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Menschen mit Behinderung

Wertvolle Mitarbeiter

Rollstuhl Behinderung Integration Inklusion Mitarbeiter © Katarzyna Bialasiewicz - Thinkstock.com

Menschen mit Behinderung: Vorurteile abbauen und Potenziale nutzen.

Menschen mit einem Handicap sind leistungsfähig und motiviert. Diese Botschaft vermittelte ein Expertenforum in Nürnberg.

Anlässlich des Internationalen Tages der Menschen mit Behinderung, der alljährlich am 3. Dezember begangen wird, hatte die Arbeitsagentur zum vierten Mal eine Themenwoche ausgerufen. „Wir müssen in den Köpfen der Arbeitgeber die Mythen abbauen“, forderte Klaus Beier, stellvertretender Vorsitzender der Geschäftsführung der Regionaldirektion Bayern. Dazu zähle etwa das Vorurteil, dass Mitarbeiter mit Behinderung unkündbar seien. Auch bei der Leistungsfähigkeit bestünden viele Vorbehalte, die meist unbegründet seien.

Vor diesem Hintergrund will die Arbeitsagentur gemeinsam mit den bayerischen IHKs und Handwerkskammern sowie den Integrationsämtern des Zentrums Bayern Familie und Soziales (ZBFS) für mehr Klarheit sorgen. Dass das „klassische Vorurteil der Unkündbarkeit“ nicht stimme, unterstrich auch ZBFS-Präsident Dr. Norbert Kollmer. Die bayerischen Integrationsämter hätten in den letzten Jahren bei 80 Prozent der überwiegend betriebsbedingten Kündigungen zugestimmt, nur in jedem fünften Fall habe es Klärungsbedarf gegeben.

Auch die pauschale Vermutung geringerer Leistungsfähigkeit wies die bayerische Behindertenbeauftragte Irmgard Badura zurück. Als Blinde sei sie zwar zu 100 Prozent behindert, absolviere aber quer durch den Freistaat ein umfangreiches Programm. So gelten beispielsweise Menschen mit schwerer Diabetes, die sich alle zwei Stunden spritzen müssen, als zu 100 Prozent behindert, könnten ihr Arbeitspensum aber ganz normal erledigen. Beier entkräftete auch die für Arbeitgeber häufig abschreckende Wirkung des besonderen Kündigungsschutzes und des Zusatzurlaubs von fünf Tagen. Mehr als die Hälfte der knapp 23 000 Menschen mit Behinderung, die in Bayern als arbeitslos registriert seien, verfügten über eine abgeschlossene Ausbildung bzw. eine noch höhere Qualifikation. Betriebe erhielten mit diesen Menschen oft besonders engagierte und motivierte Fachkräfte. Badura kennt Unternehmen, in denen ein besonders hoher Anteil behinderter Menschen arbeitet. Deren Chefs seien nicht übermäßig sozial, sondern hätten schlicht nachgerechnet. Sie hätten beispielsweise in den letzten zehn Jahren festgestellt, dass die Fehlquote der behinderten Menschen deutlich geringer sei als die ihrer nicht-behinderten Kollegen.

Angesichts des steigenden Fachkräftemangels in den Unternehmen warb Dr. Maike Müller-Klier, Arbeitsmarktexpertin bei der IHK Nürnberg für Mittelfranken, für mehr Inklusion auch in den kleinen und mittleren Unternehmen. Sie empfahl deren Geschäftsführern, sich verstärkt diesem Thema zu öffnen und die Potenziale von Menschen mit Behinderung zu erkennen. Davon verspricht sie sich sowohl für die behinderten Menschen als auch für die Betriebe positive Effekte: „Anders sein und anders denken ist Innovation, das tut allen Unternehmen gut.“

Einrichtungen wie das Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft (BBW) in Mittelfranken, das alljährlich rund 250 behinderte Schulabsolventen für vollwertige Berufe qualifiziert, leisten dafür wertvolle Arbeit. Die Referenten waren sich jedoch einig, dass in den Betrieben auch eine „inklusive Kompetenz“ nötig ist, d.h. Mitarbeiter müssten dazu qualifiziert werden, die Kollegen mit Behinderung zu integrieren und bei Problemen zu begleiten. Wichtig sei auch die Kenntnis der vielen Angebote, die es zur Förderung von Menschen mit Behinderten mittlerweile gebe und die vielen mittelständischen Betriebe nicht bekannt seien.

So gibt es für neu eingestellte, behinderte Mitarbeiter Lohnkostenzuschüsse. Außerdem können die Kosten für eine behindertengerechte Ausstattung des Arbeitsplatzes bis hin zum Umbau eines Firmen-Pkws zu 100 Prozent übernommen werden. Dr. Oliver Bloeck, Ministerialrat im Bayerischen Arbeitsministerium, machte aber auch klar: Die Förderung könne aber nicht dazu dienen, „einen Betrieb zu sanieren“, und dürfe kein Mitnahmeeffekt sein.

Arbeitsmarktzahlen

In Mittelfranken liegt die Zahl arbeitsloser schwerbehinderten Menschen stabil bei rund 5 000, fast die Hälfte von ihnen ist langzeitarbeitslos. Nach den Zahlen der Regionaldirektion Bayern sind im Großraum Nürnberg über 27 000 Schwerbehinderte beschäftigt. Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten sind gesetzlich dazu angehalten, fünf Prozent der Stellen an Menschen mit Schwerbehinderung zu vergeben. Unternehmen, die diese Anforderung nicht erfüllen, müssen eine monatliche Ausgleichsabgabe bezahlen.

Autor/in: 

tt.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 01|2015, Seite 18

 
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