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Teil XI: Dürers Bildnisse

Die Auseinandersetzung mit dem menschlichen Bildnis, sein eigenes mit eingeschlossen, beschäftigt den Künstler ein Leben lang und zieht sich durch alle Schaffensphasen seines Werks. Albrecht Dürer zählt zu den wesentlichen Portraitisten in der Kunstgeschichte.

Wie aus seinen schriftlichen Aufzeichnungen zur Malerei 1512 hervorgeht, sah Dürer als grundlegende Aufgabe der bildenden Kunst - in Anknüpfung an und in Übereinstimmung mit Leon Battista Alberti („de pictura“,1435) -, die Gestalt des Menschen nach ihrem Absterben festzuhalten. Durch das neue Streben nach persönlichem, individuellem Nachruhm waren Künstler und Literaten diejenigen, die den Menschen durch diese Art des irdisches Weiterlebens „eine unchristliche Unsterblichkeitslösung“ und damit dem Leben des Einzelnen einen dauerhaften Sinn und der Kultur eine autonome Funktion verliehen (vgl. R. Romano, Fischer Weltgeschichte).

Dürer ist einer der Wegbereiter der Portraitmalerei, die sich in der Zeit des Übergangs zur Neuzeit zur eigenständigen Kunstgattung entwickelte und von da an durch alle Epochen bis zur Erfindung der Fotografie im 19. Jahrhundert auch tatsächlich zur vorherrschenden Aufgabe in der Kunst werden sollte. Interessanterweise ist Dürers erstes erhaltenes Bild sein Selbstportrait (1484) und auch sein erster und letzter Gemäldeauftrag waren Bildnisse (Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen, 1496; Hans Kleberger, 1526).

Aus tiefer familiärer und freundschaftlicher Verbundenheit, aus Interesse an der eigenen Person, aus Vorliebe an psychologischen und physischen Studien, als Vorzeichnungen für Gemälde, als Geschenke sowie als lohnende Auftragsarbeiten, das Künstlergenie schuf in verschiedenen, allen ihm verfügbaren Techniken zahlreiche Bildnisse.

Insbesondere inspirierten Dürer auch seine Reisen. Mehr als hundert Bildnisse fertigte er während seines Aufenthalts in den Niederlanden von 1520 bis 1521 an. Seine Werke gelten als eindringliche Zeugnisse deutscher Portraitkunst, darunter auch die Kohlezeichnung (1514) seiner Mutter Barbara und das Gemälde des 82-jährigen Nürnberger Künstlers Michael Wolgemut, seinem Lehrmeister. Dürer verewigte König Christian von Dänemark, deutsche Fürsten, selbstbewusste Patrizier wie die Elite der großen Humanisten und Wegbereiter der Reformation wie Philipp Melanchton oder Erasmus von Rotterdam. Erst durch Dürers Holzschnittbildnisse und Kupferstichportraits wurde auch die Darstellungsform des „Denkmals auf Papier“ in den 20er Jahren des 16. Jahrhunderts überhaupt populär. Im Unterschied zu Holbein d. J., der Hofmaler König Heinrich des VIII wurde, bewahrte sich Dürer stets seine Autonomie und Vielseitigkeit. Er hat sich weder auf die Bildnismalerei spezialisiert, noch ließ er sich als Portraitist eines bestimmten Standes vereinnahmen. Seine Modelle wählte er aus allen Schichten und Nationalitäten, ob Mohrin Katharina oder Kaiser Maximilian. 

Autor/in: 
Eva Schickler
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2004, Seite 28

 
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