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Eine Zeitreise durch Franken

Geschichte erleben lautet das Motto des Fränkischen Freilandmuseums in Bad Windsheim, das als eines der größten seiner Art in Süddeutschland gilt. Als kulturgeschichtliches Museum dokumentiert es auf fast 50 Hektar Fläche im Süden von Bad Windsheim gelegen das Bauen, Wohnen, Wirtschaften und Leben der unteren und mittleren Bevölkerungsschichten in Franken über rund 700 Jahre hinweg.

1979 wurde mit dem Aufbau begonnen und 2002 konnte das 20-jährige Bestehen seit der Eröffnung gefeiert werden. Unter der alleinigen Trägerschaft des Bezirks Mittelfranken sind im Laufe der Zeit über 75 Gebäude, davon allein mehr als 60 Wohnhäuser aus ganz Franken zusammengekommen. Drei regionale Baugruppen spiegeln dies wider: Im westlichen Geländeteil wurde ein Dorf mit Häusern aus Westmittelfranken, Steigerwald und Unterfranken aufgebaut. Im Osten finden sich Gebäude aus dem Nürnberger Land, der Frankenalb und Oberfranken und im Süden das Altmühldorf. Daneben gibt es noch die drei Sonderbaugruppen Mittelalter, Technik und Gewerbe sowie Stadt, die das Alltagsbild einer Zeitreise durch Franken abrunden. Im Einklang mit der Natur stehen die Häuser in kleinen Gruppen zu landschaftlich typischen Dörfern gruppiert und werden dabei durch funktionsfähige Mühlen, Brau- und Wirtshäuser ergänzt.

Mittelalterliche Landwirtschaft
Das Ausstellungsgelände selbst mit seinen Wiesen und Feldern, die von Landwirten wie früher mit Pferde- und Ochsengespannen bearbeitet werden, gilt als das größte „Ausstellungsobjekt“. In den Hausgärten gedeihen neben Bauernblumen, Salat und Gemüse alte Obstsorten, Küchen- und Heilkräuter sowie in Vergessenheit geratene Getreidearten. Um die Mittelalter-Baugruppe herum wird noch exemplarisch die alte Dreifelderwirtschaft betrieben. Schafe halten die Weiden kurz und liefern Wolle. Auch finden Schleiereulen, Fledermäuse, Marder, Wiesel und seltene Vogelarten hier ihren Lebensraum.

Das Anfassen und Mitmachen, kurz: das Erleben mit allen Sinnen ist ausdrücklich erlaubt und Teil des museumspädagogischen Konzepts. Kurse und Sonderführungen bringen etwa Lehmbau, Bierbrauen, Backen, Schmieden, Weben oder andere alte Handwerksberufe näher.

Ziel des Museums ist neben dem Erklären fränkischen Kulturgutes und fränkischer Lebensart auch die Rettung und Konservierung einzelner Häuser und Ensembles durch authentischen Wiederaufbau. Nach Worten von Verwaltungsleiter Jürgen Müller kommt ein Gebäude nur dann in Frage, wenn es an Ort und Stelle keine andere Verwendung mehr gibt und als Ausweg nur der Abriss bliebe. Nur dann könne das Museum tätig werden. Außerdem müsse mit jedem neuen Haus ein spezifischer, neuer Aspekt oder eine bau- oder kulturhistorische Besonderheit verbunden sein, um aufgenommen werden zu können. Da schließlich auch die Fläche begrenzt sei, so Müller, könne man leider nur weniger als ein Prozent der angebotenen Objekte berücksichtigen.

Abbau und Wiederaufbau
In der Regel sind die ausgewählten Objekte in einem sehr schlechten, meist baufälligen Zustand, der zu intensiven architektonischen, baustatischen und denkmalpflegerischen Untersuchungen führt. Anschließend wird der Abbau durch eigenes, darauf spezialisiertes Personal durchgeführt. Inzwischen wird dies mit der selbst entwickelten und Müllers Angaben zufolge mittlerweile international praktizierten Methode der Ganzteilversetzung bewerkstelligt. Auf diese Weise bleibt soviel historische Substanz wie möglich erhalten, was beim früheren puzzleartigen Abbauverfahren nicht immer gegeben war. Originalgetreu am neuen Standort wiederaufgebaut, bildet jedes Haus ein kleines Museum in sich: Möbel, Bilder, Geräte – selbst Geschirr und Wäsche sind so, wie es früher war. Begleitet wird der Wiederaufbau durch umfassende historische Nachforschungen, um soviel wie möglich an Geschichte eines Objekts zu erfahren.

Auf diese Weise hat der Bezirk Mittelfranken als Träger in den letzten 20 Jahren nach Angaben Müllers Hochbauinvestitionen in Höhe von schätzungsweise 25 Mio. Euro im Freilandmuseum getätigt. Dabei wird der Bezirk vom Freistaat als Projektförderer unterstützt. Man spüre allerdings auch hier, wie generell bei öffentlichen Haushalten, die angespannte Finanzlage, so Müller. Gegenwärtig hat das Freilandmuseum 42 Planstellen für Mitarbeiter, darunter auch viele Handwerksberufe.

Neuigkeiten und Veranstaltungen
Neu ist der im März eröffnete Wasserwirtschaftliche Lehrpfad, der vom Wasserwirtschaftsamt Ansbach neu gestaltet wurde. Im Aufbau befinden sich derzeit zwei Gebäude: Aus dem Landkreis Roth das 1871 erbaute Seldenhaus – ein spätes Beispiel für kleine Hofstellen in Franken. Und aus Zirndorf ein 1679 erbauter Kleinbauernhof mit Stadel und Stall. Beide werden 2004 aufgebaut sein.

An Ausstellungen bietet das Fränkische Freilandmuseum von 18. Mai bis 5. Oktober eine Schau von Spenden und Gaben der Museumsfreunde mit zahlreichen Exponaten. Vom 27. Juni bis 5. Oktober widmet sich eine Ausstellung dem Dorfleben in Fotografien der 60er Jahre. Vom 8. November bis 14. Dezember und vom 13. März bis 18. April 2004 ist schließlich die Ausstellung „Trauer und Hoffnung“ über Sterbebräuche in evangelischen Gemeinden zu sehen.

Das Freilandmuseum hat zwischen 15. März und 5. Oktober in der Zeit von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt für Erwachsene 4,50 Euro.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2003, Seite 36

 
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