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Weniger Besucher, aber unverändert gute Kontakte

Weniger Aussteller, weniger Fläche und weniger Besucher – die Rückgänge konnten der Weltleitmesse CeBIT nichts anhaben. Vielmehr soll die laut Branchenverband Bitkom „einzigartige Innovationsschau einer ebensolchen Industrie“ weiterhin Schrittmacher der deutschen Wirtschaftskraft bleiben. Daran konnte auch der Rückgang auf 6 500 Aussteller, die statt 400 000 Quadratmeter Fläche „nur“ noch 360 000 Quadratmeter belegten, nichts ändern. Die Region Nürnberg, 2002 noch mit knapp 80 Ausstellern präsent, zeigte diesmal mit 66 Unternehmen und Institutionen auf der CeBIT Flagge. Das Leitmotiv der Messe brachte Bundesinnenminister Otto Schily in Hannover auf den Punkt: „Hören wir auf zu jammern und zu greinen. Deutschland ist ein Online-Standort der Spitzenklasse.“

Keinen Grund zum Jammern hatte auch Dieter Kempf: „Bei uns läuft‘s“, sagte der Vorstands-Chef der Nürnberger Datev . Der Umsatz liege sogar höher als im Vorjahr. Die Genossenschaft war wieder mit einem 300-köpfigen Standpersonal angereist und hatte die Gesamtfläche sogar noch auf 700 Quadratmeter vergrößert. Positiv, und dieser Trend zog sich mehr oder minder durch alle Statements der Aussteller, war das „andere Publikum“, das zwar zahlenmäßig deutlich abgenommen, sich aber in der Kontaktqualität erheblich verbessert habe. Die traditionell schwachen Tage wurden durch ein intensives Messemarketing abgefedert. „Wer sich nur hinstellt und auf Besucher wartet, ist verraten und verkauft,“ ergänzte Datev-Sprecher Thomas Kähler. Die Datev lädt dagegen gezielt zum ersten und letzten Messetag ein, bietet Anreisegelegenheiten und weist auf die Möglichkeiten hin, sich ausgiebig etwa über Online-Anwendungen der Datev, neue SmartCard-Optionen oder den Basel II-orientierten Unternehmenscheck zu informieren.

Auch für die Erlanger Astrum gab es keinen Grund zur Klage. Als seine Art auf die Konjunktur zu reagieren, bezeichnete Firmen-Chef Walter Greul seine Entscheidung, seine Standfläche um über ein Viertel zu vergrößern. Zu den Neuheiten der Softwareschmiede gehörte das aktualisierte Risikomanagementsystem RM-Expert. Es beinhaltet neben den Modulen zu Risikoidentifikation, -analyse, -handhabung und Risikocontrolling einen Meilenstein-Plan sowie ein Frühwarnsystem, das rechtzeitig Alarm schlägt, wenn Schwellenwerte überschritten werden. „Ich bin zufrieden,“ sagte Greul, der die abgespeckte CeBIT begrüßte, weil das qualifizierte Publikum besser bedient werden konnte. Es gebe aber nach wie vor noch einen „Investitionsstau“, der sich erst im nächsten Jahr richtig lösen werde. Deshalb soll der Umsatz im laufenden Jahr nur leicht von knapp 13 Mio. Euro steigen, 2004 werden wieder zweistellige Zuwächse erwartet.

Dem Mega-Thema UMTS widmete sich Lucent Technologies, die mit Live-Demonstrationen gemeinsam mit T-Mobile und den Partnern HSB Systemhaus und HOB Vorteile des Mobilfunkstandards für Geschäftskunden erlebbar machen wollten. „Wir haben unsere Standfläche gleich groß gehalten,“ so Lucent-Sprecherin Martina Grueger, während direkte Mitbewerber ihre Präsenz deutlich abgespeckt hätten. Die Stimmung sei gut gewesen, man sei mit den Besuchen von Großkunden aus ganz Europa zufrieden. Das Minus bei den Kundendelegationen habe sich nur in der Größe der Gruppen, nicht aber in der Zahl der Gruppen bemerkbar gemacht. „Es war die richtige Entscheidung, die Kontaktchancen der CeBIT offensiv zu nutzen.“ Vor dem Hintergrund des mobilen Büros auf UMTS-Basis zeigte Lucent, wie Geschäftskunden mobil auf Unternehmensanwendungen zugreifen, Software-Updates aus Intranet und Internet abrufen oder schnelle Datendienste nutzen können. Denn beim Start der dritten Mobilfunkgeneration werde auf die professionellen Anwender als die ersten und wichtigsten Umsatzträger gesetzt.

