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Unternehmenskredite

Kommt was oben drauf?

Münzen Hand Thurm © Thinkstock.com/triocean

Bei Verbraucherkrediten sind Bearbeitungsgebühren laut Bundesgerichtshof unzulässig. Wie sieht es bei Unternehmenskrediten aus?

Bearbeitungsgebühren verteuern Kredite ohne erkennbaren Grund, so die Sicht vieler Unternehmen. Bekommt die Bank nicht schon die Zinsen als Vergütung? Sind solche Gebühren rechtlich überhaupt zulässig? Die Skepsis bei den Betrieben hat seit zwei Urteilen des Bundesgerichtshof (BGH) im Mai 2014 noch zugenommen (Aktenzeichen XI ZR 405/12 und XI ZR 170/13): Er hatte entschieden, dass formularmäßig über Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) vereinbarte Kreditbearbeitungsgebühren gegenüber Verbrauchern unzulässig sind. Ob das auch für Unternehmer gilt, ließ der BGH damals jedoch offen.

Bis zu den beiden Urteilen hatte der BGH die Bearbeitungsgebühren auch bei Verbrauchern zugelassen und vollführte damit nun einen unerwarteten Kurswechsel. Die Kreditinstitute sahen sich plötzlich mit Rückforderungen durch Kreditnehmer in Milliardenhöhe konfrontiert, da es nun keine Rechtsgrundlage für die Gebühren mehr gab. Einen wesentlichen Beitrag zu dieser Kehrtwende hatten im Vorfeld die Oberlandesgerichte (OLG) geleistet, denn seit 2011 hatten sie Banken mehrfach zur Rückzahlung der Bearbeitungsgebühren für Verbraucherkredite verurteilt. Mit Blick auf Unternehmerkredite ist dagegen eine solch einheitliche Linie der OLG nicht erkennbar, vielmehr ist ihre Rechtsprechung uneinheitlich. So gibt es OLG-Urteile, die die Unwirksamkeit der Gebühren auch bei Unternehmenskrediten befürworten, aber auch solche mit differenzierenden und ablehnenden Entscheidungen.

Kein Entgelt ohne Gegenleistung

Die Oberlandesgerichte, die Kreditbearbeitungsgebühren auch gegenüber Unternehmen für unzulässig halten, stützen sich dabei auf gesetzliche Regeln, die nicht nur dem Verbraucherschutz dienen. Diese verbieten es grundsätzlich, mittels AGB von gesetzlichen Grundgedanken abzuweichen. Der gesetzliche Maßstab für Darlehen ist insofern § 488 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB): Dieser verpflichtet die Kreditnehmer zur Zinszahlung und bei Fälligkeit zur Rückzahlung des zur Verfügung gestellten Darlehens. Für die Kreditgeber bedeutet dies, so die Argumentation einiger OLG, dass sie per AGB nicht einfach ein über den Zins hinausgehendes Entgelt verlangen dürfen. Das gelte insbesondere für Entgelte ohne wirkliche Gegenleistung und somit für Tätigkeiten, die die Kreditgeber in ihrem eigenen Interesse erbringen. Dazu gehörten beispielsweise die Abgabe von Darlehensangeboten, die Bearbeitung des Darlehensantrags, das Führen von Vertragsgesprächen, die Bonitätsprüfung oder die Zurverfügungstellung der Valuta. In der Praxis begründen die Banken die Bearbeitungsgebühren aber oft gerade mit diesem Aufwand. Dies stelle jedoch eine unangemessene Benachteiligung der Kreditnehmer dar; Klauseln, die Kreditbearbeitungsgebühren vorsehen, seien deshalb auch bei Unternehmenskrediten unwirksam, so die von einigen OLG vertretene Auffassung.

Unternehmer weniger schutzwürdig?

