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Innovationen

Mehr Wagnis beim Kapital

In Deutschland sind die Finanzierungsmöglichkeiten für innovative Gründer unzureichend. Der Markt für Risikokapital braucht deshalb dringend mehr Anreize. Von Dr. Peter Terhart

Ohne Finanzierung gibt es keine Innovation. Egal ob es zukunftsweisende Ideen aus Biotechnologie, Maschinenbau oder Software-Bereich sind, alle haben sie meist eines gemein: In der Startphase wird erst einmal viel Geld benötigt. Bei technologieorientierten Gründern sind das in den ersten fünf bis zehn Jahren im Durchschnitt zwischen zwei und zehn Mio. Euro. Öffentliches Beteiligungskapital kann für diese Unternehmen zwar eine ideale Seed-Finanzierung bieten – also eine finanzielle Starthilfe in der Anfangsphase, doch hat sich in Deutschland bislang kein stabiler privater Markt für Wagniskapital etabliert. Der internationale Vergleich zeichnet ein erschreckendes Bild: So ist das Angebot an Beteiligungskapital – gerechnet in Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) – in Großbritannien zwölf Mal und in Israel sogar 18 Mal so hoch wie in Deutschland.

Doch woran liegt es, dass der Innovation zu wenig Wert beigemessen wird? Innovationen haben in Deutschland offensichtlich ein Image-Problem. Wie sonst könnte man das geringe Engagement, sich für die Stärkung der Innovationslandschaft einzusetzen, erklären? Wir brauchen dringend einen Wandel im Denken. Denn ohne Innovationen werden wir in Deutschland auf lange Sicht nicht wettbewerbsfähig sein. Hier könnten die Großunternehmen und Konzerne durchaus noch mehr tun, um zu einem Bewusstseinswandel beizutragen und Innovationen anzuregen. Über Kooperationen mit Start-ups bei der Entwicklung und Nutzung neuer Technologien hinaus, ist eine verstärkte Zusammenarbeit z. B. mit Think Tanks wünschenswert. Auch große Unternehmen sollten sich noch stärker einbringen, indem sie eigene Corporate Venture Capital-Gesellschaften gründen oder sich noch stärker bei der bald notwendigen zweiten Auflage des High-Tech Gründerfonds engagieren.

Natürlich ist ein solcher Mentalitätswandel nicht von heute auf morgen zu schaffen. Von daher brauchen wir gleichzeitig auch Zwischenlösungen, mit denen wir die Finanzierungslücke von Innovationen – solange diese existiert – schließen können. Deswegen ist es derzeit sehr wichtig, dass die Politik ihre Förderprogramme auch in den nächsten Jahren ausbaut. Hierzu gehört zum Beispiel der bereits genannte High-Tech Gründerfonds oder der (erst kürzlich aufgestockte) ERP-Startfonds. Damit diese Förderungen tatsächlich greifen, muss zudem sichergestellt sein, dass die Förderprogramme auch tatsächlich wie Risikokapital angeboten werden und nicht von banktechnischen Einschränkungen überlagert werden.

Investoren steuerlich fördern

Damit wir Innovationen auf lange Frist ankurbeln, müssen wir aber vor allem die wirklichen Ursachen für das Marktversagen bekämpfen. Wichtigster Ansatzpunkt ist die Stimulation des Markts für Wagniskapital. Denn eine der größten Ursachen dafür, dass in Deutschland Kapital für Innovationen fehlt, ist die Tatsache, dass Investitionen in Wagniskapital als risikoreich und renditearm angesehen werden. Aus diesem Grund engagieren sich institutionelle Investoren, wie beispielsweise Versicherungen, Banken und Pensionsfonds, oft erst gar nicht. Folglich können Wagniskapitalfonds keine Gelder einwerben und an potenzialträchtige Unternehmen vergeben. Doch was können wir tun? Eine Lösung, mehr institutionelle Investoren zu gewinnen, wäre zum Beispiel die Einführung einer staatlichen Kapitalerhaltungsgarantie. Darüber hinaus sollten unbedingt höhere Anreize für private Investments gegeben werden, mit denen innovative Gründer schon in einer frühen Phase unterstützt werden. Nötig wäre die bereits seit langem diskutierte steuerliche Besserstellung der Investments von Business Angels. Genauso wichtig ist in diesem Zusammenhang aber auch, endlich einen transparenten Rechtsrahmen für Beteiligungskapital zu schaffen. Denn mit den zahlreichen unstimmigen Regelungen, die derzeit in Deutschland gelten, schrecken wir potenzielle Investoren von vornherein ab. Und dies wäre verheerend, nicht nur für die Innovatoren mit ihren potenzialträchtigen Ideen, sondern letztlich für unsere ganze Wirtschaft, deren Erfolg zu einem großen Teil auf Innovationen aufbaut.

Autor/in: Dr. Peter Terhart ,ist Vorstand der Beteiligungsgesellschaft S-Refit AG und Geschäftsführer der medTech Capital Fonds GmbH, die speziell Medizintechnik- und Biotechnologie-Firmen aus dem Raum Erlangen/Nürnberg/Fürth unterstützt. Als Mitglied im „2. Innovationsdialog zwischen Bundesregierung, Wirtschaft und Wissenschaft“ ist er insbesondere für das Thema Innovationsfinanzierung zuständig (www.s-refit.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 08|2011, Seite 30

 
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