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Elektromobilität

Es bewegt sich was

Die Region Nürnberg fährt unter Strom: Zahlreiche Unternehmen betreiben Elektroautos. Die Energieversorger bieten ihren Kunden Ladestationen und Dienstleistungen rund um die E-Mobilität. Von Heinz Wraneschitz

Die Region Nürnberg fährt unter Strom: Zahlreiche Unternehmen betreiben Elektroautos. Die Energieversorger bieten ihren Kunden Ladestationen und Dienstleistungen rund um die E-Mobilität. Von Heinz Wraneschitz

Besonders sinnvoll ist der Einsatz von Elektromobilen in Fahrzeugflotten, erklärt Florian Rothfuss vom Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO), das vor Kurzem das Projekt „elektromobilisiert.de“ gestartet hat. Denn in Flotten stünden unterschiedliche Fahrzeugkategorien und -typen zur Verfügung, je nach Mobilitätsbedarf könne das passende Fahrzeug ausgewählt werden.

Seit Mitte Februar sind nun bei der Stadtverwaltung Ludwigsburg 15 Elektrofahrzeuge im Einsatz – wissenschaftlich begleitet vom IAO als Teil des Programms „Modellregion für Elektromobilität Stuttgart“ des Bundesverkehrsministeriums. Vier Monate lang muss sich die Flotte (u.a. Elektroautos, Elektroroller, Fahrräder mit elektrischem Hilfsmotor und Segways) in der baden-württembergischen Kreisstadt bewähren. In der nächsten Stufe des Forschungsprojektes elektromobilisiert.de sei geplant, den Einsatz von Elektrofahrzeugen in einem Unternehmen zu testen, das über eine Stadt verteilte Betriebsgebäude hat.

Spezialisten in Mittelfranken

Mittelfranken ist zwar keine geförderte „Modellregion für Elektromobilität“, aber auch hier bewegt sich viel: So sind die anerkannten Spezialisten des Fraunhofer-Institut für Integrierte Systeme und Bauelementetechnologie IISB in Erlangen und Nürnberg seit Jahren auch für zahlreiche Autohersteller tätig. Auch das Engagement von Unternehmen, die die Elektromobilität schon in der Praxis nutzen, zeigt, dass die Metropolregion Nürnberg das Thema sehr ernst nimmt. Bekanntestes Beispiel für die praktische Anwendung dürfte das Projekt Isolde sein – das Elektro-Transportsystem des Paketdienstleisters DPD in der Nürnberger Fußgängerzone, das im letzten Jahrzehnt durchschnittlich 500 Pakete pro Tag umweltfreundlich zugestellt hat. Und das, obwohl die beiden Isolde-Fahrzeuge noch mit Blei-Akkus fahren und damit nicht mehr auf dem aktuellsten Stand der Batterie-Technologie sind.

Heute sind Lithium-Ionen-Batterien in E-Fahrzeugen üblich, zum Beispiel im „Modec Stage 2“ von UPS. Der dunkelbraune Kastenwagen mit etwa 100 Kilometern Reichweite ist eines von sechs Fahrzeugen, das der Paketdienstleister auf deutsche Innenstädte verteilt hat. In Nürnberg ist das braune Elektroauto von UPS seit gut einem Jahr unterwegs. Doch trotz der Umweltfreundlichkeit – der Modec ist genauso leise und schadstofffrei wie Isolde – darf es zeitlich nicht ebenso uneingeschränkt im Nürnberger Stadtgebiet unterwegs sein: Der Modec ist wie Zustellfahrzeuge mit Verbrennungsmotor ab 10.30 Uhr bisher aus der Fußgängerzone verbannt.

Anreize schaffen

IHK-Verkehrsreferent Ulrich Schaller schlägt Anreize für emissionsfreie Zulieferfahrzeuge vor: Als realistisch sieht er z. B. Durchfahrtsmöglichkeiten innerhalb der Innenstädte an, wie sie bisher nur Taxis und Bussen vorbehalten sind. Dies würde das zeitraubende Umfahren der Altstadt überflüssig machen und so das geringere Ladevolumen der Elektrolaster wieder wett machen. Er kann sich auch die Einrichtung offizieller Park- und Ladezonen für Lieferfahrzeuge vorstellen, um das Parken in der zweiten Reihe zu vermeiden.

