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Mikrokredite

Große Chance für Kleinunternehmer

Der Mikrokreditfonds, der aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Bundesarbeitsministerium finanziert wird, verhilft kleinen Betrieben auf unkomplizierte Weise zu einem Kredit. Von Staatssekretär Gerd Hoofe

Auch große und erfolgreiche Unternehmen haben einmal klein angefangen. Am Anfang steht meist ein engagierter Gründer oder eine engagierte Gründerin und eine gute Idee. Was aber oft genug fehlt, ist das nötige Kapital. Gerade für Kleinunternehmen, die quasi noch in den Startlöchern stecken, ist es nicht leicht, ein Darlehen für die Umsetzung ihres Geschäftsmodells zu bekommen. Für Abhilfe sorgt deshalb die Bundesregierung mit dem Finanzierungsinstrument Mikrokredit.

Aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) sowie aus Haushaltsmitteln des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales speist sich der im Jahr 2010 aufgelegte Mikrokreditfonds. Er ist mit 100 Mio. Euro ausgestattet und hat binnen zwei Jahren bereits über 12 000 Kleinunternehmen auf unkomplizierte Weise zu einem Kredit verholfen. Die durchschnittliche Darlehenssumme beträgt 6 000 Euro. Maximal können 20 000 Euro zu marktüblichen Zinsen ausgeliehen werden; es gibt keine Kredituntergrenze.

Wem nutzen die Mikrokredite? Da ist der gelernte Fahrzeuglackierer aus Brandenburg, der sich aus der Arbeitslosigkeit heraus mit einem Service für kleinere Lackreparaturen selbstständig gemacht hat. Für den Kauf seiner Werkstattausstattung fehlten ihm 6 000 Euro. Die Hausbank lehnte mit Hinweis auf die geringe Kreditsumme ab. Die Finanzierung über einen Mikrokredit war hingegen kein Problem. Und das Geschäft läuft inzwischen sehr gut – vom Ausbessern kleiner Beulen bis hin zu kreativen Spezialaufträgen für Autoliebhaber.

Ein anderes Beispiel ist eine Diplom-Ökotrophologin aus Hamburg, die mit einem Mikrokredit über 10 000 Euro ihren Start in die Selbstständigkeit als Ernährungsberaterin wagte. Ihr Versprechen: dauerhaftes Abnehmen ohne Jo-Jo-Effekt durch Umstellung von Ernährung und Lebensgewohnheiten. Inzwischen ist die Anlaufphase gut gemeistert: Die Pfunde der Kunden fallen, der Umsatz steigt. Oder der russischstämmige Tischler aus Bielefeld, den 8 800 Euro Anzahlung für den Kauf eines Transporters von seiner neuen Existenz als Kleinspediteur trennten. Dank Mikrokredit konnte der Langzeitarbeitslose das Fahrzeug anschaffen. Längst reichen die Aufträge aus, um den Ein-Mann-Unternehmer zu ernähren und die Raten zu zahlen.

Kapital für benachteiligte Zielgruppen

Drei Beispiele von über 8 000, die zeigen, dass schon relativ kleine Summen den Erfolg eines jungen Unternehmens ausmachen können. Insbesondere Gründer, mit denen sich die Banken schwer tun, profitieren von dem Fonds. So haben über 40 Prozent der Mikrokreditnehmer einen Migrationshintergrund, rund 35 Prozent von ihnen sind Frauen. Auch in Zukunft sollen benachteiligte Zielgruppen gezielt angesprochen werden – etwa durch spezifische Kreditprodukte für Frauen, Kreative, das Handwerk und die Gastronomie. Speziell angesprochen werden zudem Kleinunternehmer im ländlichen Raum. Dies geschieht in Kooperation mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

Der Zugang zu den Mikrokrediten ist einfach und unbürokratisch gestaltet. Die Darlehen selbst werden zwar am Ende von einer Bank ausgereicht – die Bundesregierung hat die GLS Bank mit der Durchführung des Programms beauftragt. Aber die Vorbereitung der Kreditentscheidung liegt in den Händen sogenannter Mikrofinanzinstitute (MFI), die näher dran sind an den potenziellen Kunden.

Die Mikrofinanzinstitute sind in der Lage, die Risiken der Kreditvergabe auch jenseits der Papierlage sehr zuverlässig einzuschätzen. So können im Einzelfall auch Kleinunternehmen Zugang zu einer Finanzierung erhalten, die von den Banken von vornherein als kreditunwürdig eingestuft würden, etwa wegen eines negativen Schufa-Eintrages.

Es geht beim Mikrokreditfonds folglich nicht nur um eine andere Quelle, sondern auch um eine andere Art der Vergabe von Krediten. Der persönliche Faktor spielt im Verhältnis zu Marktanalysen und Sicherheiten eine deutlich größere Rolle. Auch das unterscheidet das neue Angebot von bestehenden Förderansätzen.

Wir möchten mit dem Mikrokreditfonds Deutschland ein langfristiges Angebot etablieren. Der unter Federführung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales gemeinsam mit dem Bundesministerium für Wirtschaft aufgelegte Fonds setzt daher auf ergebnisorientierte Anreize für Mikrofinanzinstitute. Deren tatsächliche Vergütung richtet sich danach, wie viele Kredite empfohlen und wie viele Kredite zurückgezahlt werden. Dadurch sollen sich effiziente Strukturen entwickeln, die in der Lage sind, weitgehend kostendeckend zu arbeiten.

Bisher haben mehr als 60 Organisationen diese Herausforderung angenommen – von großen Aktiengesellschaften bis hin zu gemeinnützigen Vereinen, von mittelständischen Beratungsunternehmen bis hin zu Genossenschaften. Selbst eine Volksbank hat sich bereits als MFI akkreditieren lassen.

In einigen Regionen gibt es inzwischen einen regen Austausch zum Thema Mikrokredite zwischen den Kammern, der Arbeitsverwaltung und den Mikrofinanzinstituten. Manche Kammern, Kommunen und Kreise unterstützen das Angebot unmittelbar, andere durch Empfehlungsmarketing.

Alle Übrigen möchte ich ermutigen, jetzt in den Dialog einzusteigen, damit engagierte Gründerinnen und Gründer für ihre guten Geschäftsideen noch häufiger als heute eine Chance bekommen. Nähere Informationen über den Fonds, seine Angebote und die Mikrofinanzinstitute vor Ort gibt es unter www.mikrokreditfonds.de im Internet. Fallbeispiele aus der Praxis sowie erste Informationen auf Deutsch, Englisch, Türkisch und Russisch finden sich auf der neuen Website www.mein-mikrokredit.de. Mein Haus stellt außerdem kostenlose Werbematerialien zur Verfügung. Auch Nachfragen können gerne an das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gerichtet werden. Wenden Sie sich in beiden Fällen an esf@bmas.bund.de.

Externer Kontakt: Gerd Hoofe ist Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (www.bmas.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2013, Seite 40

 
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