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Indien

Lahmender Riese

Viele Jahre wurde der Subkontinent als Boom-Land und als „zweites China“ gehandelt. Nun macht sich wegen ausbleibender Reformen und zahlreicher Standortschwächen Ernüchterung breit.

Über Jahre hinweg verzeichnete Indien ein durchschnittliches Wachstum von neun Prozent. Als Teil der Staatengruppe „BRIC“, zu der seit 2001 die aufstrebenden Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien und China zusammengefasst werden, genoss das Land weltweite Aufmerksamkeit.

Gepackt von der Aussicht auf ein „zweites China“ gingen auch Hunderte deutsche Firmen deutsch-indische Joint-Ventures ein, beriefen Handelsvertreter oder gründeten sogar eigene Tochtergesellschaften.

Mittlerweile schraubt das Land, das an einer unterentwickelten Infrastruktur, einem mangelhaften Bildungssystem und an einer ineffizienten Gestaltung des Arbeitsmarkts leidet, seine Erwartungen an das eigene Wachstum herunter.

Es sieht sich mit enormen Herausforderungen bei der Regulierung seiner Wirtschaft konfrontiert, die ebenso reformbedürftig ist wie das Steuersystem oder die staatliche Ausgabenpolitik.

Skepsis bei deutschen Firmen

In diesem Klima des Reformstaus hat sich auch die anhaltend positive Stimmung unter deutschen Investoren verändert. Während der Drang nach Indien vor Kurzem noch unaufhaltsam zu sein schien, berichten immer mehr Unternehmen von negativen Erfahrungen, von fehlender Zuverlässigkeit und mangelndem Tatendrang ihrer indischen Geschäftspartner.

Nach einer Untersuchung der auf Indien spezialisierten Unternehmensberatung Dr. Wamser + Batra GmbH über das dortige Geschäftsklima wird in Kreisen der deutschen Wirtschaft von starken Abweichungen von den vereinbarten Geschäftsplänen oder von Problemen bei der Einhaltung von Qualitäts- und Zielvorgaben berichtet. Dazu kämen Zahlungsausfälle, die Nichteinhaltung von Verträgen und sogar Unregelmäßigkeiten beim eigenen indischen Management.

Aus dem im positiven Sinne vermarkteten „unglaublichen Indien“ („Incredible India“) scheint ein herausforderndes Indien geworden zu sein. „Challenge India“ war daher auch das Motto der diesjährigen Jahresversammlung der Deutsch-Indischen Auslandshandelskammer (AHK), die mit über 6 700 Mitgliedsfirmen die mitgliederstärkste aller 80 deutschen AHKs ist. Eine überraschende Entwicklung? Nicht für den Indien-Experten Werner Heesen, der 13 Jahre in leitender Position für die Lufthansa AG in Indien tätig war.

Der indische Markt sei schon immer eine Herausforderung gewesen. Aber eine ernsthafte Auseinandersetzung mit diesem schwierigen und komplexen Markt habe bei vielen Unternehmen, die sich nun aus Indien zurückziehen wollen, schlichtweg nicht stattgefunden.

Indien habe eigene Spielregeln, die in der Regel nicht mit deutschen Bewertungskriterien und Verhaltensweisen konform gingen. Für Heesen steht fest: Wenn die Besonderheiten des Landes – einschließlich der Risiken – in der Kommunikation, beim eigenen Verhalten oder bei der Durchführung von Prozessen nicht hinreichend berücksichtigt werden, ist jedes Indien-Engagement zum Scheitern verurteilt.

Die gute Nachricht lautet daher: Erfolg in Indien ist erlernbar. Voraussetzung hierfür ist jedoch die Bereitschaft, sich auf das Land und dessen Kultur einzulassen und die Gegebenheiten in die Planung von Vorgaben, Frühwarnsystemen, Verantwortlichkeiten und Entscheidungsbefugnissen einzubeziehen. Die dreiteilige IHK-Seminarreihe zum Indien-Geschäft soll dazu einen Beitrag leisten.

Seminarreihe der IHK

Die IHK Nürnberg für Mittelfranken bietet eine dreiteilige Seminarreihe mit dem Titel „In Indien unter schwierigen Marktbedingungen erfolgreich sein“ an, bei der die Besonderheiten und Rahmenbedingungen des indischen Marktes ausführlich dargestellt werden.

Anhand von Fallbeispielen werden bisher erfolgreiche Strategien vorgestellt, aber auch Misserfolge erklärt und deren Ursachen begründet. Die Seminare werden geleitet von Dr. Johannes Wamser, Geschäftsführer der Dr. Wamser & Batra GmbH, und  Werner Heesen, Geschäftsführer der Werner Heesen Consulting GmbH.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2013, Seite 14

 
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