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Über den Wolken müssen die Preise wohl grenzenlos sein ...

Fluggesellschaften wie die irische Ryanair und die britische Easyjet haben es vorgemacht, wie erfolgreich das Angebot von Billigflügen sein kann. Nun zogen auch die großen etablierten Fluggesellschaften wie Lufthansa/Eurowings und TUI/Hapag-Lloyd nach und unterbieten sich fast wöchentlich mit neuen Billigflugpreisen.

Die Zauberformel, die dabei immer wieder auftaucht, kommt aus England: „No Frills“, was übersetzt soviel heißt wie „ohne Schnickschnack, ohne Zierrat“. Im Klartext, der übliche Service von kostenlosen Zeitungen und Verpflegung an Bord wird abgeschafft, um somit die Kosten klein zu halten.

Zwei Große im Billigfliegfieber
Mit der neu gegründeten Eurowings-Tochter „Germanwings“ wird auch die Lufthansa, künftig ein Standbein im Billigfliegermarkt haben. Die Anteile an dieser neuen Billigfluglinie liegen zu 100 Prozent in den Händen von Eurowings. Sie bietet im Streckennetz der Lufthansa Regionalflüge an und Germanwings soll ausschließlich das Billigflugsegment bedienen. Dennoch sieht Lufthansa hier die Chance über ihre Anteile an Eurowings, die im Augenblick bei 24,9 Prozent liegen und bis 2004 auf 49 Prozent aufgestockt werden sollen, auf den Markt mitzumischen. Ab dem 27. Oktober 2002 soll Germanwings vom Heimatflughafen Köln/Bonn aus zehn europäische Ziele anfliegen. Ziel sei, auch jene Gruppen als Kunden für den Flugverkehr zu gewinnen, die bisher immer mit der Bahn oder dem Auto unterwegs waren, sowie sparwillige Geschäftsreisende.

Dafür wird laut Eurowings-Chef Friedrich-Wilhelm Weitholz Germanwings im Winterflugplan 2002/2003 fünf Airbusse der Eurowings-Flotte betreiben. In der ersten Stufe sollen täglich drei innerdeutsche Verbindungen zwischen Köln/Bonn und Berlin sowie tägliche Flüge nach Barcelona, London, Madrid, Mailand, Nizza, Paris, Rom, Wien und Zürich stattfinden. Für alle Flüge ist bei Germanwings eine Platzkapazität von 20 Prozent für das Billigangebot von 29 Euro vorgesehen. Die Hälfte der Plätze wird Germanwings für 59 Euro anbieten und die restliche Sitzplatzkapazität soll für die Passagiere nicht teurer sein als 60 Prozent des Economy-Preises. Bei allen Preisangaben sind die Steuern und Gebühren schon mit enthalten. Der Verkauf der Flugtickets soll zum größten Teil über das Internet abgewickelt werden, um die sonst üblichen Provisionen an die Reisebüros einzusparen. Nur wenn man über das Call-Center buchen oder umbuchen möchte, werden zusätzliche Gebühren erhoben. Eine Ausweitung dieser Angebote auf den Flugverkehr von Eurowings am Nürnberger Flughafen ist bisher noch nicht vorgesehen. Dennoch gibt es auch ab Nürnberg ein neues Angebot der Fluggesellschaft. Ab dem 27. Oktober gibt es zum Beispiel alle innerdeutschen Flüge schon ab 88 Euro inklusive Steuern und Gebühren (siehe Tabelle).

Mit dem Touristikanbieter TUI und der Fluggesellschaft Germania ließ sich schon der zweite große Flugreiseanbieter vom Billigfliegfieber anstecken. Unter dem neuen Markennamen Hapag-Lloyd Express wird TUI genau wie Germanwings ab dem Flughafen Köln/Bonn europäische und innerdeutsche Strecken kostengünstig und ohne „Frills“ anbieten. Auf den ersten Blick unterbietet TUI mit den Angeboten, ab Dezember dieses Jahres für 10 Euro innerhalb Deutschlands zu fliegen und für 25 Euro europaweit, noch die Preise von Germanwings. Doch schaut man etwas genauer hin, wird deutlich, dass diese Preise pro Strecke gelten und die Gebühren und Steuern noch nicht mit enthalten sind. Als Flugziele werden unter anderem Dresden, München und Berlin sowie Barcelona, Mailand, Paris und London genannt. Die bereits bestehenden Billigflug-Angebote von Germania würden in das neue Streckennetz integriert. Vorteil zu Germanwings ist, dass man bei TUI nach wie vor auch die Flugtickets für die Billigflüge im Reisebüro und im Internet bekommen kann.

