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Geistiges Eigentum gut sichern

„Alle Erfinder sind klug. Die einen vorher, die anderen nachher.“ Dieser Spruch bewahrheitet sich täglich von neuem. Wo eine zündende Idee ist, findet sich schnell auch ein Nachahmer. Doch wer geistig-schöpferische Leistungen hervorbringt, sollte auch die Früchte ernten dürfen. Deshalb wurden die gewerblichen Schutzrechte geschaffen, mit denen technische Innovationen, das Design von Produkten, die Namen von Unternehmen sowie deren Waren und Dienstleistungen effektiv vor Nachahmern geschützt werden. Darüber hinaus haben Schutzrechte eine zunehmende Bedeutung als Qualitäts- und Unterscheidungsmerkmal im Wettbewerb – gerade auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU).

Ein Blick auf die Patentstatistik zeigt: Deutschland ist ein Erfinderland, denn der Anteil deutscher Patente an den Anmeldungen beim Europäischen Patentamt in München liegt bei 42 Prozent. Selbst in den USA stammt die Hälfte der aus Europa kommenden Patentanträge aus Deutschland.

Um gewerbliche Schutzrechte zu erlangen, müssen die Ansprüche allerdings erst angemeldet werden. Hier gilt ein eherner Grundsatz: Erst anmelden, dann darüber reden! Anmeldestelle in Deutschland ist in aller Regel das Deutsche Patent- und Markenamt in München. Die Anmeldung und Aufrechterhaltung des Schutzrechtes sind mit Kosten verbunden – im Gegensatz zum Urheberrecht. Spätestens jetzt ist die Beratung durch einen Patentanwalt oder die IHK-Innovationsberatung ratsam, allein schon wegen der unterschiedlichen Schutzrechtsarten, der verschiedenen Anmeldeverfahren und der entstehenden Kosten. Mit der Anmeldung und Erteilung des Schutzrechtes ist es allerdings nicht getan.

Inhaber von Schutzrechten müssen Ansprüche selbst durchsetzen
Ohne aufmerksame Überwachung des Marktes durch den Schutzrechtsinhaber selbst oder durch von ihm beauftragte Dritte, z. B. Patentanwälte, werden Verstöße gegen das Schutzrecht unentdeckt bleiben: Ansprüche aus dem Schutzrecht werden nicht von „Amts wegen“ überwacht, sondern müssen selbst aktiv durchgesetzt werden.

Patent oder Gebrauchsmuster?
Sowohl Patente als auch Gebrauchsmuster schützen den Inhaber vor der Nachahmung seiner technischen Erfindungen. Zwischen den beiden Schutzrechten gibt es aber einige wesentliche Unterschiede: Während die maximale Schutzdauer beim Patent 20 Jahre beträgt und man die Staaten, in denen man einen Schutz beantragt, praktisch frei wählen kann (verbunden mit zusätzlichen Kosten), können beim Gebrauchsmuster Erfindungen maximal zehn Jahre und nur national, also mit Geltungsbereich Deutschland, geschützt werden. Außerdem lassen sich technische Verfahren nur durch ein Patent, nicht aber durch ein Gebrauchsmuster schützen. Grundsätzlich gilt: Erfindungen, die durch Patent oder Gebrauchsmuster geschützt werden sollen, müssen zuerst angemeldet werden, bevor sie in irgendeiner Weise veröffentlicht werden. Dies gilt in aller Strenge aber nur für das Patent. Für Gebrauchmuster existiert eine so genannte „Neuheitsschonfrist“ von sechs Monaten. Das heißt, wurde die Erfindung vom Gebrauchsmusteranmelder oder dem Erfinder selbst innerhalb dieses Zeitraums vor der Anmeldung vorveröffentlicht, ist dies nicht neuheitsschädlich.

Ein weiterer wichtiger Unterschied ist – und das wird oft übersehen – dass es sich beim Gebrauchsmuster um ein „ungeprüftes“ Schutzrecht handelt. Nur beim Patent wird im Laufe des Erteilungsverfahrens geprüft, ob die Anforderungen bezüglich Neuheit und Erfindungshöhe auch erfüllt sind. Deshalb dauert es in der Praxis oft zwei bis drei Jahre, bis Patente erteilt werden. Gebrauchsmuster hingegen werden lediglich einer Formalprüfung unterzogen und danach eingetragen und erteilt. Dies dauert in der Regel nur wenige Wochen oder Monate. Die Schutzfähigkeit an sich wird jedoch nicht geprüft. Ein erteiltes Patent gibt also eine höhere Sicherheit, einen wirklich durchsetzbaren Schutz zu erhalten. Die Vorteile beider Schutzrechte können aber auch kombiniert werden, indem die Erfindung als Patent und parallel als Gebrauchsmuster angemeldet wird (Ausnahme: technische Verfahren).

