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Gasantriebe

Eine Alternative für den Fuhrpark?

Lohnt sich für Unternehmen die Anschaffung von gasbetriebenen Fahrzeugen? Vor dem Kauf sollte genau gerechnet werden.

Bis zum Jahr 2006 wollte „Erdgas mobil“ mindestens 1 000 Gas-Tankstellen in Deutschland nachweisen: Dieses Ziel hatte die Initiative ausgegeben, an der 19 deutsche Gasgesellschaften direkt beteiligt sind, darunter die Erdgas Nordbayern in Nürnberg. Selbst auf dem flachen Land sollte Erdgas alle 25 Kilometer zu haben sein.

Inzwischen gibt es tatsächlich 864 Erdgastankstellen in Deutschland; 350 davon „autobahnnah“, meist über Erdgas-Mobil-„Marktpartner“ wie Aral/BP oder Esso aufgestellt. Durch die Zapfsäulen an Rastplätzen neben der Autobahn sei Erdgas auch für Firmenflotten interessant geworden, heißt es von gibgas.de, einem nach eigenen Bekunden „neutralen Portal für Erdgasmobilität“. Mit einem Steuerrechner auf seiner Webseite erleichtert das Münchner Unternehmen Flottenchefs die Kalkulation, was günstiger ist: Diesel- oder Erdgas-Pkw. Denn bei der neuen Kfz-Steuerberechnung kommt es seit Mitte 2009 nicht mehr nur auf den Hubraum an, sondern auch auf den CO2-Ausstoß.

„Dem Autofahrer denselben Komfort anbieten wie bei Benzin“: Das hat die Erdgasindustrie auf jeden Fall schon erreicht. Drei Minuten dauert heute das Füllen des Kompressionstanks im Pkw – und damit auch nicht länger als ein normaler Tankstopp.

Im Preis liegt „CNG“ – ausgeschrieben Compressed Natural Gas – niedriger als Diesel oder Benzin. 95 Eurocent je Kilogramm sind zurzeit an Nürnberger Markengastanken zu bezahlen: Im Vergleich zu Super berechnet gibgas.de den Literpreis mit 66 Cent – der Sprit liegt aktuell bei etwa 1,30 Euro. Doch Vorsicht: Das gilt nur für „Erdgas H“ – der Sorte, die in Süd- und Ostdeutschland durch die Schläuche gepresst wird.

In Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Nordhessen dagegen ist „Erdgas L“ üblich: Das ist zwar billiger pro Kilogramm (etwa 70 Cent), doch es hat auch etwa 15 Prozent weniger Energieinhalt pro Gewichtseinheit. Ein „Pflichtaufkleber“ – Durchmesser etwa zehn Zentimeter – zeigt den Tankstellenkunden, ob L oder H in den Tank fließt.

Autogas oder „Liquified Petroleum Gas“ (LPG) darf überhaupt nicht in Autos mit Erdgastanks: Dabei ist das Netz dieser Flüssiggastankstellen wesentlich dichter als jenes mit CNG. Allein im Landkreis Neustadt a.d. Aisch/Bad Windsheim gibt es davon zwölf; für CNG sagt die Suchmaschine gas-tankstellen.de dagegen: „Keinen Datensatz gefunden!“ Um die 65 Cent je Liter kostet das verflüssigte Erdgas. Doch – wie die CNG-Fraktion mitteilt – entspricht „ein Kilogramm Erdgas H dem Energieinhalt von zwei Litern Autogas“.

Nicht falsch tanken

Für Unternehmer scheint damit Erdgas die günstigere Alternative – was auch die LPG-Verkäufer bestätigen: Autogas tanken „zu über 90 Prozent Privatleute“. Ein Grund: Um LPG zu fahren, muss das Auto (außer bei Subaru und Ford) umgerüstet werden; mit vollem Risiko für Käufer und Umrüster. CNG-Pkws bieten dagegen viele Hersteller von der Stange: Leasing ist also auch kein Problem. Und viele Fahrzeuge vertragen also sowohl Benzin als auch Erdgas.

„Der Absatz an Tankstellen steigt kontinuierlich“, bekennt ein Erdgasverkäufer fast verschämt: In Nordbayern seien inzwischen kleine Pkw-Flotten im Einsatz, neben etlichen Taxis. „Wir haben eine ganze Menge, es waren aber schon mal mehr“, relativiert Wolfgang Ziegler von der Nürnberger Taxizentrale. Eigentlich gibt es keinen Grund für die Skepsis mehr. Denn ein moderner Erdgas-Passat mit 150 PS schafft gut 450 Kilometer mit einer Füllung, zeigen Datenblätter. Damit kann ein Taxifahrer auch beruhigt Aufträge zu weiter entfernten Zielen annehmen, ohne fürchten zu müssen, dass er ohne Treibstoff stehen bleibt.

Weit durchgesetzt haben sich dagegen Erdgasbusse, deren Motoren ursprünglich für Diesel konstruiert sind. Über 200 davon sind in Nordbayern bereits im Einsatz – 89 davon allein bei der VAG Nürnberg, aber auch bei der Omnibusverkehr Franken GmbH (OVF). Gerade auf innerstädtischen Linien spielen die Gasmotoren ihre Vorteile aus: Im Vergleich zu Diesel stoßen sie wesentlich weniger Schadstoffe und kaum Partikel aus. Das ist gut für das Klima und für die Atemwege der Fußgänger.

Die Zustelldienste sind noch nicht alle umgeschwenkt. Bei Deutsche Post / DHL und UPS sind aktuell zehn Erdgas-Transporter in Nürnberg im Einsatz. Mit gemischten Erfahrungen: „Manche Fahrer schwören drauf, andere lehnen sie ab. Teilweise sind es wohl auch alte Überzeugungen“, heißt es von DHL. Von den Vorteilen gasbetriebener Fahrzeuge überzeugen braucht man Harald Kostial von der gleichnamigen Fürther Spedition nicht mehr. Er will in diesem Jahr zwei 36-Tonnen-Lastzüge für Lieferverkehre zwischen Produktionsstätten anschaffen. Denn selbst bei Euro5-Norm hätten Diesel im innerstädtischen Bereich nicht den optimalen Schadstoffbereich, erklärt der Unternehmer. Am liebsten würde Kostial die Lastwagen mit Biogas betreiben, er hat aber noch keinen Lieferanten gefunden. „Denn Erdgas kann voll durch Biogas ersetzt werden“, heißt es von der CNG-Seite, Flüssiggas dagegen nicht. „Ab 2012 wird in vielen Orten im Sommer nur Biogas in den Leitungen sein“, verweisen Erdgasverbände auf entstehende Großerzeugungen überall in der Republik: Auch die Nürnberger N-Ergie AG plant eine solche Gasproduktion aus nachwachsenden Rohstoffen.

Doch ob natürlich oder nicht: Sowohl Erd- als auch Flüssiggas sind beim Einsatz in Fahrzeugen bis einschließlich 2018 steuerbegünstigt. Und wer den Fuhrpark auf Gasfahrzeuge umrüsten will, kann auf Unterstützungsmaßnahmen bauen: So fördert die bundeseigene Bank KfW Gewerbetreibende, die Erdgasfahrzeuge anschaffen, mit besonders günstigen Krediten.

Autor/in: 
Heinz Wraneschitz
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2010, Seite 46

 
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