Flankierend präsentierte die Tochter von Rödl & Partner, das HSB Systemhaus, wie sich mit einer Software Anwendungen, Betriebssysteme und Software-Updates über UMTS schnell verteilen lassen. Die Lösung verwaltet Programme auf Desktops, Servern, mobilen PCs und Handhelds und hilft, Support-Kosten zu senken und das System-Management zu optimieren. Alle Daten werden hochsicher mit Hilfe der Software „Secure Communications“ des Nürnberger Systemherstellers NCP übertragen. Auch die Live-Demo der Cadolzburger HOB verdeutlichte, wie Anwender auf Applikationen in ihrem Firmennetz zugreifen können. Dazu hat HOB zwei so genannte Client-Server-Lösungen für den Zugriff auf firmeneigene Rechner entwickelt und in die UMTS-Netzinfrastruktur von Lucent integriert.

Zu den Highlights aus dem Hause Siemens gehörte der Pen Tablet PC des Erlanger Geschäftsbereiches Siemens Medical Solutions, eine mobile elektronische Patientenakte. Der portable PC ermöglicht den Ärzten jederzeit einen Zugang zu den aktuellen Patientendaten direkt am Krankenbett und ist seit knapp einem halben Jahr im Klinikum Chemnitz im Feldtest. Von der CeBIT erhofft sich SiemensMed eine lebhafte Nachfrage, zumal etwa Röntgen- und Befundbilder direkt am Krankenbett und nicht mehr im Anschluss an die Visite am PC begutachtet werden müssen. Eine Wireless-LAN-Infrastruktur erlaubt dem Benutzer den stationsweiten mobilen Zugriff auf den Server und die dort gespeicherte Patientenakte sowie alle darin enthaltenen Daten und Röntgenbilder. Datenmanagement und Workflow können mit diesem System wesentlich effektiver gestaltet werden. Im Chemnitzer Test konnten immerhin bis zu 30 Minuten bei der Visite eingespart werden.

Zwar waren in diesem Jahr 28 Unternehmen der mittelfränkischen IuK-Branche nicht mehr auf der CeBIT vertreten, gleichzeitig fanden aber im Vergleich zum Vorjahr 15 neue Unternehmen und Einrichtungen den Weg nach Hannover. Die Zahlen zeigten, so Knut Harmsen, IT-Referent bei der IHK Nürnberg für Mittelfranken, die nach wie vor hohe Dynamik der Branche in der Region, die ausschnittsweise ihre Kompetenz einem Weltpublikum darstellte. Wie im letzten Jahr war die „Communic@tion Region Nürnberg“ durch die IHK Nürnberg für Mittelfranken und die Nürnberger Initiative für die Kommunikationswirtschaft NIK e.V. vertreten. Zu den 14 NIK-Mitgliedern, die auf der CeBIT Präsenz zeigten, gehörten neben Astrum, Datev, Grundig, Lucent und Siemens auch die Partner des e-government-Projektes „Media@Komm“ 100world, die INA-Consulting-Tochter COI und Curiavant. „Die Show-Atmosphäre der vergangenen Jahre ist deutlich weniger geworden, das Geschäft ist wieder mehr in den Vordergrund gerückt,“ stellte NIK-Geschäftsführer Michael Nordschild fest. Mehr als in den Vorjahren würden konkrete Lösungen dominieren, die der „IT wieder die Rolle als Arbeitsmittel“ zuweisen.

