Telefon: +49 911 1335-1335

Trends im Tourismus

Wohin geht die Reise?

Deutschland spielt als Reiseziel weltweit in der ersten Liga mit. Viele Reisende nennen Kultur und Shopping als wichtige Reisegründe. Darauf müssen sich die Tourismusregionen einstellen.

„Deutschland ist zurzeit in Europa hipp“, bilanziert die Chefin der Congress- und Tourismus-Zentrale Nürnberg, Yvonne Coulin, nach ihrem ersten Amtsjahr. „Davon profitiert auch Nürnberg.“ Mehr als 2,4 Mio. Übernachtungen wurden im vergangenen Jahr gezählt (plus 14 Prozent).

Auch Franken steht im nationalen Vergleich gut da: 20 Mio. Übernachtungen wurden registriert (plus fünf Prozent; in Deutschland nur plus zwei Prozent). Fürth und Rothenburg glänzten mit zweistelligen Zuwachsraten, Erlangen kam immerhin noch mit plus acht Prozent und Ansbach mit plus zwei Prozent voran. Ein Minus gab es dagegen beim Fränkischen Seenland, dort sank die Auslastung der Betten um fünf Prozent auf eine Auslastungsquote von 30 Prozent. Insbesondere die Algenplage schien im vergangenen Jahr die Touristen abzuschrecken.

Den Umsatz des fränkischen Tourismus im Jahr 2010 beziffert Innenminister Joachim Herrmann, zugleich Vorsitzender des Vereins Tourismusverband Franken, auf acht Mrd. Euro. Davon entfallen 3,4 Mrd. Euro auf Hotellerie und Gastronomie, weitere 3,4 Mrd. Euro auf den Einzelhandel und 1,2 Mrd. Euro auf entsprechende Dienstleistungen. 161 000 Menschen verdienen in Franken ihren Lebensunterhalt primär mit dem Tourismus.

Damit sieht Herrmann die Strategie bestätigt, auf Qualität und auf die Marke „Franken“ zu setzen. Wichtige Impulsgeber seien auch „Produktlinien“ und Jahresthemen, beispielsweise „Wein. Schöner. Land“, „Heimat der Biere“ und „Land der Genüsse“. Ausweiten will der Tourismusverband das Engagement für den „EntdeckerPass der Metropolregion Nürnberg“, der zahlreiche Vergünstigungen bietet. Einen weiteren Akzent soll in diesem Jahr Bad Windsheim setzen, das das 50-jährige Jubiläum der Anerkennung als Heilbad begehen kann. Das Fränkische Seenland begeht sein 25-jähriges Jubiläum mit Festwochenenden, Festspielen, einer Golf-Trophy und Konzerten.

Nürnbergs Wirtschaftsreferent Dr. Roland Fleck, der zugleich Vorstand des Verkehrsvereins ist, machte die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus deutlich: Hochrechnungen zufolge sorge das Geschäft mit dem Fremdenverkehr im Stadtgebiet für einen Umsatz von 1,4 Mrd. Euro. Das bedeutet, dass 23 000 Menschen direkt oder indirekt vom Tourismus leben.

Dass sich der Tourismus im Nürnberger Stadtgebiet so gut entwickelt hat, liegt laut Fleck an dem starken Messe- und Kongressjahr 2010, dem Christkindlesmarkt als wichtigstem touristischem Ereignis und an einer besseren Vermarktung. Jedoch kommt nur ein knappes Drittel der Besucher aus touristischen Motiven nach Nürnberg, 70 Prozent der Übernachtungen werden von Geschäftsreisenden gebucht, die vornehmlich Messen besuchen oder an Tagungen teilnehmen.

Positive Effekte brachte der nach langem Hin und Her eingerichtete Nürnberger Tourismusfonds: Die Betriebe zahlen 250 000 Euro in einen Topf, der aus dem Nürnberger Stadtsäckel verdoppelt wird. Mit dem Geld wurde 2010 eine bundesweite Anzeigenkampagne unter der Überschrift „Nürnberg Lokt“ initiiert, um auf das 175-jährige Bahnjubiläum aufmerksam zu machen. „Das war ein voller Erfolg“, sagte Fremdenverkehrsdirektorin Coulin. Die Besucherzahlen im DB Museum seien um über 40 Prozent gestiegen. Außerdem finanziert der Tourismusfonds u.a. die Präsenz auf der Homepage „Staedte-reisen.de“, Informationsreisen für ausländische Journalisten, Print-Beilagen oder auch die Online-Kampagne „3 im Web“. Ein weiterer Marketing-Baustein ist der Beitritt Nürnbergs zur bundesweiten Werbegemeinschaft „Magic Cities“, über die Gäste aus Übersee besser erreicht werden sollen.