Bei Geis Eurocargo in Nürnberg wird ab April ein neues Hybridfahrzeug eingesetzt. Nach Auskunft von Niederlassungsleiter Werner Dettenthaler wird ein Zwölf-Tonner von Daimler mit Diesel- und Elektroantrieb, Typ „Atego BlueHybrid“, Läden in den Innenstädten beliefern. Die Hybrid-Technologie habe im Nahverkehr und in Umweltzonen Vorteile, insbesondere bei Transporten im Umkreis von zehn Kilometern mit vielen Stopps. Dettenthaler schätzt, dass der Hybridantrieb etwa für zehn der 30 Zwölf-Tonnen-Fahrzeuge seines Unternehmens geeignet wäre.

Tests im Alltag

Auch in Erlangen, wo sich schon seit Jahren Solarvereine mit der Elektromobilität beschäftigen, gehen zahlreiche Akteure das Thema an: Siemens betreibt eine Flotte von 20 Fahrzeugen, von denen die Hälfte an Erlanger Siemens-Mitarbeiter übergeben wurde. Sie testen die Elektroautos und können diese an Ladestationen auf Siemens-Parkplätzen aufladen. Durch den Test will Siemens Komponenten prüfen und neue Geschäftsfelder entwickeln. Dieses Projekt sei eine ideale Ergänzung zu den Aktivitäten, um ein intelligentes Stromnetz („Smart Grid“) aufzubauen, erklärt Dr. Richard Hausmann, der Leiter des Konzernprojektes „Smart Grid Applications and Electromobility“.

Bislang war die Ladeinfrastruktur ein erhebliches Hemmnis für den Einsatz von E-Mobilen. Aber es gibt Fortschritte: Gegenüber dem Hotel Luise – mehrfach für seine Aktivitäten im Umweltschutz ausgezeichnet – finden sich schon seit 1993 entsprechende Steckdosen. Auch die NH-Hotelkette bietet in Erlangen und im NH-Hotel Nürnberg City in der Bahnhofstraße die Möglichkeit an, die Autos aufzuladen. Die Erlanger NH-Hoteldirektorin Elke Gabsteiger hat damit sogar zwei Stammgäste gewonnen. „Sie kommen zur Übernachtung aus der Frankfurter und der Leipziger Gegend mit ihren Hybridautos immer in unser Haus“, berichtet sie. In der Tiefgarage gibt es zwei besonders gekennzeichnete Parkplätze, an denen man die Batterien der Elektro-Fahrzeuge aufladen kann, im Außenbereich soll eine weitere Ladestation hinzukommen. Das Angebot gilt laut Gabsteiger auch für Besitzer von E-Autos, die nicht im Hotel übernachten.

Energieversorger zeigen Interesse

Vom Elektroantrieb begeistern ließen sich auch die Erlanger Stadtwerke ESTW, die bereits seit vielen Jahren auf dem Betriebsgelände Steckdosen für E-Auto- und Rollerfahrer vorhalten. Ein nicht serienmäßiges E-Auto fuhr lange Zeit im Fuhrpark mit. Nun hat ESTW eine E-Tankstelle in der zentral gelegenen Schuhstraße mit drei Plätzen (sogenannte Hot Boxes) eingerichtet, an denen sich die Fahrzeuge schnell laden lassen. Außerdem können sich Kunden drei E-Fahrräder bei örtlichen Fahrradhändlern ausleihen. Die Stadtwerke selbst nutzen im normalen Alltagsdienst zwei Elektroautos des Typs Mitsubishi I-MIEV, nach Auskunft von ESTW-Vorstandsvorsitzendem Wolfgang Geus werden noch weitere Fahrzeuge dazu kommen.

Auch andere regionale Versorger sind aktiv, wenn es um E-Mobilität geht. Die Schwabacher Stadtwerke haben 2010 mehrere Elektroräder und Roller für die Mitarbeiter gekauft sowie einen Roller an die Stadt übergeben. Die Anschaffung eines Elektroautos für den Energieberater sei geplant. „Eines unserer zentralen, wichtigen Zukunftsthemen ist die Elektromobilität“, begründet Stadtwerke-Chef Winfried Klinger das Engagement. So gibt es beispielsweise Ladestationen am Bahnhof und bei den Stadtwerken, am Martin-Luther-Platz und an wahrscheinlich zwei weiteren Standorten sind weitere geplant. Schwabacher Stadtwerke-Kunden dürfen die E-Tankstellen kostenlos nutzen, sie brauchen dafür lediglich eine Chipkarte. Um die Mobilität zu verbessern, soll in Kooperation mit anderen Akteuren eine Chipkarte eingeführt werden, die in der gesamten Region gültig ist.