Egal ob Patent oder Gebrauchsmuster, spätestens 18 Monate nach der Anmeldung wird diese veröffentlicht und damit jedermann – auch der Konkurrenz – bekannt. Umgekehrt kann man so aber auch von den Aktivitäten der Mitbewerber erfahren. Auf jeden Fall sind die amtlichen Veröffentlichungen eine ausgezeichnete Quelle, um den so genannten „Stand der Technik“ zu recherchieren und damit unnötige und teure Doppelentwicklungen zu vermeiden.

Patentinformationen im Innovationsprozess einsetzen
Eine Umfrage des Europäischen Patentamtes bei Unternehmen und Institutionen hat gezeigt, dass immer noch zu wenig bekannt ist, was man mit den Patentinformationen anfangen kann. Gewerbliche Schutzrechte schaffen zum einen die Basis, um Investitionen in neue Produkte, neue Verfahren oder Markeneinführungen zu amortisieren. Zum anderen geben veröffentlichte Schutzrechte einen umfassenden Einblick in den technischen Stand, Entwicklungstrends erlauben auch eine Bewertung der Marktaktivitäten von Wettbewerbern. Eine statistische Patentanalyse kann beispielsweise sowohl zur Konkurrenz- und Marktbeobachtung als auch zur Identifizierung neuer technologischer Trends benutzt werden. Hilfreich sein kann eine Recherche außerdem für die Suche nach potenziellen Kooperationspartnern und Lizenznehmern.

Durch konsequente Nutzung der Patentliteratur können kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) entscheidende Wettbewerbsvorteile erzielen. Sie dienen auch dazu, technologische Entscheidungs- und Innovationsprozesse im Unternehmen abzusichern. Folgende Fragestellungen bieten sich an: Welche Entwicklungstrends zeichnen sich ab? Welche Technologiestrategie ist für das eigene Unternehmen die beste? Wie verändern sich bestehende Branchen und Märkte? Woran arbeiten Konkurrenz und Kunden? Auf welche Märkte zielt die Konkurrenz? Wie können Forschung und Entwicklung beschleunigt werden? Welche alternativen technischen Lösungen gibt es für die Produktgestaltung und für die Fertigung? Mit Hilfe von Patentdatenbanken wie z. B. „Inpadoc“ (www.european-patent-office.org/ inpadoc/) vom Europäischen Patentamt oder Depatisnet (Deutsches Patentinformationssystem, http://de. espacenet.com/) vom Deutschen Patent- und Markenamt erhält der Nutzer kostenfrei Zugriff auf bibliographische Daten von Patenten. Das Depatisnet beispielsweise greift auf einen Bestand von ca. 30 Mio. Patentdokumenten seit 1877 zurück. Es erlaubt auch die Suche in Dokumenten anderer Länder und von Patentämtern weltweit.

Hochschulpatente und Patentverwertungsagenturen
Durch die am 7. Februar 2002 in Kraft getretenen Änderungen zum Gesetz über Arbeitnehmererfindungen (ArbEG) haben sich die rechtlichen Rahmenbedingungen für Erfindungen an Hochschulen grundlegend geändert. Wichtigste Neuerung ist, dass das bisher geltende Hochschullehrerprivileg abgeschafft wurde. Erfindungen, die von Hochschulangehörigen gemacht werden, müssen dem Dienstherrn schriftlich gemeldet werden und zwar bevor die Erfindung veröffentlicht wird. Nimmt die Hochschule die Erfindung in Anspruch, gehen alle Verwertungsrechte an dem Forschungsergebnis auf sie über. Das versetzt die Hochschule in die Lage, die Erfindung zum Patent anzumelden und zu vermarkten. Die Gesetzesreform nähert sich damit im Hochschulbereich dem Zustand an, der in der außeruniversitären Forschung seit langem gilt und sich in den Patent- und Lizenzbilanzen der Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft und der Institute der Fraunhofer-Gesellschaft sowie der Max-Planck-Gesellschaft widerspiegelt.

