Telefon: +49 911 1335-1335

Wie steht es um die Branche?

Es beginnt mit einer einfachen Frage: Sprechen wir heute noch von Bewachung oder von Sicherheitsdienstleistungen? Mit der Antwort spannt sich ein weiter Bogen. Und die Forderungen vieler Auftraggeber nach effizienter Sicherheit kollidieren mit den Wunschpreisen, die nicht einmal den Tariflohn und die gesetzlichen Nebenkosten zulassen.

Seit 2001 existiert die DIN 77200, die eine Richtschnur für die Gewichtung von Preis und Qualität darstellt. In drei Stufen variiert die DIN 77200 das Gewicht von Qualität und Preis:

1. Stufe: Qualität hat das gleiche Gewicht wie der Preis.

2. Stufe: Qualität ist wichtiger als der Preis, aber der Preis bleibt relevant.

3. Stufe: Qualität ist von höchster Bedeutung und der Preis ist ein zweitrangiger Belang.

Hat ein Unternehmen zusätzlich das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz in Unternehmen (KonTraG) zu beachten, und dies gilt für alle Kapitalgesellschaften, bekommt die Qualität einen hohen Stellenwert. Die Unternehmensleitung muss alle Einflussfaktoren berücksichtigen, die negativ auf die Geschäftsprozesse einwirken und damit ein Risiko für den Fortbestand des Unternehmens bilden. Dabei geht es noch nicht einmal primär um die Finanzen, auch wenn das Risk-Management auf das Rating der Banken direkten Einfluss hat, sondern zuerst einmal um betriebliche Prozesse und deren Organisation.

Die Sicherheitsüberprüfungsfeststellungsverordnung (SÜFV) geht noch einen Schritt weiter. Für Unternehmen und sonstige Organisationen, die für die Versorgung und den Schutz der Bevölkerung wesentliche Bedeutung haben, beispielsweise die Energie- und Wasserversorgung, schreibt die SÜFV den Schutz besonders sicherheitsempfindlicher Stellen vor Sabotage durch „Innentäter“ vor. Es ist eine Überprüfung des dort beschäftigten Personals nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz (SÜG) erforderlich und ein dinglicher – also materieller - Sabotageschutz.

KonTraG und SÜFV lassen eine reine Preisentscheidung nicht mehr zu. Und auf das Sicherheitsunternehmen wirken die gleichen Einflussfaktoren wie auf den Auftraggeber. Auch die Prozesse beim Dienstleistungsunternehmen müssen der Richtschnur von KonTraG und SÜFV folgen. Nur bei der Transparenz der Prozesse kommt ein Dienstleistungsunternehmen daher für den Auftraggeber als Partner in Frage. Die Unternehmensleitung haftet für ihre Entscheidungen und trägt damit eine hohe persönliche Verantwortung.

Die Qualitätsanforderungen liegen also vor. Stellt sich noch die Frage, ob die Organisation der Sicherheitsunternehmen in der Praxis diesen Anforderungen genügt. Ein paar Fragen zur richtigen Zeit (vor der Auftragsvergabe) sind daher angebracht:
? Wie überprüft das Sicherheitsunternehmen das eigene Personal?
? Wie und durch wen werden die Mitarbeiter auf den Dienst vorbereitet?
? Entspricht die Qualifikation der Mitarbeiter dem Anforderungsprofil ?
? Ist das Unternehmen organisatorisch, wirtschaftlich und mit qualifizierten Ausbildern in der Lage, seine
   Mitarbeiter permanent aus- und weiterzubilden ?
? Werden die Mitarbeiter leistungsgerecht – nach Tarif – entlohnt ?
? Wird die Leistungsfähigkeit regelmäßig kontrolliert und werden Mängel beseitigt?
? Wird die Organisation zur Leistungserbringung transparent offen gelegt?
? Welche Reaktionszeiten garantiert die Organisation im Sicherheitsunternehmen?
? Wie und durch wen wird der Mitarbeitereinsatz disponiert, gesteuert und überwacht ?
? Welches Beratungs-Know-how stellt das Sicherheitsunternehmen zur Verfügung?
Und nicht zuletzt zur richtigen Einschätzung des Kostenrisikos:
? Welchen Versicherungsschutz kann das Sicherheitsunternehmen bieten?

Sicher ist in diesem Zusammenhang der nun im dritten Jahr angebotene Ausbildungsberuf zur Fachkraft für Schutz und Sicherheit mit Prüfung vor den IHKs ein wichtiges Qualitätsmerkmal. Für das Image der Branche ist dieser neue Beruf in jeder Hinsicht wertvoll.

Im Zuge der EU-Erweiterung ist damit zu rechnen, dass immer mehr Unternehmen aus den Beitrittsstaaten bei uns aktiv werden. Schon jetzt werden Mitarbeiter aus Tschechien für rund drei Euro eingesetzt, namhafte deutsche Industrieunternehmen zählen zu den Auftraggebern. Diesen Trend müssen deutsche Sicherheitsunternehmen sehr genau beobachten und eigene Maßnahmen entwickeln. Sonst droht über 100 000 Sicherheitskräften in Deutschland das soziale Aus. Aber es liegen auch Entwicklungen vor, bei denen deutsche Sicherheitsunternehmen als Berater und beim Aufbau von Strukturen in den Beitrittsländer den Weg nach Osten antreten. Das ist eine Chance, wenn auch nicht für die Vielzahl der Beschäftigten.

Letztlich gibt es Umstände, die einer ganzen Branche nützen, obwohl die Bevölkerung insgesamt davon beunruhigt ist. Der internationale Terrorismus und die organisierte Kriminalität sorgen in zweierlei Hinsicht für Wachstum in der Sicherheitsbranche. Die Polizei muss sich verstärkt diesen Umständen widmen und dadurch Tätigkeitsbereiche abgeben. Und für die privaten wie die gewerblichen Sicherheitsanforderungen ist die Branche ohnehin seit Jahren bestens gewappnet.

Heinz Siemon, heinz.siemon@arndt-gruppe.de
Burkhard Scholze, burkhard.scholze@arndt-gruppe.de
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2004, Seite 10

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick