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Teil I: „Selbstbildnis“, 1500, Öl auf Holz

Schon zu Lebzeiten wird Albrecht Dürer (1471-1528) mit den virtuosesten Malern der Antike verglichen. Die Forschung sieht ihn als „nördliches Pendant“ zu den Bedeutendsten der Weltkunstgeschichte wie Raffael, Leonardo da Vinci oder Michelangelo. Weltweit ist der berühmteste Sohn Nürnbergs heute ein Begriff.

Das komplexe Kapitel A.D. ist die äußerst interessante Geschichte einer hypermodernen, sensitiven und vor allem auch zutiefst menschlichen Persönlichkeit an der Wende zur Neuzeit. Eine Geschichte vieler Pionierleistungen und Weiterentwicklungen, gelebt zwischen historischer Dimension und Alltagsproblemen, zwischen stolzem Bewusstsein und tiefreligiöser Bescheidenheit, zwischen erhebenden kreativen Momenten und melancholischem Schmerz. Aus eigenem Antrieb hat sich der Sohn eines Goldschmiedes zu einem der vielschichtigsten Intellektuellen entwickelt.

Albrecht Dürer ist der Prototyp, der die konventionellen Zunftschranken unterläuft und überwindet – in der Realität wie in seinen Bildern. In seine Auseinandersetzung mit der Welt und auf der Suche nach Erkenntnis bezog Dürer auch sich selbst mit ein – Selbstdarstellung ist ein heute noch aktuelles Thema der Kunst. Kein anderer Künstler vor ihm hinterließ so viele Selbstbildnisse. Zu einem Zeitpunkt als nördlich der Alpen eigenständige Selbstportraits noch nicht üblich waren, zeichnet er sich im Alter von 13 Jahren. Außergewöhnlich, wie verschieden sich Dürer jedes Mal gesehen hat. Erstaunlich und ein absoluter Höhepunkt ist, wie Herbert Schade bemerkt, „der christusähnliche Dürer des Selbstbildnisses von 1500, der im Bild die Geschichte überdauert und zur exemplarischen Ikone des modernen Menschen schlechthin wird“. Eine repräsentative, selbstbewusste Manifestation, wie er sich der Nachwelt überliefert wissen wollte, gekleidet wie ein Aristokrat. Eines der mutigsten und weltberühmtesten Selbstportraits überhaupt, zugleich die Visualisierung einer revolutionär veränderten Auffassung des Verhältnisses Mensch und Gott.

Was auch immer diese verblüffende Affinität zu Christusdarstellungen kulturgeschichtlich begründet, ob „immitatio Christi“, die Verpflichtung als Mensch Christus nachzufolgen, oder die Inspiration durch den Florentiner Neuplatonismus in Dürers Worten schlicht auf den Punkt gebracht: „Dan werden wir durch kunst der gottlichen gepildnis destmer vergleicht“, so bleibt doch die provokante Frage, wie sie Theodor Hetzer formulierte: „Wo hätte je ein Maler es sonst gewagt, mit seinem eigenen Antlitz an das Antlitz und die Würde Jesu Christi zu erinnern!“

Autor/in: 
Eva Schickler
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2003, Seite 32

 
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