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IHK erreicht erste Zugeständnisse

Seit langem setzen sich der IHK-Ausschuss „Energie und Umwelt“ sowie der IHK-Arbeitskreis „Umweltschutz“ intensiv mit der geplanten EU-Chemikalienpolitik auseinander. Dies hat sich ausgezahlt: Denn die Nürnberger IHK konnte sich zumindest mit einigen Vorbehalten Gehör verschaffen und Argumente ins laufende Verfahren einbringen. Die wesentlichen Kritikpunkte und Verbesserungsvorschläge hatten die beiden Gremien im Sommer 2003 in einer Resolution zusammengefasst.

Während sich die aktuellen Gesetze und Verordnungen schwerpunktmäßig auf die Produzenten und Importeure beziehen, umfassen die Planungen der EU die komplette Wertschöpfungskette von der Herstellung über die zahlreichen Verwendungen bis zur Entsorgung chemischer Stoffe. Dabei sind die so genannten nachgeschalteten Anwender von chemischen Stoffen, zu denen fast alle Unternehmen des produzierenden Gewerbes gehören, besonders berührt.

Eckpunkte des Verordnungsentwurfs der EU-Kommission vom 29. Oktober 2003 sind ein aufwändiges Registrierverfahren für eine Vielzahl von Stoffen mit Jahresmengen über einer Tonne sowie Sicherheitsprüfungen und -Berichte (Chemical Safety Assessment CSA bzw. Chemical Safety Report CSR) für viele bekannte Stoffe ab zehn Jahrestonnen. Diese Pflichten betreffen Hersteller, Importeure und Anwender gleichermaßen. Für so genannte „hochkritische Stoffe“ wird ein eigenes Zulassungsverfahren geschaffen. Vorgesehen ist zudem die Freigabe wichtiger Stoffdaten für die Öffentlichkeit. Die ursprüngliche Absicht, für praktisch alle Stoffe – isoliert und auch als Bestandteil von Zubereitungen – ohne Mengenbegrenzung ein CSR zu fordern, konnte auch durch die Intervention der IHK verhindert werden.

Allerdings sind die vorgesehenen Prüf- und Informationsanforderungen, so die Ausschussvorsitzenden Gert Rohrseitz und Dr. Winfried Marquardt, auch im aktuellen Entwurf noch immer unverhältnismäßig hoch und können vor allem von mittelständischen Unternehmen, die häufig eine Vielzahl von Stoffen in geringen Mengen einsetzen, nicht erfüllt werden. Die EU selbst rechnete für den ursprünglichen Entwurf mit zusätzlichen Kosten für die Industrie von 18 bis 32 Mrd. Euro. Nicht berücksichtigt seien hierbei die indirekten Kosten durch Wettbewerbsverzerrungen und Behinderung von Innovationen. Gerade Stoffe, die in kleinen Mengen für innovative Verwendungen hergestellt werden, könnten in Europa vom Markt zu verschwinden. Es drohe die Abwanderung in Länder mit weit niedrigeren Umweltstandards als in der EU und damit eine unter dem Strich negative Umweltbilanz.

Die IHK-Fachgremien sehen es als zwingend an, die vorgesehenen Prüfungen und Berichte zu vereinfachen und sich auf risiko- und mengenmäßig relevante Stoffe sowie Anwendungen zu konzentrieren. Weiter müsse die unüberschaubare Vielzahl der Stoffanwendungen sowie der Expositionssituationen systematisiert und zusammengefasst werden. Die EU-Kommission müsse Alternativen prüfen, da die vorgesehenen Regelungen in weiten Teilen nicht praktikabel oder nicht erfüllbar seien. Insbesondere dürften nur die Stoffe mit Prüf- und Berichtspflichten belastet werden, von denen ein starkes Risiko für die Umwelt ausgeht. Stoffe, die schon auf Grund anderer Gesetze untersucht wurden, müssten von den Pflichten befreit werden. Empfohlen wird, das EG-Sicherheitsdatenblatt als zentrales Dokument aufzuwerten, es müsse für die geforderten Berichtspflichten ausreichen. Um den Informationszugang zu erleichtern sowie die Qualität zu sichern, könnten alle Sicherheitsdatenblätter in einer zentralen Datenbank hinterlegt, geprüft und für die Öffentlichkeit freigegeben werden. Es muss nach Ansicht der IHK-Experten vermieden werden, dass über die Weitergabe des CSR oder über die Angabe von Verwendungszwecken wettbewerbsrelevantes Know-how der nachgeschalteten Anwender offengelegt wird.

Zentrales Anliegen sei es, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) nicht zu überfordern und europäische Unternehmen im internationalen Wettbewerb nicht zu benachteiligen. Diesem Ziel widerspreche jedoch u.a. die Tatsache, dass Stoffe in importierten Artikeln nur registriert werden müssten, wenn sie negative Folgen für Mensch oder Umwelt hätten. In der EU müssten dem Entwurf zufolge jedoch alle Stoffe registriert werden. Diese Ungleichbehandlung lehnt der IHK-Ausschuss ab. Da die geltenden WTO-Vereinbarungen einer stärkeren Importkontrolle entgegenstehen, könne nur durch Vereinfachung der Prüf- und Berichtspflichten eine Wettbewerbsverzerrung zu Ungunsten europäischer Unternehmen vermieden werden. Gewährleistet werden müsste zudem ein europaweit einheitlicher Vollzug durch die neue europäische Chemikalienagentur, damit es nicht zusätzlich zu innereuropäischen Wettbewerbsverzerrungen kommt.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 01|2004, Seite 29

 
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