Allerdings wägen die Gerichte die beiderseitigen Interessen ab, wenn sie über eine unangemessene Benachteiligung einer Vertragsseite zu urteilen haben. Unternehmer genießen dabei generell einen geringeren Schutz als Verbraucher. Die Gerichte sind deshalb bei Betrieben zurückhaltender, in Bearbeitungsgebühren gleich eine unangemessene Benachteiligung zu sehen. Dabei spielen u. a. steuerliche Vorteile eine Rolle, mit denen Unternehmen die Kosten abmildern können – eine Möglichkeit, die private Kreditnehmer nicht haben. In der Regel setzen sich die Gerichte sehr eingehend mit der jeweiligen Situation des Unternehmens auseinander. Bei der Beurteilung spielt z. B. eine Rolle, ob sich die Gebühren sich auf Maßnahmen der Bank beziehen, die auch im Interesse des Kreditnehmers sind. Auch besondere rechtliche Anforderungen, die die Bank erfüllen muss, können für die Zulässigkeit von Gebühren sprechen. Ein Beispiel sind Finanzierungen für Bauträger, die besonderen gesetzlichen Regeln unterliegen und deshalb einen höheren Aufwand bei der Bank verursachen. So verneinte das OLG Köln (Aktenzeichen I-13 U 140/15) die Rückerstattung der Bearbeitungsgebühren für einen Bauträgerkreditvertrag. Die Bearbeitung habe hier nicht nur den Interessen der Bank, sondern wesentlich denen des Bauträgers gedient. Denn die gesetzlichen Vorgaben im Bauträgergeschäft machten es nötig, dass die Bank – über die reine Kreditgewährung hinaus – bei der Realisierung des Vorhabens mitwirke. Einen weiteren Aspekt hat das OLG München (Aktenzeichen 27 U 1088/14) eingebracht, indem es auf die Erfahrung eines seit vielen Jahren tätigen Bauträgers verwies: Diesem hatte die Bank für einen Kredit von 2,1 Mio. Euro ein Bearbeitungsentgelt von 100 000 Euro berechnet, die der Kreditnehmer zurückerstattet haben wollte. Das Gericht sah aber keinen Anlass für eine unangemessene Benachteiligung, zumal dem Kläger durch jahrelange Erfahrung die Erhebung der Gebühr bekannt war und er außerdem von der Bank während der Verhandlungen nochmals mehrfach darauf hingewiesen wurde. Es sei im konkreten Fall auch nicht ersichtlich, dass die Bank den Kreditnehmer zeitlich unter Druck gesetzt hätte, um dadurch seine Zustimmung zur Zahlung der Gebühren zu erreichen.

Das Landgericht Magdeburg (Aktenzeichen 11 O 1887/14) stellte vor allem darauf ab, wie groß die Verhandlungsmacht des Unternehmers ist. Kleine und mittlere Unternehmen müssten in der Praxis – im Gegensatz zu Großunternehmen – die Gebühren oft akzeptieren, da sie sonst überhaupt keine Finanzierung erhalten würden. Dementsprechend gehen die Gerichte bei ihnen eher von einer unangemessenen Benachteiligung aus und erklären die Bearbeitungsgebühren damit für unzulässig.

Die Ausgangslage ist bei Unternehmenskrediten also komplexer als bei Verbraucherdarlehen. Sollte der Bundesgerichtshof einmal über die Kreditbearbeitungsgebühren bei Unternehmerkrediten zu entscheiden haben, dürfte es deshalb auf eine Abwägung hinauslaufen. Eine generelle Unwirksamkeit und damit ein Nein zu Bearbeitungsgebühren wie bei Verbraucherkrediten sind nach Meinung von Rechtsexperten nicht zu erwarten.

Autor/in: 

Christian Günther ist Assessor und Redakteur bei der anwalt.de Services AG in Nürnberg, die das Anwaltsverzeichnis www.anwalt.de betreibt (redaktion@anwalt.de).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2017, Seite 52

 
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