Die seit 2002 geschaffenen Patentverwertungsagenturen (PVA) unterstützen die Hochschulen bei der systematischen Erschließung von wirtschaftlich verwertbaren Ergebnissen aus Forschungsarbeiten. Die Gründung der PVA geht auf die Verwertungsoffensive des Bundesforschungsministeriums im November 2001 zurück. Bundesweit existieren derzeit 20 PVA. Im Auftrag der Hochschule bewerten Experten Erfindungsmeldungen, betreuen die professionelle Anmeldung und organisieren die schutzrechtliche Sicherung. Die PVA entwickeln gemeinsam mit ihren Partnern eine wirtschaftlich tragfähige Verwertungsstrategie für Hochschulerfindungen. Dazu zählen neben der Patentierung und Lizenzierung auch Industriekooperationen sowie Drittmittelverträge. Bei den PVA handelt es sich in der Regel um privatrechtlich arbeitende Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH, die von den Hochschulen erfolgs- und leistungsbezogen honoriert werden. In Bayern ist dies die Fraunhofer-Patentstelle für die Deutsche Forschung (Leonrodstr. 68, 80636 München, Tel. 089/1205-0; Projekt „BayernPatent“, Dr. Wolfgang Knappe, Tel.: 089/1205-6600, Fax -6801).

Europäisches Patent
Das Europäische Patent wird vom Europäischen Patentamt (EPA) erteilt mit Wirkung für einen oder mehrere Staaten der Europäischen Patentorganisation (EPO). Mitglieder der EPO sind seit 1. Juli 2002 die EU-Staaten sowie Bulgarien, Liechtenstein, Monaco, die Schweiz und die Türkei.

Der Antragsteller bestimmt bei der Einreichung seiner Patentanmeldung, für welche der EPO-Staaten sein Europäisches Patent erteilt werden soll (Benennungsländer). Das Verfahren beim EPA entspricht in seiner Struktur dem Verfahren zur Erteilung eines deutschen Patents: Auf die Eingangs- und Formalprüfung, die Recherche und die Sachprüfung folgt die Erteilung des Patents oder die Zurückweisung des Antrags. Innerhalb von neun Monaten nach Patenterteilung kann gegen das Patent Einspruch eingelegt werden. Hieran schließt sich die „nationale Phase“ an. Das vom EPA einheitlich erteilte Patent zerfällt in ein Bündel rechtlich selbstständiger nationaler Patente der Benennungsländer, die von den nationalen Patentämtern verwaltet werden. Das EPA-Patent ist also ein Bündel von Nationalpatenten; dies ist der wesentliche Unterschied zum diskutierten EU-Gemeinschaftspatent. Die Erleichterung für den Antragsteller besteht in dem einheitlichen Patenterteilungsverfahren, das nur in einer der drei EPO-Amtssprachen (deutsch, französisch, englisch) durchgeführt werden muss.

Ziel EU-Gemeinschaftspatent
Ziel des Gemeinschaftspatents ist die Schaffung einheitlicher gewerblicher Schutzrechte für die ganze Gemeinschaft, die durch das Europäische Patentamt in München (EPA) verliehen werden. Derzeit wird in der EU der Patentschutz für Neuerungen durch zwei Regelungen gewährleistet, die beide nicht auf einem Rechtsakt der Gemeinschaft beruhen: durch die jeweilige nationale Patentregelung und durch die europäische Patentregelung. 1973 wurde die Europäische Patentorganisation gegründet („Münchner Übereinkommen“) und ein einziges Verfahren für die Erteilung von Patenten festgelegt, die nach der Erteilung zu nationalen Patenten werden und den einzelstaatlichen Vorschriften der Vertragsstaaten unterworfen sind.

Für die Erteilung von Gemeinschaftspatenten wäre das EPA zuständig, das daher dem Münchner Übereinkommen beitreten müsste. Für das Übereinkommen wäre eine Revision erforderlich. Im März 2003 konnte eine politische Einigung über das Gemeinschaftspatent erzielt werden, dem eine zügige Einigung über den konkreten Verordnungsentwurf für das Gemeinschaftspatent sowie die Änderungsvorschläge für das Europäische Patentübereinkommen (Münchner Abkommen) folgen sollten.

Dr. Elfriede Eberl
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2004, Seite 8

 
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