Telefon: +49 911 1335-1335

Scheitelpunkt zwischen Nordsee und Schwarzem Meer

Zwei Jubiläen kann die Verkehrswirtschaft in der Region Nürnberg in diesem Jahr feiern: 30 Jahre Güterverkehrszentrum Hafen Nürnberg (GVZ) und 10 Jahre Vollendung des Main-Donau-Kanals. Das GVZ ist in Süddeutschland die gr ...

Zwei Jubiläen kann die Verkehrswirtschaft in der Region Nürnberg in diesem Jahr feiern: 30 Jahre Güterverkehrszentrum Hafen Nürnberg (GVZ) und 10 Jahre Vollendung des Main-Donau-Kanals. Das GVZ ist in Süddeutschland die größte Einrichtung ihrer Art, rund 5 400 Arbeitsplätze sind in den dort ansässigen Unternehmen entstanden. Mit dem Kanal ist die mittelfränkische Wirtschaft an die rund 3 500 Kilometer lange, direkte Verbindung zwischen Nordsee und Schwarzem Meer angebunden.

Anlässlich des 30-jährigen Bestehens des Güterverkehrszentrum (GVZ) Hafen Nürnberg und des 10-jährigen Bestehens des Main-Donau-Kanals finden am Hafen Nürnberg und entlang des Kanals zahlreiche Veranstaltungen zu diesen beiden Jubiläen statt. Die Feiern beginnen am 27. September 2002 im Nürnberger Hafen. Neben einem Unterhaltungsprogramm bietet der Gastgeber, die Hafen Nürnberg-Roth GmbH, eine Schifffahrt mit zwei Talkrunden zur Thematik „Main-Donau-Kanal“ und „30 Jahre Nürnberger Hafen“ an. Zu den Talkrunden sind Vertreter aus den Bereichen Verkehrswirtschaft, Industrie, Tourismus, Naturschutz und aus dem GVZ eingeladen.

Güterverkehrszentrum Hafen Nürnberg
Das Güterverkehrszentrum Hafen Nürnberg wurde am 23. September 1972 nach fünfjähriger Bauzeit eingeweiht. Im Verlauf von 30 Jahren ist es mit seiner Anbindung an die drei Verkehrsträger Schiene, Straße, Wasser (im Fachjargon: trimodale Anbindung), einer Fläche von rund 337 Hektar und mit mehr als 260 dort ansässigen Unternehmen aus Transport, Umschlag und Lagerwirtschaft zu einem wichtigen logistischen Schnittpunkt für die lokale, regionale und überregionale Verkehrswirtschaft herangewachsen. Inzwischen sind rund 5 400 Arbeitsplätze vor Ort entstanden. Hinzu kommt, dass auf einen hafenabhängigen Arbeitsplatz im Verkehrssektor zwei bis drei zusätzliche Stellen in anderen Sektoren wie Dienstleistung, Handel, Bau und Industrie entfallen. Damit ergeben sich weitere 8 300 hafenabhängige Arbeitsplätze im Umkreis.

Die Anbindung an die Autobahnen A 73, A 3, A 6 und A 9 sowie an das Schienennetz der Deutschen Bahn AG machen den Nürnberger Hafen zur wichtigsten Verkehrsdrehscheibe in Süddeutschland und zu einem der am besten erschlossenen Binnenhäfen der Bundesrepublik.

Das GVZ verfügt über komplexe Ausstattungen zum rationellen und sicheren Umschlag von Massen-, Stück- sowie Schwer- und Sperrgütern. Im vergangenen Jahr wurden im Nürnberger Hafen 40 000 Container umgeschlagen und 260 Schwer- und Schwerstkollis mit einem Gesamtgewicht von ca. 19 000 Tonnen verladen.

Der Schwergut-Umschlagplatz besitzt die Infrastruktur für den konventionellen Schwergutumschlag (Straße/Schiene/Schiff) sowie eine Roll-on-Roll-off-Anlage mit Verladebecken für Gewichte bis 1 250 Tonnen. Die Palette der Schwer- und Sperrgüter reicht von Yachten, über Schwimmbagger, Kranteile, Schmelzöfen, Apparate für die chemische Industrie, schwere Maschinen bis zu Reaktorteilen und Großtransformatoren.

