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Corona-Konjunktur zeigt zwei Gesichter

IHK-Konjunkturklima Mittelfranken Frühjahr 2021 – Industrie als Motor der Erholung, Handel und Dienstleistung hoffen auf ein Ende des Lockdowns

Datum: 18.05.2021
 

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Dr. Udo Raab

Dr. Udo Raab

Leiter Geschäftsbereich Standortpolitik und Unternehmensförderung, Leiter Referat Wirtschaftsentwicklung und Fachkräftesicherung Tel: +49 911 1335 1383

Nürnberg – Das Konjunkturklima der mittelfränkischen Wirtschaft zeigt im Frühjahr 2021 zwei höchst unterschiedliche Gesichter: Die unter den Corona-Schließungen leidenden Betriebe aus Einzelhandel und persönlichen Dienstleistungen kämpfen weiter um ihre Existenz. Nach einem halben Jahr im Lockdown hoffen sie auf Öffnungsperspektiven im Sommer. Völlig andere Herausforderungen stellen sich den Betrieben in der Industrie und im Baugewerbe angesichts wachsender Aufträge und besserer Kapazitätsauslastung. Die mittelfränkische Industrie kann sich dank ihrer starken Stellung auf den Weltmärkten kräftig erholen. Auch zahlreiche Unternehmen aus dem Großhandel und den industrienahen Dienstleistungen profitieren von der starken Nachfrage im anhaltenden Neuaufbau von internationalen Wertschöpfungsketten. Kehrseite der gestiegenen Produktion und der zugleich angestrebten Verringerung von Lieferketten-Risiken sind Lieferengpässe sowie anziehende Preise für Rohstoffe, Baumaterialien und Vorleistungen.

„Mehr denn je zeigt sich die mittelfränkische Wirtschaft nach über einem Jahr der Corona-Pandemie gespalten. Die Industrie hat nochmals zusätzlich an Fahrt aufgenommen. Doch die vom Lockdown direkt betroffenen Branchen können derzeit nur auf sommerliche Öffnungen bei sinkenden Infektionszahlen hoffen. Sie brauchen jetzt eine klare Perspektive, um wieder aus eigener Kraft wachsen zu können“, betont IHK-Präsident Dr. Armin Zitzmann.

Der IHK-Konjunkturklimaindex konnte nach dem historischen Absturz im Frühjahr 2020 um fast 50 Punkte im Herbst 2020 über 30 Punkte wieder aufholen. Dem zweiten Lockdown folgte zu Jahresbeginn 2021 ein zweiter Rückschlag um 18 Punkte auf 84,9. Mit einem Anstieg um 13,4 auf 98,3 Punkte setzt sich das Auf und Ab mit sinkender Amplitude weiter fort. Obwohl die Industrie den Anstieg wesentlich verantwortet, reicht diese Schubkraft nicht für einen breit fundierten Aufschwung. Die Mehrzahl der Befragten stammt aus Branchen, die direkt unter Betriebsschließungen oder mittelbar unter Nachfrage- und Erlösrückgängen während der Lockdown-Monate leiden. Auch wenn alle Indi  katoren nach oben weisen, bleibt der IHK-Konjunkturklima-Index im Frühjahr 2021 knapp unter dem „neutralen“ Wert von 100 Punkten und deutlich unter dem Durchschnittswert des letzten Jahrzehnts von 123,5 Punkten.

Geschäftslage und -erwartungen

Über alle Branchen der mittelfränkischen Wirtschaft hinweg setzt sich im Frühjahr 2021 die allmähliche gesamtwirtschaftliche Erholung fort. So beurteilen 32 Prozent der Befragten ihre derzeitige Geschäftslage als gut, weitere 28 Prozent sind zufrieden, doch 40 Prozent schätzen die Lage als schlecht ein. Damit ergibt sich unter dem Strich ein Saldo von minus 8 Punkten. Seit dem Beginn der Corona-Krise vor einem guten Jahr hat sich dieser Wert um 28 Punkte erhöht. Dennoch fehlen weitere 38 Punkte, ehe das Ergebnis vor Ausbruch der Pandemie vom Jahreswechsel 2019/20 wieder erreicht würde.

