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Teil IX: Dürers kunsttheoretische Schriften

„Das Schriftwerk, das Dürer bei seinem Tod hinterließ“, weist ihn laut Hans Rupprich, „als den bedeutendsten und originellsten Künstlertheoretiker aus, den die Geschichte außer Leonardo kennt“. Insbesondere in der darstellenden Geometrie und zwar im Grund- und Aufrissverfahren hat Dürer Pionierarbeit geleistet. Auch hat er innovative Prinzipien zur Erzeugung von Kurven entwickelt. Seine Aufzeichnungen werden deshalb zu den bedeutendsten deutschen mathematischen Texten des 16. Jahrhunderts gezählt.

Während er sein Vorhaben, ein 54 Kapitel umfassendes Lehrbuch der Malerei auf Grund seines Ablebens nicht realisieren konnte, erschien 1525 bei Koberger in Nürnberg die Abhandlung „Underweysung der Messung mit dem Zirkel und Richtscheyt…“. Zwei Jahre später folgte die Publikation einer Befestigungslehre mit Ideen zu Architektur, Befestigungs- und Waffentechnik.

Posthum wurde im Oktober 1528 „Vier Bücher von menschlicher Proportion“ veröffentlicht. Diese Proportionslehre gilt als sein theoretisches Hauptwerk. Bereits wenige Jahre später fand es in ganz Europa Verbreitung, wurde es von Künstlern wie Rembrand genutzt und ist noch heute in Lehrbüchern zu finden. Auf der Suche nach Schönheit und einem göttlichen, einem universalen Maß für die menschliche Gestalt gelangte Dürer u.a. ausgehend von Euklid, Vitruv und Alberti zur fundamentalen Theorie der mathematisch proportionalen Vergleichbarkeit aller Teile einer Gesamtheit untereinander. Mit dem darauf aufbauenden System der rechnerisch festgelegten, veränderbaren und bewegbaren Figur hat Dürer im Grunde bereits die Methode der digitalen Simulation vorweg gedacht.

Gleichzeitig wird in der Forschung auch sein Beitrag an der Entwicklung der deutschen Sprache mit der historischen Bedeutung von Martin Luthers Bibelübersetzung auf eine Ebene gestellt. Eine deutsche Wissenschaftssprache existierte damals noch nicht. So war es Dürer, der als erster Künstler eine deutschsprachige wissenschaftliche Kunsttheorie veröffentlichte.

Autor/in: 
Eva Schickler
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2004, Seite 38

 
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