Perspektiven des Güterverkehrszentrums
Auf Grund des wachsenden Güteraufkommens plant die Hafen Nürnberg-Roth GmbH für 2003 den Bau einer trimodalen Umschlagsanlage. Die 25 Mio. Euro teure Einrichtung ist für den Umschlag von Containern und Wechselbrücken mit einer Umschlagkapazität von 150 000 TEU pro Jahr gedacht (TEU ist eine logistische Maßeinheit: 1 TEU entspricht einem Container mit einer Länge von sechs Metern). Um dieses Bauvorhaben realisieren zu können, wird das dritte Hafenbecken ausgebaut. Dadurch entsteht nicht nur ein neuer Containerumschlagsplatz, sondern es werden auch zusätzliche Kapazitäten im wasserseitigen Umschlag von Sperrgut und Schwergut mit mobilem Gerät geschaffen.

Der Main-Donau-Kanal - die Verbindung nach Osteuropa
Mit der durchgehenden Inbetriebnahme des Main-Donau-Kanals am 25. September 1992 gewann der Hafen Nürnberg als Bindeglied für die europäischen Wirtschaftsregionen noch an Bedeutung. In den Jahren zuvor wurde der gesamte Wirtschaftsraum über Main und Rhein erschlossen. Mit der Fertigstellung des Kanals nach 32 Jahren Bauzeit entstand nun eine Verbindung zu acht Donau-Anliegerstaaten in Osteuropa.

Volkswirtschaftliche Bedeutung
Der Main-Donau-Kanal ist ein Bestandteil der Rhein-Main-Donau Verbindung, die als transkontinentale Wasserstraße mit einer Länge von 3 469 Kilometern die Nordsee mit dem Schwarzen Meer verbindet. Entlang dieser Wasserstraße liegen bedeutende Wirtschaftszentren, in deren Einzugsgebiet über 220 Mio. Menschen in 14 Ländern leben. Nürnberg liegt sehr nahe am Scheitelpunkt des Main-Donau-Kanals, der mit 406 Metern über Normalnull die höchst gelegene Wasserstraße in Europa ist.

In den zehn Jahren des Bestehens hat der Kanal die Erwartungen, die man in ihn setzte, mehr als erfüllt. 2001 lag der Gütertransport auf dem Kanal bei ca. 7,5 Mio. Tonnen (siehe Graphik). Dies lässt zwar einen leichten Rückgang der Transportzahlen zum Vorjahr erkennen (8,5 Mio. Tonnen), aber bereits im Jahr 2000 wurden die an sich erst für das Jahr 2010 erwarteten Gütermengen transportiert. Insgesamt ließen sich auf dem Main-Donau-Kanal bis zu 18 Mio. Tonnen pro Jahr befördern. Damit ist der Kanal bereits zehn Jahre nach seiner Fertigstellung mit 40 bis 50 Prozent seiner technischen Maximalleistung ausgelastet.

Der Main-Donau-Kanal wurde 2001 von mehr als 7 000 Güterschiffen als Wasserstraße benutzt. Den größten nationalen Anteil haben nach deutschen Schiffen (ca. 55 Prozent) die Niederlande mit knapp 27 Prozent. Das Hauptgüteraufkommen verteilt sich auf Nahrungs- und Futtermittel (31 Prozent), Erze und Metallabfälle (17 Prozent) und land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse (11,5 Prozent).

Beobachter des Schiffsverkehrs am Main-Donau-Kanal wundern sich oft über die geringe Anzahl von vorbeifahrenden Schiffen und schließen daraus auf eine schlechte Auslastung der Wasserstraße. Dabei unterschätzen sie die Größe des „Transportgefäßes“, denn ein großes Gütermotorschiff kann so viel Ladung transportieren wie 100 Lkw (à 20 Tonnen). Auch die Abmessungen der Schleusen und der Schleusentakt begrenzen die Leistungsfähigkeit: In eine Schleusenkammer von 190 Metern Länge und 12 Metern Breite passen zwei Schiffe mittlerer Größe hinein. Eine Tal- und Bergschleusung dauert im Durchschnitt eine Stunde. Das bedeutet, dass in einer Stunde maximal zwei Schiffe zu Berg und zwei Schiffe zu Tal fahren können. Auf Grund der gemeinsamen Schleusung fahren zwei Schiffe unmittelbar hintereinander auf dem Kanal. Hält sich der Beobachter also nur kurz an der Wasserstraße auf, ist die Wahrscheinlichkeit, ein Schiff zu sehen somit relativ gering.

Wasserwirtschaftliche Funktion
Der Main-Donau-Kanal ist aber nicht nur ein nationaler Gütertransportweg mit internationaler Bedeutung, sondern hat neben seiner volks- und verkehrswirtschaftlichen Funktion weitere wichtige Aufgaben: Er dient als Überleitungssystem von Wasser aus dem wasserreichen Donaugebiet in das wasserarme Regnitz-Main-Gebiet, mit dem Ausbau der Wasserstraße verbesserte sich der Schutz vor Hochwasser. Zudem ist die Nutzung der Wasserkraft als Energiequelle mit der Vollendung des Kanals ausgebaut worden.