Die Nürnberger Bettenkapazität kletterte 2010 um fast fünf Prozent auf 15 000, die Auslastung stieg etwas schwächer auf 42 Prozent. Am besten sieht es in Hotels mit mehr als 100 Betten aus, die es auf eine Zimmerauslastung von 64 Prozent bringen. Fleck sieht gute Chancen für eine Ausweitung des Angebots: „Die internationale Hotellerie hat Nürnberg auf der Landkarte.“ Es gibt auch konkrete Anfragen, zu denen der scheidende Wirtschaftsreferent aber keine konkreten Angaben machen wollte. Ein Konflikt ist vorprogrammiert: „Bei den Hotelbetrieben, die hier präsent sind, stößt das nicht immer auf Gegenliebe.“

Ein Drittel der Übernachtungsgäste reist aus dem Ausland nach Nürnberg und verweilt hier im Schnitt 1,9 Nächte, Inländer bleiben nur 1,7 Nächte. Unter den Top 10 der Herkunftsländer rangieren die USA, Italien und Österreich ganz oben.

Obwohl das laufende Jahr ein schwächeres Messejahr ist, hofft Coulin, das Vorjahresniveau wieder zu erreichen. Bei ihrer Vermarktung will sie das Thema Kultur stärker einbeziehen, beispielsweise das Classic Open Air im Luitpoldhain. Gleiches gilt für die Großveranstaltungen Bardentreffen, Blaue Nacht und Rock im Park. Die Event-Kultur sei ein wichtiger Baustein für den Tourismus, zumal private Städtetouristen öfter und kürzer reisen.

Diesen Trend bestätigt das Deutsche Institut für Urbanistik in Berlin: Demnach zählt der Städtetourismus seit einigen Jahren zu den dynamischsten Segmenten des Tourismussektors. Positiv wirkt sich dabei der Trend zu Kurz- und Tagesreisen sowie zu Zweit- und Drittreisen aus, der auch durch Kulturveranstaltungen und attraktive Einkaufsmöglichkeiten unterstützt wird.

Der Zuwachs wird sowohl aus dem Ausland als auch aus dem Inland getragen, wie die Deutsche Zentrale für Tourismus (DTZ) ermittelt hat: So reisen die Deutschen am liebsten im eigenen Land und brachten es im vergangenen Jahr auf mehr als 320 Mio. Übernachtungen im Inland. Ausländische Gäste in Deutschland sorgten für über 60 Mio. Übernachtungen, was ebenfalls einen Rekord bedeutete. „Wir spüren den Rückenwind, um spätestens in zehn Jahren die Marke von 80 Mio. Übernachtungen zu erreichen“, sagt DTZ-Chefin Petra Hedorfer. Deutschland habe das Potenzial, sich unter den beliebtesten Reisezielen weltweit einen festen Platz zu erobern.

Touristen aus China

Spannend für Deutschland und Franken wird sein, wie viele Touristen aus China kommen werden. 2010 wurden in Nürnberg 20 000 Übernachtungen von Gästen aus dem Reich der Mitte registriert – im Ranking der Herkunftsländer ist das gerade einmal Platz zehn. Bis 2013 soll China der zweitgrößte Reisemarkt weltweit nach den USA werden, bis 2020 soll sich die Zahl der Reisenden aus China nach Europa auf acht Mio. vervierfachen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Beratung Boston Consulting Group BCG. Der besondere Reiz an dieser Zielgruppe: Chinesen wollen mehr Geld für ihren Urlaub ausgeben. Dazu gehören nicht nur die Reisekosten selbst, sondern die Bereitschaft, den Urlaub mit Luxus-Shopping zu verbinden, um die Familie daheim oder Freunde zu beschenken.

Autor/in: 

Thomas Tjiang

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2011, Seite 54

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick