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Management-Buy-out

In die erste Reihe

Wenn der Senior eines Familienunternehmens ausscheidet, treten häufig Führungskräfte die Nachfolge an. Wie funktioniert die Finanzierung? Von Christian Weibrecht; Illustration: Anton Atzenhofer

Viele mittelständische Unternehmen stehen vor dem Problem, dass kein Familienmitglied die Nachfolge des Seniors antreten will. Wie findet man dann einen passenden Nachfolger, wer kommt als Käufer des Unternehmens in Frage? Strategische Käufer, insbesondere Wettbewerber, stoßen auf Bedenken, weil sensible Informationen offengelegt werden müssten. Klassische Private-Equity-Fonds passen aufgrund ihres Geschäftsmodells nicht immer zu langfristig orientierten Familienunternehmen und stoßen beim Mittelstand häufig auf Skepsis.

Warum das Unternehmen also nicht im Zuge eines sogenannten Management-Buy-outs (MBO) an das bestehende Management übergeben? Man kennt und vertraut sich. Die Kenntnis hinsichtlich der Märkte, Produkte und Unternehmenskultur ist nirgends ausgeprägter als im eigenen Management. Die Übergabe wird in aller Regel vergleichsweise reibungslos über die Bühne gehen – sowohl für die Mitarbeiter als auch was die Außenbeziehungen mit Kunden, Finanziers und Öffentlichkeit angeht. Hinzu kommt ein meist erheblich geringerer Prüfungsaufwand für die Transaktion selbst, als dies bei anderen Formen der Nachfolgeregelung der Fall ist. Für die bisherigen Führungskräfte bietet sich die Chance auf unternehmerische Selbstverwirklichung und Teilhabe am wirtschaftlichen Erfolg der Firma. Alles Aspekte, die für einen MBO sprechen. In kleinen und mittleren Betrieben ist er deshalb ein häufig gewählter Weg der Unternehmensnachfolge. Aber selbstverständlich bringt auch er einige Herausforderungen mit sich. Ein wesentliches Erfolgskriterium ist die sachgerechte Finanzierung, die die Interessen aller Beteiligten angemessen berücksichtigt.

Persönlichkeit

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Persönlichkeit des Nachfolgers: Vor der Finanzierung des MBO ist zunächst zu klären, ob er sich auch persönlich eignet, ob ihn also wirklich eine unternehmerische Motivation treibt. Denn es ist etwas anderes, selbst das unternehmerische Risiko zu tragen, als operative Verantwortung im Rahmen einer Leitungsfunktion zu übernehmen. Der neue Chef muss auch konzeptionelle Fähigkeiten haben und eine eigene Vision und Strategie entwickeln können, denn dies wird auch von den Finanzierungspartnern gefordert – ob dies nun eine Bank oder etwa eine Beteiligungsgesellschaft ist. Ein detaillierter Businessplan ist deshalb ein Muss. Und nicht zuletzt sollte sich der bisherige Manager darüber klar werden, ob die Übernahme des Betriebs in die persönliche Lebensplanung passt und seine Familie sie mitträgt.

Die tief gehende Kenntnis der Führungskräfte über die wichtigen Unternehmensinterna verkürzt und vereinfacht den Übergabeprozess. Allerdings kann dies aus Sicht des Senior-Chefs bei den Verhandlungen über den Kaufpreis auch nachteilige Auswirkungen haben, denn dem Management dürften die „historischen“ und die zu erwartenden Risiken bekannt sein, die im Betrieb schlummern (sogenannter Principal-Agent-Konflikt). Um einen für beide Seiten akzeptablen Kaufpreis zu bestimmen, empfiehlt sich die Einschaltung eines neutralen Sachverständigen, der eine Unternehmensbewertung erstellt.

Die größte Hürde stellt jedoch erfahrungsgemäß meist die Finanzierung des Kaufpreises durch das übernehmende Management dar. Denn in der Regel werden die finanziellen Möglichkeiten des übernehmenden Managers nicht ausreichen, um den vereinbarten Kaufpreis alleine aufzubringen, sodass er auf Finanzierungspartner angewiesen ist.

Struktur der Finanzierung

Am einfachsten zu realisieren ist die Übernahme der Gesellschaftsanteile (Share Deal) oder der betriebsnotwendigen Vermögensgegenstände (Asset Deal) durch den oder die MBO-Manager oder eine übernehmende Gesellschaft. Die Finanzierung erfolgt hier in der Regel aus eigenen Mitteln und gegebenenfalls mit einer klassischen Bankfinanzierung.

Eigenkapitalinvestor

Aufwändiger wird es, sobald weitere Eigenkapitalpartner eingebunden werden müssen, um den Kaufpreis in Summe aufzubringen. So kann der Nachfolger mit einem Eigenkapitalinvestor zusammenarbeiten, um das Unternehmen zu erwerben. Das kann z. B. eine Private-Equity-Gesellschaft sein oder eine sogenannte Mittelständische Beteiligungsgesellschaft (MBG) wie beispielsweise die Bayerische Beteiligungsgesellschaft (BayBG). In diesem Fall wird oft ein neues Vehikel in Form einer Erwerbsgesellschaft („NewCo“) gegründet, die entsprechend mit Eigen- und Fremdkapital ausgestattet wird. Vor dem Erwerb wird eine Prüfung des Unternehmens in Form einer Due Diligence (sogenannte Erwerbsprüfung) vorgenommen, auf die in aller Regel außer dem Finanzinvestor auch die finanzierenden Banken bestehen werden. Geprüft werden dabei die Bereiche Recht, Steuern, Finanzen und Markt. Mit der Due Diligence werden etwaige Risiken ermittelt und der Kaufpreis verifiziert, aber sie dient für den Eigenkapitalpartner auch dazu, die wirtschaftlichen Potenziale des Unternehmens zu analysieren. Ein weiterer Vorteil ist, dass durch die Prüfung das beschriebene Principal-Agent-Problem verringert wird, da der Mitinvestor durch die Due Diligence sein Wissensdefizit hinsichtlich Unternehmensinterna, Technologien und Märkten erheblich reduziert.