Schließlich wurde auch die touristische Infrastruktur der Region durch den Kanalbau deutlich verbessert. Entlang der neuen Wasserstraße wurden attraktive Naherholungsmöglichkeiten wie Personenschifffahrten und Radwege geschaffen. Die auch als Speichermedien des Kanals geschaffenen Seen (Rothsee, kleiner und großer Brombachsee, Igelsbachsee und Altmühlsee) sind inzwischen unter dem Begriff „Neues Fränkisches Seenland“ bei Erholungssuchenden aus der Region und bei Urlaubern bestens bekannt. Das Seenland ist inzwischen eines der am schnellsten wachsenden Feriengebiete in Deutschland. Im Jahr 2000 wurden 1,85 Mio. Gästeübernachtungen gezählt, 5,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Im Sommer 2001 lag der Zuwachs der Übernachtungen sogar bei über 15 Prozent – ein Spitzenwert unter den bayerischen Urlaubsregionen.

Ausbau der Donau bei Straubing - Vilshofen
Als Bindeglied zwischen den Stromsystemen des Rheins und der Donau ist der Main-Donau-Kanal jedoch nur ein Teilstück der Rhein-Main-Donau-Wasserstraße, deren Leistungsfähigkeit vom Zustand der angrenzenden Flussstrecken maßgeblich beeinflusst wird. Insbesondere wird der internationale Verkehr auf der Donau nach wie vor durch das 69 Flusskilometer lange „Nadelöhr“ Straubing - Vilshofen beeinträchtigt. Der derzeit vorgesehene „sanfte Ausbau“ dieses Teilstücks wird aus Sicht der Wirtschaft keine ausreichende Nutzung der Donauwasserstraße für die Binnenschifffahrt ermöglichen. Die Variante A (flussbauliche Maßnahmen) führe keineswegs zu einer erheblichen Verbesserung der Binnenschifffahrt. Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit und Wirtschaftlichkeit würden bei dieser Variante erheblich beeinträchtigt. Gemäß internationalen Standards sollte – unter Berücksichtigung des Hochwasserschutzes – auch auf dieser Strecke eine Abladetiefe von mindestens 2,5 Metern ermöglicht werden.

Veranstaltungen am Kanal
Zum zehnjährigen Jubiläum des durchgängigen Schiffsverkehrs auf dem Main-Donau-Kanal wird es vom 25. bis 29. September 2002 eine Wanderausstellung geben, die an verschiedenen Schleusen entlang des Kanals Station macht
.
Diese Ausstellung informiert über die Aufgaben der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung und über die Arbeit des Wasser- und Schifffahrtsamtes Nürnberg. Neben einer Besichtigung der Schleusenanlage und eines Bootes der Wasserschutzpolizei besteht für die Besucher auch die Möglichkeit, an einer Schifffahrt auf dem Kanal teilzunehmen.

Darüber hinaus nehmen wichtige nationale wie internationale Verbände und Vereinigungen diese Jubiläumswoche zum Anlass, Tagungen am Kanal durchzuführen: So hat die Europäische Binnenschifffahrtsunion (EBU) die Stadt Kelheim als Tagungsort ausgesucht und wird dort am 24. und 25. September eine Generalversammlung und Sitzung des Verwaltungsrates durchführen. Die Ende 2001 aus acht nationalen Verbänden der Schifffahrt gegründete Union ist eine wichtige europäische Interessengemeinschaft für Binnenschifffahrt und europäische Verkehrspolitik.

Auch die Arbeitsgruppe Wasserstraßen der Union Europäischer Industrie- und Handelskammern Rhein, Rhône, Donau, Alpen (UECC) hat diesen Termin für die nächste Tagung gewählt und ihre Mitglieder aus acht europäischen Staaten nach Kelheim eingeladen. Und schließlich wird der Deutsche Wasserstraßen- und Schifffahrtsverein Rhein-Main-Donau (DWSV) gemeinsam mit dem Arbeitskreis Deutsche und Österreichische Donau-Häfen am Vormittag des 25. September auf dem Kanal eine Fachtagung durchführen. Namhafte Referenten werden dabei eine Bilanz der Auswirkungen des Kanals auf Volkswirtschaft, Verkehrswirtschaft, Wasserwirtschaft, Umwelt, Energie und Tourismus ziehen.

Der Ausschuss für Verkehr und Logistik der Nürnberger IHK wird seine Herbstsitzung am 18. September 2002 ebenfalls am Nürnberger Hafen abhalten und sich mit der Bedeutung des Güterverkehrszentrums und des Main-Donau-Kanals befassen.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2002, Seite 8

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick