Die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg ist mit 21 000 Studenten und elf Fakultäten ein wichtiger Standortfaktor für die Innovationsregion Nürnberg. Am 1. April 2002 trat der neu gewählte Rektor Prof. Dr. Karl-Dieter Grüske, bisher Inhaber des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre (insb. Finanzwissenschaft) an der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät, sein Amt an. WiM sprach mit ihm über die Perspektiven der Hochschule.
Innovation entsteht heute an den Schnittstellen der traditionellen Fächer. Hier werden wir verstärkt tätig, um
über die hohe Zahl von zehn Sonderforschungsbereichen hinaus neue, Erfolg versprechende Forschungsfelder z.B.
durch die Vernetzung der Medizin und der Natur- und Ingenieurwissenschaften zu eröffnen. In der Lehre wird das
Studienangebot durch eine Reihe neuer internationaler und interdisziplinärer Studiengänge noch attraktiver
gestaltet. Ein wesentlicher Faktor für ein schnelles und erfolgreiches Studium ist auch das Lernumfeld. Hier
setzen wir mit der Projektinitiative „Studierende im Mittelpunkt“, kurz „StiM“,
entscheidende Akzente. Wir wollen auf die Bedürfnisse der Studierenden als „Kunden“ besser als
bislang eingehen und Verwaltungs- und Verfahrensabläufe, aber auch die Studienorganisation optimieren.
Wie beurteilen Sie die Schnittstellen zur Wirtschaft?
Spitzenforschung muss natürlich auch umgesetzt werden. Deshalb ist die Praxis- und Anwendungsnähe eines der
Leitmotive der Universität Erlangen-Nürnberg. Mit einer eigenen Stelle für Technologie- und Wissenstransfer, der
bei uns angesiedelten Erfinderberatungsstelle für Nordbayern und der Gründerberatung, um nur einige Beispiele zu
nennen, leisten wir innerhalb der Universität qualifizierte Hilfestellung. Charakteristisch ist das Engagement
unserer Wissenschaftler in Forschungsverbünden, wo ja immer auch Unternehmen mit im Boot sitzen. Daneben gibt es
auch eine unüberschaubare Anzahl von Einzelprojekten von Lehrstühlen oder Instituten in Kooperation mit
Unternehmen. Der Beweis für unsere Verankerung in der regionalen Wirtschaft sind nicht zuletzt die in den letzten
Jahren eingerichteten Stiftungs- und Gastprofessuren oder spezielle Patenschaftsprogramme mit der
Wirtschaft.
Wie steht ihre Universität im internationalen Vergleich da?
Die Universität Erlangen-Nürnberg ist im internationalen Vergleich mit ihren Leistungen in Forschung und Lehre
sehr gut positioniert. Unsere Professoren treiben Spitzenforschung und sind in der Einwerbung von Drittmitteln
bundesweit führend. Nachwuchsakademiker und Forschungsleistungen werden international stark nachgefragt und
führen zu zahlreichen Kooperationen. Mit über 500 Universitäten pflegen wir Partnerschaften. Besonders
hervorheben möchte ich auch unser MBA-Projekt mit der renommierten Tongji Universität Shanghai. Die Absolventen
dieses Programms erhalten den Master of Business Administration von der FAU in Verbindung mit der chinesischen
Partnerhochschule.
Im aktuellen Hochschulranking des „stern“ liegt die Universität Erlangen-Nürnberg zumeist im
Mittelfeld. Woran liegt das?
Rankings müssen sehr differenziert betrachtet werden. Es ist unredlich, aus allen Benotungen einfach nur den
Durchschnitt zu bilden. Beispielsweise wird uns bei den Forschungsleistungen im Bereich Betriebswirtschaftslehre
ein Spitzenplatz attestiert. Demgegenüber rangieren wir bei der Studentenbetreuung in einigen Fällen in der
unteren Hälfte, eine Beurteilung, die wir mit vielen anderen historisch gewachsenen, großen Universitäten mit
politisch verordnetem Massenbetrieb teilen. Dort ist das akademische Umfeld zwangsläufig manchmal weniger intim
als in einer Kleinstadt-Universität. Gleichwohl registrieren wir die Ergebnisse aufmerksam und sind bereits
aktiv. Ein Beispiel ist hier das schon erwähnte StiM-Projekt. Außerdem habe ich in meinem Zehn-Punkte-Programm
eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung unserer Position aufgenommen.
Die Universität hat ihren Hauptsitz in Erlangen, sie kommen von der WiSo in Nürnberg und auch in Fürth
gibt es jetzt eine Dependance. Wie ist das Verhältnis der Standorte untereinander?
Da ich beide Standorte aus Erfahrung gut kenne, stehe ich hier für ein integratives Konzept. Die räumliche
Distanz ist jedoch kein Hindernis für eine enge und äußerst fruchtbare Zusammenarbeit in Forschung und Lehre über
Fakultäts- und Städtegrenzen hinweg. Zwischen Erlangen und Nürnberg haben wir ja schon vier Jahrzehnte Erfahrung.
Auch die Einrichtungen in Fürth sind personell und wissenschaftlich eng mit Erlangen verbunden. Von welchem
Universitätsstandort Innovation letztlich ausgeht, ist in unserem Kommunikationszeitalter eher zweitrangig.
Wichtig ist mir, dass sich die Region insgesamt als hochrangiger Wissenschaftsstandort begreift.