Dem übernehmenden Manager muss klar sein: Sobald eine Beteiligungsgesellschaft eingebunden wird, liegt die Unternehmensentwicklung nicht mehr alleine in seinen Händen. Der Finanzinvestor stärkt zwar die Finanzkraft des Unternehmens, lässt sich dafür aber natürlich ein Kontroll- und Mitspracherecht einräumen. Diese Rechte sind nicht nur über die Anteilsverhältnisse geregelt, sondern werden insbesondere über den Gesellschaftsvertrag definiert. So kann auch aus einer Minderheitsbeteiligung eine „quasi mehrheitliche“ Gesellschafterstellung erwachsen, wenn dem Investor Vorzugsanteile (Preferred Shares) übertragen werden. Besonders die MBGs engagieren sich im Zuge von Management-Buy-outs gerne mit stillen und offenen Beteiligungen an wettbewerbsfähigen Unternehmen und geben diesen hierdurch Finanzierungsspielräume, die ein solides Wachstum ermöglichen.

Family Offices

Als weitere Finanzierungspartner stellen Family Offices ebenfalls eine interessante Alternative zu Private-Equity-Gesellschaften dar. Das sind Spezialisten, die sich um die Vermögensverwaltung von Unternehmerfamilien und anderer wohlhabender Familien kümmern und die oftmals auch in unternehmerische Beteiligungen investieren. Deren Beteiligungshorizont ist aufgrund der eigenen Gesellschafterstruktur und Anlagepolitik fast immer langfristig ausgelegt und es werden in der Regel erheblich niedrigere Fremdkapitalanteile (bis hin zu einer kompletten Eigenkapitalfinanzierung) in Transaktionen eingebracht. Dies hat den Vorteil, dass das Unternehmen in geringerem Maße mit Zins- und Tilgungszahlungen belastet wird, also mehr Liquidität für Wachstum verfügbar ist.

Eine weitere Finanzierungskomponente kann die Einbindung eines Verkäuferdarlehens sein. Dabei wird ein Teil des Kaufpreises (in der Regel bis zu 20 Prozent) in ein meist unbesichertes und nachrangiges Darlehen umgewandelt, das erst in einigen Jahren an den Verkäufer gezahlt wird. Es zählt somit als wirtschaftliches Eigenkapital, die Zinsen sind jedoch steuerlich voll als Aufwand wirksam. Zudem ist es als starker Vertrauensbeweis des Verkäufers in die MBO-Manager und in die Unternehmensentwicklung zu werten.

Vor allem bei größeren MBOs besteht die Gefahr, dass das Management im Verhältnis zum Finanzierungspartner erheblich weniger Eigenkapital aufbringen kann. Wenn man ausschließlich das nominal eingebrachte Eigenkapital betrachtet, hält das Management dann oft nur eine „symbolische Beteiligung“. In solchen Fällen wird oft mit Incentivierungen gearbeitet wie beispielsweise Tantiemen, virtuellen Beteiligungen, Genussrechten oder Optionen. Meist bietet der Investor dem Management jedoch an, dass dieser eine im Verhältnis zum Kapitalanteil überproportionale Beteiligung („Sweet Equity“) übernimmt. Damit ist sichergestellt, dass die Manager auch durch finanzielle Anreize motiviert sind. Denn der Übernehmer profitiert, wenn sich der Unternehmenswert positiv entwickelt. Generell gilt jedoch: Das übernehmende Management muss einen für seine Verhältnisse signifikanten Anteil an Eigenmitteln in den MBO einbringen. Als grobe Richtlinie für die Pro-Kopf-Beteiligung eines Managers werden in der Regel etwa zwei Bruttojahresgehälter genannt.

Üblicherweise wird also eine Kombination aus den folgenden Finanzierungskomponenten für den MBO herangezogen:

  • Eigenkapital des Managements, z. B. Eigenmittel, öffentliche Fördermittel, finanzieller Beitrag aus dem privaten Umfeld („Friends & Family“)
  • Beteiligungsgesellschaften (Private-Equity- und Venture Capital-Fonds, MBGs, Family Offices, Privatinvestoren)
  • Fremdkapital (in der Regel banküblich besicherte Darlehen, sogenannte Senior Loans)
  • Mezzanines Kapital, z. B. stille Beteiligungen, Verkäuferdarlehen, in der Regel nachrangig besichert (sogenannte Junior Loans)
  • seltener: außerbilanzielle Finanzierungen (z. B. Sale and Lease back)
Autor/in: 

Christian Weibrecht ist Geschäftsführender Gesellschafter der Weibrecht & Kollegen Corporate Finance GmbH in Nürnberg (weibrecht@weibrecht-kollegen.de, www.weibrecht-kollegen.de).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2017, Seite 34

 
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