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Liberalisierung eröffnet Chancen

Tunesien gehört zu den viel versprechenden Märkten auf dem afrikanischen Kontinent und überzeugt durch die stabile wirtschaftliche und politische Entwicklung. Zudem werden die Märkte konsequent liberalisiert. Gerade der Umweltsektor Tunesiens bietet deutschen Unternehmen lukrative Investitionsmöglichkeiten in den Bereichen Energie- und Wasserversorgung, erneuerbare Energien, Abfallbeseitigung und Abwasserreinigung. Attraktive Branchen sind daneben Maschinen- und Anlagenbau, Elektronik und Kfz-Zulieferung. Dieses Bild gewannen Vertreter von 15 deutschen IHKs, die von der deutschen Auslandshandelskammer (AHK) in Tunis anlässlich ihres 25-jährigen Bestehens nach Tunesien eingeladen worden waren.

Durchweg gute Noten geben internationale Finanz- und Wirtschaftsagenturen dem nordafrikanischen Land. So nimmt Tunesien im Jahresbericht 2003/04 des Davos World Economic Forum und der American Havard University über die globale Wettbewerbsfähigkeit Platz 38 ein, noch vor Ländern wie der Tschechischen Republik, (39), Italien (41), Polen (45), Marokko (61) und der Türkei. In Afrika wird Tunesien nur von Botswana überflügelt. Im Korruptionsindex von Transparency International (CPI) 2003 belegt Tunesien die 39. Stelle unter insgesamt 133 Ländern vor vielen arabischen, den meisten afrikanischen Staaten und europäischen Ländern wie Ungarn, der Tschechischen Republik und Griechenland.

Tunesien ist ein bevorzugter Handelspartner der Europäischen Union und hat als erstes Land südlich des Mittelmeeres im Jahr 1995 ein Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union unterzeichnet. Dieser Vertrag sieht eine Reihe weiterer Abkommen zwischen der EU und den Ländern südlich des Mittelmeeres im Hinblick auf die Schaffung einer großen euro-mediterranen Freihandelszone bis zum Jahr 2010 vor. Das am 1. März 1998 in Kraft getretene Abkommen bestätigt den zoll- und gebührenfreien Zugang ohne Quotenbeschränkung für industrielle Produkte sowie den Zugang zu Vorzugsbedingungen für Agrarprodukte. Da Tunesien mit dem stufenweisen Abbau der Zölle bereits 1996 begonnen hat, ist mit einem Fallen der letzten Zollschranken bereits 2008 zu rechnen. Für 95 Prozent aller Produkte ist die Einfuhr nicht genehmigungspflichtig, Einfuhrbeschränkungen existieren im Rahmen der Lebensmittelüberwachung, wie z.B. bei Gemüse, Backwaren, Fleisch und Lebendvieh.

Deutsch-Tunesische Handelsbeziehungen
Tunesien ist mit einem Handelsvolumen von 27 Prozent nach Libyen der zweitwichtigste Handelspartner Deutschlands im Maghreb (zum Maghreb gehören Algerien, Libyen, Marokko, Mauretanien und Tunesien). Im Jahr 2002 erreichten die deutschen Ausfuhren rund 930 Mio. Euro. Sie entfielen zu gut zwei Dritteln auf Enderzeugnisse, in erster Linie elektronische Güter sowie Kraft- und Luftfahrzeuge. Vorerzeugnisse für die Exportfertigung, wie z. B. Stoffe und Zutaten für die Bekleidungsindustrie und Vorerzeugnisse für die elektrotechnische Industrie, machten 27 Prozent aus. Tunesien liefert rund neun Prozent seiner Exporte nach Deutschland, damit ist die Bundesrepublik nach Frankreich und Italien der drittwichtigste Außenhandelspartner. Im Jahr 2003 wurden Waren im Wert von rund 850 Mio. Euro aus Tunesien nach Deutschland importiert (Rückgang von drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr). Es gibt laut Datenbank der tunesischen Foreign Investment Promotion Agency (FIPA) derzeit insgesamt ca. 2 600 ausländische Unternehmen in Tunesien, darunter 264 Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung, die insgesamt 307,4 Mio. Tunesische Dinar (etwa 234 Mio. Euro) investiert haben und knapp 33 000 Mitarbeiter beschäftigen. Deutschland steht mit diesen Investitionen nach Frankreich und Italien an dritter Stelle.

Kontakte mit Region Nürnberg
Noch ausbaufähig sind nach Auffassung der IHK die Firmenkontakte der mittelfränkischen Wirtschaft zu Tunesien: Derzeit bestehen 113 Verbindungen (19 Firmen haben eine Vertretung in Tunesien, zwei eine Niederlassung, fünf eine Produktionsstätte und drei sind in Rahmen von Joint-Ventures auf dem tunesischen Markt vertreten), dies entspricht einer Steigerung von fast 50 Prozent im Zehn-Jahres-Vergleich. Aber damit nimmt Tunesien immer noch einen Rang im letzten Drittel der weltweiten Wirtschaftskontakte der mittelfränkischen Wirtschaft ein.

Die AHK Tunesien führte 2003 eine repräsentative Umfrage unter deutschen Exportbetrieben im Verarbeitenden Gewerbe in Tunesien durch. Vorteile des Produktionsstandorts Tunesien sehen die befragten Betriebe in der hohen politischen und sozialen Stabilität (85 Prozent) und den attraktiven Steuervorteilen im Vergleich zu alternativen Standorten (81 Prozent). Als weitere Aktivposten werden die geografische Nähe zu Europa und die gute Infrastruktur gesehen, was kurze und flexible Lieferzeiten gestattet. Auch die gut ausgebildeten Arbeitskräfte werden von deutschen Unternehmen geschätzt. Zu den Wachstumsbranchen gehören die Umwelttechnologie, Elektro- und Elektronikindustrie, Informations- und Kommunikationstechnik, Transport und Infrastruktur sowie pharmazeutische Produkte.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2004, Seite 44

 
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