Die Geschäftserwartungen der mittelfränkischen Betriebe pendeln weiter auf und ab. Nachdem zu Jahresbeginn 2021 der Ausschlag zurück ins Negative geführt hatte, gewinnen im Frühjahr 2021 die Optimisten wieder die Oberhand: Über alle Branchen zeigen sich 29 Prozent der Befragten zuversichtlich, 47 Prozent sehen keine Anzeichen für Veränderung, 24 Prozent befürchten in den kommenden Monaten eine weitere Verschlechterung ihrer Geschäftslage. Der resultierende Saldo von plus 5 liegt nach zwei Rückschlägen in 2020 nun wieder auf dem Niveau von 2019. Hoffnungen auf eine raschere Erholung wurden jedoch für die Lockdown-Betroffenen enttäuscht.

Unklare Perspektiven und rasch wechselnde Regeln für Lockerungsschritte prägen eine Situation der wirtschaftlichen Verunsicherung. Die Pendelbewegungen in den Einschätzungen zu Geschäftslage und -erwartungen erschweren Planungen und äußern sich in fortgesetzter Zurückhaltung bei den Beschäftigungs- und Investitionsabsichten. Ein erheblicher Teil der mittelfränkischen Betriebe behält ihren krisenbedingten Fokus auf Liquiditätssicherung und Ausgabenkürzungen bei. Die stärksten Impulse für den Arbeitsmarkt und die Investitionsnachfrage kommen aus der Industrie.

Konjunkturklima nach Wirtschaftssektoren

Die Erholung der mittelfränkischen Industrie, die sich schon im Herbst ankündigte und zu Jahresbeginn 2021 an Fahrt zulegen konnte, gewinnt weiter an Breite und Geschwindigkeit. Die aktuelle Lage wird von einer deutlichen Mehrheit der Befragten positiv beurteilt, die Geschäftserwartungen verbessern sich weiter. Deutlichstes Signal für die Nachhaltigkeit des Aufschwungs sind die expansiven Investitionspläne, in deren Gefolge nun nach der strukturellen Konsolidierung 2019/20 die Belegschaften wieder kräftig wachsen sollen.

Weiter stabil entwickelt sich die Bauwirtschaft. In der Geschäftslage zeigt sich der Saldo aus „gut“- und „schlecht“-Urteilen mit + 67 gegenüber dem vergangenen Frühjahr deutlich verbessert. Dagegen bleiben aufgrund der Lieferengpässe und Preissteigerungen bei Baustoffen die Geschäftserwartungen (Saldo –9) zurück. Folglich herrscht weiter Zurückhaltung bei Investitionsplanungen, immerhin jedoch erfordert die gute Auftragslage wieder steigende Belegschaften in den Sommermonaten.

In den unternehmensnahmen Dienstleistungen kommen nicht alle Befragten mit gleichem Tempo auf ihrem Weg der Erholung voran. IT-Dienstleister und im Gefolge der wachsenden Industrie mittlerweile auch die Logistik konnten sich seit dem Absturz vor einem Jahr am deutlichsten verbessern, dagegen kämpfen Beratung, Medien und Werbung, Immobiliendienstleistung sowie Kongress- und Messewesen noch mit den Folgen der schon seit dem ersten Lockdown weggebrochenen Nachfrage. Nachholeffekte sind hier eher nicht zu erwarten, Erholungseffekte verzögern sich, je länger die Restriktionen im zweiten Lockdown andauern. Investitionspläne bleiben zurückhaltend, und auch die Beschäftigungsplanungen haben an Schwung verloren und entwickeln noch keine Triebkraft am Arbeitsmarkt.

Dem Handel begegnen die beiden verschiedenen Gesichter der Konjunktur wie keiner anderen Branche. Unter Groß- und Außenhandelsbetrieben sowie Handelsvertretungen hat sich die Lage weiter verbessert. Im Geschäft mit industriellen Vorprodukten oder mit Baustoffen häufen sich angesichts der Lieferengpässe bei anziehender Nachfrage höhere Verkaufspreise. Dagegen prägen Unzufriedenheit und mangelnde Perspektive die Stimmung in der Mehrzahl der Einzelhandelsbetriebe – obwohl etwa der Lebensmitteleinzelhandel zu den Umsatzgewinnern in der Pandemie zählt. Auch der im Lockdown immer bedeutendere Online-Umsatz reicht nicht aus, um die Einbußen im stationären Geschäft zu kompensieren. Selbst wer Click & Meet oder wenigstens Click & Collect versuchen darf, kann damit noch lange nicht die nötigen Erlöse erzielen, um mehr als nur einen kleinen Teil der Kosten zu decken.