Im „City-Shuttle“ noch London
Auch wenn der Name etwas anderes vermuten lässt, ist es immer noch eine Boeing, mit der bei Air Berlin geflogen wird. Das „City-Shuttle“ verkehrt ab dem 18. Oktober von Dortmund, Münster/Osnabrück, Paderborn/ Lippstadt, Düsseldorf, Hamburg, Nürnberg und Berlin. Angeflogen werden aber nur Ziele außerhalb von Deutschland, wie z.B. London-Stansted, Mailand-Bergamo und Wien. Von Nürnberg aus wird nur London-Stansted angeflogen. Der Preis für eine Strecke beträgt 49 Euro inklusive Flughafengebühren und Steuern. Dies sei aber nur ein Eckpreis, so der Air Berlin-Geschäftsführer Joachim Hunold, die Tarife können je nach Buchungslage, mal höher oder niedriger liegen. Wichtig zu wissen ist, dass die Flüge nach London nur täglich um 19.35 Uhr die Rollbahn in Nürnberg verlassen. Im Gegensatz zu den anderen Billigfliegern müssen Air Berlin-Gäste im „City-Shuttle“ nicht auf den sonst üblichen Service verzichten. Alkoholfreie Getränke und ein Imbiss werden weiterhin kostenfrei angeboten.

Wer solche Angebote hört, möchte am liebsten sofort statt am Bahnhof mal wieder auf den verspäteten ICE zu warten gleich in den nächsten Flieger steigen. Doch die Billigflüge sind schwierig zu bekommen, da das Ausfindigmachen des richtigen Fluges am richtigen Flughafen und zur richtigen Zeit meist mit einer aufwändigen Internet-Recherche verbunden ist. Die niedrigen Tarife haben oft eine Vorausbuchfrist von einer Woche oder mehr und oft müssen die Fluggäste von abseits gelegenen Flughäfen starten. Für den Kunden gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder er bucht wie in der Vergangenheit nervenschonend seinen Flug über ein Reisebüro oder er verbringt ein wenig Zeit mit der Recherche im Internet. Den günstigsten Tarif erhält er eindeutig im Internet, da hier die Fluggesellschaften meist eine Ermäßigung bei der Buchung übers Web anbieten, z.B. Lufthansa. Zudem fällt bei der Online-Buchung das oft kurz vor dem Abflug lästige Suchen nach dem Ticket weg. Da man beim Kauf übers Internet keine Flugunterlagen bekommt, wird mit der Kreditkarte eingecheckt. Bis man aber zum wirklich günstigsten Tarif gelangt ist, hat man einen langen Weg durch die virtuellen Flughäfen zurückgelegt. Lufthansa zum Beispiel zeigt den Preis nicht auf der Web-Seite der Flugauswahl an, sondern erst kurz vor der Buchung.

Zeit ist Geld
Bei allen Anbietern hängt der Preis vom Flugtermin ab. Wer günstig fliegen möchte, muss rechtzeitig buchen und die Hauptreisezeiten wie das Wochenende meiden.

Fast alle Fluggesellschaften haben nur eine geringe Sitzplatzkapazität pro Flugzeug, die zum billigeren Tarif angeboten wird. Sind die „billigen Plätze“ belegt, muss man den nächsten Flieger nehmen oder doch wieder auf die Deutsche Bahn warten.
Die echten Billigflieger wie Ryanair und Easyjet verkaufen ihre Tickets ausschließlich online oder über Call-Center. Sie verzichten auf Extras, haben kein Essen an Bord, keine Vielfliegerprogramme, keine Lounges, keine Sitzplatzreservierung, keine Fracht. Frei nach dem Fliegermotto: „... und alles, was uns vorher groß und wichtig erscheint, ist plötzlich nichtig und klein“.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2002, Seite 20

 
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