit, konstruktive Lösungen zu entwickeln.

Wann ist die Mediation geeignet?
Die Wirtschaftsmediation bietet sich vor allem bei Konflikten in folgenden Bereichen – auch als vorbeugendes Instrument – an:

  • Regelung der internen und externen Unternehmensnachfolge
  • Unternehmenskauf und -verkauf
  • Übernahmen und Umstrukturierungen
  • Streitigkeiten zwischen Geschäftspartnern, Gesellschaftern, Führungskräften, Mitarbeitern und Abteilungen

Der Mediator trägt als neutrale Persönlichkeit die Verantwortung für den korrekten Ablauf und die Fairness des Verfahrens und er unterstützt die Parteien bei der Suche nach Lösungsmöglichkeiten. Zudem hat er die Aufgabe, für ein konstruktives Gesprächsklima zu sorgen. Er ist darin geschult, die Gespräche in Gang zu halten und etwaige Machtunterschiede auszugleichen. Zudem muss er darauf achten, dass die ausgehandelten Lösungen realisierbar und gesetzeskonform (Überprüfung durch Rechtsanwalt Steuerberater, Wirtschaftsprüfer) sind. Er selbst trifft aber keine Entscheidungen.

Kosten und Zeitaufwand
Da ein Mediationsverfahren meistens nach wenigen Terminen beendet ist, sind die Kosten, selbst wenn beratende Anwälte einbezogen werden, für die Parteien transparent und überschaubar. In der Regel trägt jeder Konfliktbeteiligte die Kosten seines Anwalts und die anteiligen Kosten des Mediators. Mediatoren werden im Allgemeinen nach Stunden bezahlt zuzüglich einer Erfolgsbeteiligung bei Einigung, je nach Komplexität des Konflikts. Eine andere Kostenteilung kann jedoch von den Parteien jederzeit vereinbart werden.

Mediationsverfahren sparen Zeit und Geld. Zum einen vermeiden sie die offenen und verdeckten Kosten, die durch ungelöste innerbetriebliche und zwischenbetriebliche Konflikte entstehen. Zum anderen sind Mediationsverfahren nicht so langwierig wie Gerichtsverfahren. Häufig legt Mediation den Grundstein für eine nachhaltig stimmige Geschäftsbeziehung, sodass Reibungspunkte in der Folge offen angesprochen und Gerichtsprozesse vermieden werden können.

In der Mediation bleibt alles geheim und nichts wird ohne die Zustimmung der Parteien der Öffentlichkeit bekannt gegeben. Die Tatsachen und Meinungen, die dem Mediator in Einzelgesprächen gegeben werden, bleiben auch für die andere Streitpartei geheim, außer es wird etwas anderes vereinbart.

Ein Fall aus der Praxis
Die Brüder Michael und Oskar Müller betreiben ein erfolgreiches Unternehmen der Kunststoffindustrie. Der Senior, der das Unternehmen gründete und es wie ein Patriarch führte, war unerwartet gestorben. Er hatte es versäumt, eine klare Regelung zu treffen, wie es mit dem Familienbetrieb weiter gehen soll. Und dies, obwohl ihm bewusst war, dass sich seine Kinder nicht verstehen. Beide Söhne erbten jeweils die Hälfte. Michael zeichnet für Vertrieb und Marketing und Oskar für die Produktion verantwortlich. Bei Unstimmigkeiten zwischen den Söhnen hatte der Senior das letzte Wort. Er traf die Entscheidungen oder das Problem wurde unter den Teppich gekehrt.

Seit dem Tod des Vaters stritten die Brüder nahezu über jede unternehmerische Entscheidung, was zu einem extrem angespannten Verhältnis führte und sich auch auf die Familien übertrug. Michael und Oskar überzogen sich gegenseitig mit Prozessen und sprachen nur noch über ihre Anwälte miteinander. Die Anwaltskosten lagen im sechsstelligen Bereich. Aber wie auch immer die Gerichte entschieden, die Parteien stritten danach nur umso heftiger.

Die Auseinandersetzungen ihrer Söhne belasteten die Mutter so sehr, dass sie sich in ihrer Not an die IHK wandte, um in Erfahrung zu bringen, welche Möglichkeiten es gibt, um die Unstimmigkeiten zwischen ihren Söhnen zu klären. Ihr wurde empfohlen, ihren Kindern eine Mediation nahezulegen.

Zu Beginn der ersten Sitzung wurden den Parteien die Grundregeln und Verfahrensprinzipien der Mediation erklärt und mit ihnen verbindlich vereinbart. Da beide emotional sehr aufgeladen waren, wurde insbesondere auf die Spielregeln des Umganges miteinander hingewiesen: Ausreden lassen, zuhören, sachlich bleiben, keine Unterstellungen, keine persönlichen Angriffe. Danach hat jeder der Brüder seine Sicht dargelegt. Es fiel ihnen nicht leicht, zuzuhören ohne den anderen zu unterbrechen. Denn natürlich kamen Dinge auf den Tisch, die jeder als persönlichen Angriff oder als die Verdrehung der Tatsachen sah. Großen Raum nahm die Darstellung des Verhältnisses zueinander sowie zu den Eltern ein.

Insgesamt wurden 16 Themen definiert, wobei die Parteien sich auf eine Prioritätenliste einigten. Die wichtigsten Themen für beide waren: Abgrenzung der Kompetenzbereiche, Kommunikation und Umgang mit der Patt-Situation. Es hat sich herauskristallisiert, dass das Hauptinteresse der beiden der Fortbestand des Unternehmens war, obwohl bei dem Thema Patt-Situation auch der Verkauf des Unternehmens als eine Alternative in Betracht gezogen wurde. Der tiefe Grund für dieses Interesse lag in dem Wunsch der Brüder, das Unternehmen für ihre eigenen Kinder zu erhalten.

Innerhalb eines halben Jahres trafen sich die Parteien zu neun Sitzungen, bei denen sie die Themen abarbeiteten und zu verbindlichen Lösungen kamen. Dass die Mediationssitzungen nicht immer reibungslos verliefen, ist daran zu ersehen, dass die Mediation nach der vierten Sitzung kurz vor dem Abbruch stand. Die Lösung für das kritischste Thema („Wie gehen wir mit der Patt-Situation um?“) wurde durch die Installation eines Beirates gelöst, der mit weitreichenden Kompetenzen ausgestattet wurde.

Beide Brüder kamen zum Abschluss der Mediation zu der Erkenntnis, dass es ein Fehler war, nicht schon zu Lebzeiten des Seniors den Weg der Mediation gegangen zu sein.

Externer Kontakt: Helmut Christian Hajek ist „Wirtschaftsmediator IHK“ in München (hajek@wirtschaftsmediation-hajek.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 02|2010, Seite 10

 
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