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Spitzengespräch in München

Wie integriert man die Flüchtlinge?

Spitzengespräch in München © Wolf Heider-Sawall

Runde mit ernsten Themen: Gespräch von Staatsregierung und bayerischen IHKs in der Münchner Staatskanzlei.

Beim Spitzengespräch zwischen Staatsregierung und bayerischen IHKs stand die Flüchtlingskrise im Mittelpunkt.

Die Integration der Flüchtlinge beherrschte das diesjährige Spitzengespräch zwischen der Bayerischen Staatsregierung und den Präsidenten und Hauptgeschäftsführern der bayerischen IHKs, das am 9. November in der Münchner Staatskanzlei stattfand. Ministerpräsident Horst Seehofer erklärte, Korrekturen der Berliner Asylpolitik seien unumgänglich, die derzeitige Lage sei untragbar: „Wir brauchen eine Begrenzung der Zuwanderung. Wir haben einen gesetzlosen Zustand.“ Wichtige Vereinbarungen, wie die schnellere Bearbeitung von Asylanträgen, würden von Berlin nicht umgesetzt. Vorbildlich sei dagegen die Bereitschaft der bayerischen Wirtschaft, Flüchtlinge auszubilden.

Dr. Eberhard Sasse, Präsident des Bayerischen Industrie- und Handelskammertages (BIHK), sagte, die IHKs hätten ein umfangreiches Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht. Bis Ende 2016 wolle man gemeinsam mit den anderen Wirtschaftsorganisationen 20 000 Flüchtlingen einen Praktikums-, Ausbildungs- oder Arbeitsplatz anbieten. Bis Ende 2019 sollen 60 000 Neuankömmlinge in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt integriert werden. Die neun bayerischen IHKs hätten insgesamt acht Mio. Euro für Maßnahmen eingeplant, um die Integration junger Flüchtlinge zu fördern. BIHK-Hauptgeschäftsführer Peter Driessen sagte, dies diene zwei Zielen: der aktiven Übernahme von Verantwortung und der Fachkräftesicherung für die Wirtschaft. Die IHK-Vertreter dankten der Staatsregierung dafür, dass sie das sogenannte 3+2-Modell des BIHK unterstützt habe (Duldung von Flüchtlingen während der dreijährigen Ausbildungszeit und der anschließenden zwei Berufsjahre). Sasse plädierte aus Gründen der Rechts- und Planungssicherheit dafür, auf die jährliche Erneuerung der Duldung zu verzichten und die Zahl der Berufsjahre von zwei auf drei zu erhöhen.

Die IHK-Vertreter informierten Seehofer zudem über konkrete BIHK-Leuchtturmprojekte, z.B. das Knüpfen von Netzwerken, die Zusammenarbeit mit Berufsschulen und Universitäten in der Sprachförderung, das Anwerben von Praktika und Ausbildungsplätzen und den Einsatz von Job- und Ausbildungsbegleitern. Dirk von Vopelius, Präsident der IHK Nürnberg für Mittelfranken, sagte, die IHKs spielten eine zentrale Rolle an den Schnittstellen zu Berufsschulen, Betrieben, Behörden und privaten Initiativen. Allerdings kam von den IHK-Vertretern auch die Mahnung an die Politik, dass die Hilfe für die Flüchtlinge bei einer anhaltend hohen Zuwanderung an Grenzen stoßen werde.

Einigkeit zwischen Staatsregierung und BIHK bestand darin, dass der Wohnungsbau dringend beschleunigt werden müsse. Innenminister Joachim Herrmann betonte, Bayern werde bis 2020 rund 2,6 Mrd. Euro in den Bau von 28 000 neuen Wohnungen stecken. Zusätzlich plädierte Seehofer für die Wiedereinführung der degressiven Abschreibung, um private Investitionen zu fördern. Sasse appellierte zudem an Seehofer, er möge seinen Einfluss in Berlin nutzen, um die Reform der Erbschaftsteuer in der bisher geplanten Form zu stoppen. Er war sich darin mit Finanzminister Dr. Markus Söder einig, der den aktuellen Reformvorschlag als „verkappte Vermögenssteuer“ und als „mittelstandsfeindlich“ bezeichnete. Die Staatsregierung wolle insbesondere verhindern, dass es zu Überbewertungen von Unternehmen und damit zu unverhältnismäßigen Steuerbelastungen komme.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2015, Seite 46

 
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