Kostengünstige Sprit-Alternative

Für die Stadtwerke Ansbach ist die Elektromobilität ebenfalls eines der Kernthemen. Bislang gibt es dort nur eine Ladesäule mit Auto-Stellplatz am Spaßbad Aquella. Jedoch können sich in Ansbach auch Auswärtige Chipkarten gegen Kaution bei den Stadtwerken holen und für fünf Euro ein Jahr lang ihr E-Fahrzeug laden. Die Karte gilt auch für die zweite Ansbacher Ladesäule am Martin-Luther-Platz, die aber nur mit Fahrrädern oder Rollern zugänglich ist.

infra Fürth hat Stromladesäulen in der Innenstadt und auf dem Betriebsgelände installiert. Außerdem sind Elektro-Roller und -Fahrräder im Test, in Kürze wird ein Elektroauto für den eigenen Betrieb angeschafft. Für die Biogasanlage in Cadolzburg ist ein kleines Fahrzeug als Betriebsfahrzeug geplant, wie der Technische Leiter Manfred Zischler berichtet. Er stellt zudem die Zusammenarbeit mit der N-Ergie in Nürnberg heraus: Beide Energieversorger hätten gleiche Stromtankstellen und gleiche Karten, sodass die Fahrer die Batterien problemlos in Nürnberg und Fürth auftanken können.

Auch die Nürnberger N-Ergie hat elektromobile Personen- und Nutzfahrzeuge im eigenen Fuhrpark, der im Laufe des Jahres um das dreisitzige Elektroauto „mia“ – ein neuartiges City-Mobil – ergänzt werden soll. Insgesamt will die N-Ergie 20 Fahrzeuge erwerben. Kunden mit Elektrofahrzeug können seit einem Jahr bis auf weiteres kostenlos Ökostrom an den sechs N-Ergie-Ladesäulen in Nürnberg tanken. Darüber hinaus bietet der Energieversorger speziell für Firmenkunden und kommunale Partner kostengünstige Mietmodelle für Ladesäulen und Elektrofahrzeuge an. Ab Mai werden zudem zehn Elektroroller zwei Monate lang getestet. Kunden des regionalen Energieversorgers können sich als Testfahrer bewerben.

So haben die Stadtwerke Stein im vergangenen Jahr einen Goupil-Transporter von der N-Ergie-Tochter Implea Plus für 60 Monate geleast und der Stadtgärtnerei zur Verfügung gestellt. Außerdem wurde ein Stromos-Elektro-Pkw geleast, der während der Woche vom Außendienst genutzt wird und abends und an den Wochenenden von den Stromkunden zu Testzwecken gefahren werden kann, so Peter Bursy, der Geschäftsführer der Steiner Stadtwerke. Ebenfalls von der N-Ergie stammen die drei E-Tankstellen im Netzgebiet der Stadt Stein. Die Besonderheit laut Bursy: „Sie können erstmals nicht nur mit der Kundenkarte, sondern mit jeder gängigen EC-Card genutzt werden.“ Doch die Karte werde nur zur Identifikation gebraucht, das Tanken selbst sei kostenlos. „Wir sind überzeugt, dass in großstädtischen Regionen E-Mobile gute Lösungen sind, vor allem im Zweitwagenbereich“, sagt Bursy. Denn die Betriebskosten seien wesentlich geringer und zwar nicht nur die Verbrauchs-, sondern auch die Unterhaltskosten.

Rennsport unter Strom

Auch die Kartbahn Formula in der Nürnberger Kilianstraße setzt auf elektrischen Antrieb: Seit Kurzem kann man dort mit Elektrokarts fahren, deren Batterien sich innerhalb von 20 Minuten über Ladekabel oder an überfahrbaren Bodenkontakten aufladen lassen. Wenn man Gas wegnimmt, wirkt der Motor wie ein Generator und speist Strom in die Batterien zurück. Der Elektroantrieb ist für Karts ideal, da die Kraft vom Stand weg sofort voll zur Verfügung steht – dadurch sind Elektrokarts schneller als vergleichbare Benzinkarts.

Eine besondere Form der Elektrofahrzeuge nimmt am 1. April wieder den Betrieb auf – die Velotaxis, die im Sommerhalbjahr Fahrgäste innerhalb von Nürnberg befördern. Die fünf Solar-Fahrradtaxis mit Pedalantrieb, Elektromotor-Unterstützung und Sonnenstrom-Dach transportieren die Fahrgäste klimaneutral durch die Stadt, so Betreiber Michael Vogtmann. Die umweltfreundlichen Mobile, deren Fahrer durch den Elektroantrieb beim Treten unterstützt werden, besetzen eine Nische im innerstädtischen Verkehr, fallen aber im Stadtbild auf und machen damit auch Werbung für neue Formen der Mobilität.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2011, Seite 32

 
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