Der Lehrstuhl für BWL, insbesondere Wirtschaftsinformatik III, an der Universität Erlangen Nürnberg – ebenfalls ein NIK-Mitglied – stellte auf dem Gemeinschaftsstand von Bayern Innovativ ihre „adaptive Software“ vor. Dieses Software-Werkzeug des CeBIT-Neulings dient zur Analyse von Adaptionspotenzialen bei Software, das auch nachträglich an ein Programm „angeschlossen“ werden kann. Insgesamt beteiligten sich 22 Unternehmen und Forschungsinstitutionen aus dem gesamten Freistaat am Gemeinschaftsstand der Technologietransfer-Einrichtung Bayern Innovativ. Allein schon die Präsenz im „Future Park“ der CeBIT habe für eine gute Resonanz und hohe Frequenz gesorgt, aus denen fundierte Kontakte entstanden seien, fasste Geschäftsführer Prof. Dr. Josef Nassauer zusammen.

Erstmals war auch die Fürther braintransfer auf der IuK-Weltleitmesse vertreten, die zwei eigene, aber integrierbare Softwaremodule für das automatisierte Publishing vorstellte. So unterstützt der Image Server bei der einfachen und komfortablen Verwaltung und Bearbeitung von Bilddaten. Das zweite Modul, der Corporate Publisher, übernimmt die automatisierte Befüllung von Vorlagen mit Bildern oder anderen Inhalten. Auf diese Weise können Drucksachen unter Beachtung des Corporate Design mit hohem Individualisierungsgrad dezentral erzeugt werden. Mitgründer und Marketing-Vorstand Olaf Kreitz zeigte sich begeistert: Das Messegeschäft sei hervorragend und damit besser als erwartet verlaufen. Das 1998 gegründete Unternehmen, das 2001 zu den IHK-Gründerpreisträger gehörte, rechne nun mit der Markteinführung der Module im Mai mit ordentlichen Erlösen.

Eine Förderung des Bundesforschungsministeriums ermöglichte iSyst - Intelligente Systeme , eine Ausgründung aus der Fachhochschule Nürnberg, die Präsentation einer „Intelligenten Kamera“ auf der Future Park-Fläche. Die miniaturisierte Lösung liefert keine Bilder im herkömmlichen Sinn, sondern stellt die Ergebnisse der einprogrammierten Bildauswertung als Daten zur Verfügung. Alle Informationen, die nicht gefragt sind, werden zugunsten der tatsächlich geforderten Information ausgeblendet. Die Kamera, so wurde Forschungsministerin Edelgard Buhlmann beim Standbesuch erklärt, sei kinderleicht zu bedienen und könne im gesamten Spektrum der Personen- oder Objekterkennung bis hin zu Überwachungsaufgaben eingesetzt werden. Im Industrieeinsatz könnten die Kosten des Bildverarbeitungssystems auf etwa ein Zehntel reduziert werden.

Bereits zum 16. Mal war der Fürther Infrastrukturprovider Softwerk auf der CeBIT und stellte mit der Entwicklertochter Esirion intelligente Self-Service Web-Lösungen für die externe Online-Kommunikation vor. Möglich werde dadurch beispielsweise ein Online-Meeting von europaweit verteilten Kfz-Zulieferern oder auch eine Online-Präsentation für Kunden in Hongkong, die von Fürth aus vorgenommen werden kann, erklärte Softwerk-Chef Claus Bettag.

Erstmals war auch die Stadt Nürnberg auf der CeBIT vertreten, allerdings weniger zur Produktschau, sondern eher als Referenzkunde von Siemens Business Services (SBS) und der Nürnberger arf Gesellschaft für Organisationsentwicklung. Als eine der ersten deutschen Großstädte stellt Nürnberg sein Rechnungswesen auf das Doppik-System der Haushalts-, Kassen und Rechnungssystem um, um eine höhere Kostentransparenz im kommunalen Haushalt zu erreichen.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2003, Seite 20

 
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