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Wie steht Mittelfranken in Bayern da?

Grundig in Insolvenz und der Club auf einem Abstiegsplatz – zwei Ereignisse, die im Scheinwerferlicht der Medien das aktuelle Gesamtbild unserer Region maßgeblich bestimmen. Andere Themen geraten dabei leicht aus dem Blickfeld. Gute Zeit al ...

Grundig in Insolvenz und der Club auf einem Abstiegsplatz – zwei Ereignisse, die im Scheinwerferlicht der Medien das aktuelle Gesamtbild unserer Region maßgeblich bestimmen. Andere Themen geraten dabei leicht aus dem Blickfeld. Gute Zeit also für eine Bestandsaufnahme aus unterschiedlicher Perspektive, solange der näherrückende Wahltermin Sachlichkeit noch zulässt. WiM fragt Karl Freller (CSU) und Peter Hufe (SPD), zwei renommierte mittelfränkische Politiker, die sich durch Kompetenz einen Namen gemacht haben, nach der Stellung unserer Region in Bayern.

Karl Freller (CSU), Landtagsabgeordneter und Staatssekretär im Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus.

Der Insolvenzantrag der Firma Grundig hat Mittelfranken bzw. den Raum Nürnberg in den letzten Wochen in die Schlagzeilen gebracht. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens steht einer Fortführung des Unternehmens jedoch nicht im Wege, im Gegenteil: Die Schaffung einer markt- und wettbewerbsfähigen Unternehmensstruktur wird in der Regel durch die Anwendung des neuen Insolvenzrechts sogar erleichtert. Alle Beteiligten müssen jetzt zu Grundig stehen und die Chance nutzen, die in jeder Krise liegt. Mittelfranken, und besonders der Raum Nürnberg-Fürth-Erlangen, befindet sich seit ca. 20 Jahren in einem tief greifenden Strukturwandel vom traditionellen Produktionsstandort zum modernen Industrie- und Dienstleistungszentrum - mit allen damit verbundenen Problemen für die Wirtschaft und die Menschen in der Region. Aber die hier ansässige Wirtschaft hat längst bewiesen, dass sie die Möglichkeiten, die ein Veränderungsprozess bietet, zu nutzen versteht.

Mittelfranken hat ja auch alle Voraussetzungen, um aus Krisen gestärkt hervorzugehen: Durch die Wiedervereinigung und die Öffnung Osteuropas ist die Region aus einer Randlage wieder in das Zentrum Deutschlands und Europas gerückt - und so wieder zu einer internationalen Drehscheibe geworden. Eine wichtige Rolle spielt dabei die hervorragende Verkehrsinfrastruktur und die exzellente Verkehrsanbindung. Der Raum Nürnberg-Fürth-Erlangen ist aber auch ein Ballungszentrum für Wissenschaft, Bildung und Forschung: Mit 40 000 Studierenden und 5 000 Hochschulabsolventen jährlich ist es der wichtigste Hochschulstandort Nordbayerns. Das Technikum Neue Materialien Fürth, zwei Fraunhofer-Institute sowie 20 Forschungsinstitute und Anwenderzentren bieten darüber hinaus optimale Voraussetzungen für einen leistungsfähigen High-Tech-Standort. Der Wirtschaftsstandort Mittelfranken zeichnet sich aber natürlich auch durch hervorragende Kompetenzen in der Industrie, im Dienstleistungsbereich sowie im Handwerk aus. Sowohl im Hinblick auf die Produktivität als auch auf die Kaufkraft nimmt er Rang zwei unter den bayerischen Regierungsbezirken ein.

Die Attraktivität insbesondere des Ballungsraumes Nürnberg wird durch einen Standortvergleich vom Sommer 2002 eindrucksvoll bestätigt. Unter 97 von der Prognos AG in Deutschland untersuchten Wirtschaftsräumen belegt der Raum Nürnberg Platz 4, und als eine von nur fünf Regionen in Deutschland erhält er die Note 1 für technologische Leistungsfähigkeit. Auch europaweit braucht die Region den Standortvergleich nicht zu scheuen: In einer Untersuchung der Wirtschaftswoche findet sich Nürnberg/Mittelfranken mit Platz 28 von 214 untersuchten Regionen im Spitzenfeld und in Gesellschaft der namhaftesten Wirtschaftszentren Europas.

Damit zählt der Raum Nürnberg zu Deutschlands Top-Aufsteigerregionen der letzten Jahre. Durch den geplanten Ausbau der Kernkompetenzen Verkehr und Logistik, Kommunikation und Multimedia, Medizin und Pharmazie, Energie und Umwelt sowie Neue Materialien wird sich diese Entwicklung noch verstärken. Auch heute ist Mittelfranken nach Oberbayern bereits der Regierungsbezirk Bayerns mit dem zweithöchsten Anteil an Beschäftigten im tertiären Sektor. Der Strukturwandel ist offensichtlich auf einem guten Weg.

Die Staatsregierung setzt alles daran, um diese Entwicklung zu fördern und hat deshalb im Rahmen der Offensive Zukunft Bayern und der High-Tech-Offensive Privatisierungserlöse in Höhe von einer halben Milliarde Euro allein in die Region Nürnberg investiert. Die ausgewählten Projekte konzentrieren sich auf die in der Region Nürnberg vorhandenen Stärken mit dem Ziel, sie weiter auszubauen. Im Rahmen der gewerblichen Regionalförderung sowie des Bayerischen Mittelstandskreditprogramms konnten wir im Zeitraum von 1992 bis 2001 im Raum Nürnberg durch Darlehen in Höhe von insgesamt 84 Mio. Euro und Zuschüssen von 17 Mio. Euro ein Investitionsvolumen von ca. 472 Mio. Euro auf den Weg bringen. Dadurch ist es zur Schaffung von ca. 3 230 neuen Arbeitsplätzen und zur Sicherung von ca. 4 250 Arbeitsplätzen gekommen.

All diese Bemühungen haben in den vergangenen Jahren zu Erfolgen auf dem Arbeitsmarkt geführt. Nach schweren Arbeitsplatzverlusten in den Neunzigerjahren sanken die Arbeitslosenquoten seitdem - von 1997 bis 2002 - Jahr für Jahr, in Mittelfranken beispielsweise um 13,8 Prozent, im Arbeitsamtsbezirk Nürnberg sogar um 15,7 Prozent. Diese Zahlen geben Anlass zu berechtigter Hoffnung. Dennoch ist die Zahl der Arbeitslosen natürlich noch deutlich zu hoch - und sie ist in der momentanen Krise wieder angestiegen. Diese schwierigste wirtschaftliche und finanzielle Situation Deutschlands seit Gründung der Bundesrepublik ist vor allem auch eine Folge der Fehler und Versäumnisse der rot-grünen Bundesregierung. Wir in Bayern können uns von Berlin nicht abkoppeln, sind also auch von der Krise betroffen; im Raum Nürnberg hat sie sich u.a. in der Insolvenz des Traditionsunternehmens Grundig niedergeschlagen.

Die Bayerische Staatsregierung wird auch weiterhin Mittelfranken und die Region Nürnberg-Fürth-Erlangen nicht im Stich lassen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten konstruktiv bei zukunftsträchtigen Lösungen für Grundig mitwirken. Doch die beste Basis für eine langfristig positive wirtschaftliche Entwicklung ist wirtschaftsfreundliche Politik, und dafür haben wir die richtigen Konzepte.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2003, Seite 20

 
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