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Wie nachhaltig ist die Konjunkturbelebung?

Die deutsche Wirtschaft wächst wieder – dies verkündete die Deutsche Bundesbank in ihrem jüngsten Monatsbericht und präsentierte ihre Berechnungen, wonach das Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal 2002 um 0,25 Prozent gegenüber dem vierten Quartal 2001 gewachsen ist. In den beiden vorausgegangenen Vierteljahren war die deutsche Wirtschaftsleistung noch rückläufig. Ist damit das konjunkturelle Tal durchschritten?

Können wir die Mahnungen, die deutsche Wirtschaft bilde das Schlusslicht beim Wachstum in Europa, schon zu den Akten legen? Die Bundesbank schätzt die Situation noch immer als labil ein und spricht von einer „leichten Erholungsphase“, die „nicht breit fundiert“ sei. Tatsächlich geht das Mini-Wachstum von einem viertel Prozent auf den Außenbeitrag zurück, doch auch nur, weil die wachstumsmindernden Importe noch stärker geschrumpft sind als die wachstumserhöhenden Exporte. Das ist aber ein deutliches Indiz für die noch immer schwache Inlandsnachfrage. Da passt es ins Bild, wenn in der Mitte Mai abgeschlossenen IHK-Konjunkturumfrage das Urteil der mittelfränkischen Unternehmen über ihre aktuelle Lage so schlecht ausfällt wie seit der deutschen Wiedervereinigung noch nie.


Doch in der Region keimt auch Hoffnung: Für die kommenden Monate erwartet eine Mehrheit der mittelfränkischen Unternehmen eine Besserung. Um ein gut fundiertes Wachstum zu erzielen, ist jedoch eine Flankierung durch die Bundespolitik gefragt: Die Wirtschaft kann nicht bis zum 22. September warten, wenn der Bundestag neu gewählt wird.


Unser Land braucht mehr Leistungs- und Risikobereitschaft. Die Liste der dafür notwendigen Reformen ist lang, doch ein Punkt fordert rasches Handeln: Wir müssen unsere Arbeitsmärkte deregulieren und niedrigere Lohnzusatzkosten durchsetzen. Nur so entsteht mehr Beschäftigung, und dann erhöht eine steigende Zahl von Beschäftigten auch die inländische Nachfrage und das Wirtschaftswachstum.


Wenn wir mit einer Flexibilisierung des Arbeitsmarktes Ernst machen, statt uns bei einem viertel Prozent Anstieg der Wirtschaftsleistung in verfrühter Sicherheit über den kommenden Aufschwung zu wiegen, dann könnte Deutschland als größte Volkswirtschaft der EU bald auch die „rote Laterne“ beim Wachstum abgeben.
Autor/in: 
Präsident Hans-Peter Schmidt
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2002, Seite 3

 
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