Noch keine Entspannung empfinden auch die Befragten aus verbrauchernahen Dienstleistungen sowie Gast- und Reisegewerbe. Diese Wirtschaftszweige waren im ersten Lockdown und auch während des Sommers 2020 von besonders starken Umsatzeinbrüchen betroffen. Der Herbst-Aufschwung anderer Branchen fiel hier aus, zu Jahresbeginn 2021 ging es im zweiten Lockdown weiter abwärts. Diese dramatische Situation hat sich im Frühjahr 2021 verfestigt. Wie schon zu Jahresbeginn kann kein einziger Betrieb aus dem Reise-, Beherbergungs- oder Bewirtungsbereich seine Lage als „gut“ oder wenigstens „befriedigend“ beurteilen. Mit Blick auf den Sommer und die dringend erhoffte Rückkehr von Normalität entwickeln sich wenigstens die Geschäftserwartungen nach oben, und in Vorbereitung einer Sommersaison werden etwas mehr Investitionen geplant. Am Arbeitsmarkt werden sich diese zaghaften Impulse aber noch nicht niederschlagen.

Investitions- und Beschäftigungspläne

Über alle mittelfränkischen Befragten erscheinen die Investitionsplanungen verbessert. Gegenüber dem Jahresbeginn resultiert eine Vorzeichen-Umkehr des Saldos von minus sechs auf plus sechs Punkte. 24 Prozent der Befragten planen steigende Investitionsausgaben, 34 Prozent wollen sie konstant halten, 18 Prozent haben ihre Planungen nach unten korrigiert. Bedenklich erscheint der nochmals etwas gestiegene Anteil von 24 Prozent der Betriebe, die auf jegliche Investitionsvorhaben vorläufig verzichten. Manche Betriebe sehen sich veranlasst, zur Absicherung internationaler Lieferketten primär in den Aufbau von Lagerkapazitäten zu investieren.

In den Beschäftigungsplänen der mittelfränkischen Betriebe gibt die Corona-Krise weiterhin die Richtung vor. Jeder dritte Betrieb muss Personalkapazitäten an eine verminderte Nachfrage anpassen. Davon setzen 80 Prozent auf die erweiterten Möglichkeiten der Kurzarbeit. Dagegen sind Anpassungen durch reduzierte Zeitarbeit, durch das Auslaufen befristeter Arbeitsverhältnisse oder durch betriebsbedingte Kündigungen seltener geworden als noch zu Jahresbeginn. Über alle Branchen hinweg planen 20 Prozent der Befragten mit geringeren Belegschaften, 15 Prozent mit einer höheren Beschäftigung. Das derzeitige Minus von 5 Punkten im Saldo bedeutet bereits eine Verbesserung um 33 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr. Speziell die wachsenden Beschäftigungsplanungen aus der Industrie und etlichen unternehmensnahen Dienstleistungsbetrieben kündigen zunehmende Engpässe bei der Fachkräftesicherung an.

Wirtschaftliche Risiken auf dem Weg aus der Corona-Krise

Unabhängig von der Branche war die Corona-Krise im Jahr 2020 von der Sorge um die Nachfrage geprägt. Dies überrascht nicht, da der weitere Verlauf der Umsatzerlöse von den Befragten als entscheidend für die betriebliche Liquiditäts- und Ertragsentwicklung angesehen wurde. Doch in Verbindung mit der konjunkturellen Erholung auf den wichtigen Auslandsmärkten der mittelfränkischen Industrie haben im Laufe des Jahres 2021 das Risikopotenzial von Inlands- und Auslandsnachfrage zunehmend vermindert. Statt dessen steht die Sorge um wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen (59 nach 57 Prozent) nun an erster Stelle. Ebenfalls konsistent mit einer konjunkturellen Erholung sind wieder wachsende Fachkräfteengpässe (44 nach 38 Prozent). Am deutlichsten fällt der Anstieg bei der Risikoeinschätzung der Preisentwicklung für Energie und Rohstoffe aus (40 nach 29 Prozent zu Jahresbeginn und 15 Prozent im letzten Herbst).

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