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Vor 200 Jahren startete der „Fränkische Kreiscorrespondent“

Aus der Neugier und dem Wissensdrang der Menschen Kapital zu schlagen beschlossen 1804 drei Männer: Der fürstlich-hohenlohische Gesandte zum Fränkischen Kreistag von Schaden, der württembergische Gesandte Graf von Taube und der Kartograph Major Hammer. Sie gründeten unter dem Namen „Der Fränkische Kreiscorrespondent“ die heutige Nürnberger Zeitung (NZ). Ihr Plan ging auf und am 1. Oktober 1804 erschien die erste Ausgabe der politisch-literarischen Zeitung, so dass die NZ in diesem Jahr ihr 200. Jubiläum mit einer Reihe von Veranstaltungen und Artikelserien feiern kann. 1806 wurde der Name zu „Fränkischer Kreiscorrespondent von und für Deutschland“ erweitert. Doch wer großzügige Maßstäbe anlegt, könnte die Geburtsstunde der NZ ins Jahr 1587 verlegen. Damals wurden Flugblätter kreiert, die den Nachrichtenbedarf und die Sehnsucht der Menschen nach Tratsch und schauerlichen Räubergeschichten befriedigen sollten.

Pressefreiheit war im 19. Jahrhundert ein Gut, das erst erkämpft werden musste. Peinlich genau war der „Korrespondent“ (mittlerweile mit K statt mit C) darauf, bedacht mit der Zensurbehörde nicht in Konflikt zu geraten. Dies wurde honoriert. Als einzige Nürnberger Zeitung war dem Blatt anfangs erlaubt, selbst recherchierte und selbst geschriebene Nachrichten zu veröffentlichen, während die anderen Zeitungen nur aus den offiziellen Blättern nachdrucken durften. Diese Chance nutzte der Korrespondent. Er baute ein kostspieliges Netz von Briefkorrespondenten in München, Frankfurt, Berlin, Kiel, Wien, Preßburg, Budapest und Rom sowie an anderen bedeutenden Orten auf. So gewann er weit über Nürnberg hinaus Ansehen. Das Blatt konnte sich aber gerade deshalb mit der Zeit der Zensur nicht mehr entziehen.

1807 führte der „Korrespondent“, als wahrscheinlich erste deutsche Zeitung, nach französischem Vorbild das Feuilleton ein. In ihm wurden nichtpolitische Nachrichten sowie Notizen aller Art abgedruckt. Allerdings wurden dort auch geschickt innenpolitische Themen platziert, um sie so vor dem Stift des Zensors zu bewahren. Doch diese Taktik ging nicht lange auf. Die Karlsbader Beschlüsse 1819 belegten den „Korrespondenten“ wegen seiner Sonderstellung mit der höchsten Zensurgebühr aller Nürnberger Zeitungen. Nach der Revolution 1848 hielt er deshalb an einem gemäßigt-liberalen Kurs fest und stand loyal zur politischen Linie des bayerischen Königshauses. Seine Leser waren vor allem Adelige, Offiziere und Beamte. Dementsprechend berichtete das Blatt über Politik, Wirtschaft und die wichtigen Börsen Europas. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts lag die Auflage bei ungefähr 3 000 Exemplaren. Ab 1893 führte die Nürnberger Verleger-Familie Spandel den „Korrespondenten“ in seine auflagenstärkste Epoche. 1890 wurde das Blatt mit dem „Generalanzeiger für Nürnberg-Fürth und Umgebung“ zusammengelegt und erhielt den neuen Titel „Generalanzeiger und Korrespondent von und für Deutschland“. Erich Spandel brachte die Zeitung technisch auf Vordermann. Rasch entwickelte sie sich zur beliebten Lokalzeitung und so folgte 1913 die Umbenennung in „Nürnberger Zeitung“.

Der Blütezeit in der Weimarer Republik, mit einer Auflage von 90 000 Exemplaren, folgten für Verlag und Redaktion die schweren Jahre des Nationalsozialismus. Die Einmischungen und Auflagen des als Aufpasser eingesetzten NS-Kommissars und die Papierknappheit nach Beginn des Zweiten Weltkriegs läuteten das vorläufige Ende ein. Die als offizielles Parteiorgan der Nazis gegründete „Fränkische Tageszeitung“ schluckte die NZ 1943, ein Jahr später war sie ganz von der Bildfläche verschwunden.

1949 gelang die Wiederbelebung, nicht zuletzt durch die Fusion mit der „Nordbayerischen Zeitung“ im Jahr 1951. Diese führte zur Gründung der Nordbayerischen Verlagsgesellschaft, die bis heute Eigentümer der Nürnberger Zeitung ist. Der Titel „Nordbayerische Zeitung“ steht noch immer auf allen Landausgaben der NZ. Die Höchstauflage nach dem Krieg wurde 1952 mit 50 000 Exemplaren erreicht.

Danach setzte der Auflagenschwund ein, zu Beginn der 60er Jahre war die Auflage auf 30 000 Exemplare gesunken. Der Mitverleger und Herausgeber der „Nürnberger Nachrichten“, Bruno Schnell, reichte die rettende Hand. Stufenweise begann die Eingliederung des Unternehmens unter das Dach des Verlags Nürnberger Presse, dem Haus der „Nürnberger Nachrichten“ (NN). Beide Blätter sind heute durch eine Werbeträgergemeinschaft verbunden, kooperierende Heimatverlage im mittelfränkischen Raum sind in den Anzeigenverbund integriert. Der wirtschaftlichen Verflechtung folgte schließlich 1981 die räumliche Integration durch den Umzug von der Regensburger Straße in das Druckhaus in der Marienstraße. Ihre redaktionelle Eigenständigkeit hat das als bürgerlich-konserativ eingestufte Blatt dadurch nicht eingebüßt. Beide Redaktionen stünden in publizistischer Konkurrenz, so die Verlagsleitung.

Heute hat die NZ nach Auskunft von Geschäftsführer Dietrich Puschmann von Montag bis Samstag eine Auflage von knapp 30 000 Exemplaren, deren Entwicklung wie bei den meisten anderen Tageszeitungen eher rückläufig sei. Gemacht wird die NZ von 57 Redakteuren und fünf Volontären. Die Leserschaft charakterisierte Chefredakteur Rainer Hajeck, der zusammen mit seinem Chefredakteurs-Kollegen Diethard Prell die publizistische Leitung hat, einmal folgendermaßen: „Unsere Leser gehören dem Bildungsbürgertum an und bilden in der Altersgruppe der 30- bis 50- Jährigen die stärkste Klientel.“
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2004, Seite 48

 
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