Telefon: +49 911 1335-1335

Delegieren, aber Grenzen setzen

Im vergangenen Jahr wurde das Theater Nürnberg mit seinen Sparten Musiktheater, Schauspiel und Ballett zum Staatstheater erhoben. Beifall von allen Seiten und große Erwartungen: Vom Leuchtturm der Kultur war die Rede. WiM sprach mit Staatsintendant Wulf Konold über die Perspektiven für 2005.

Das Wirtschaftsleben wird immer komplizierter. Der Unternehmer kann deshalb noch weniger als früher alle Entscheidungen alleine treffen, sondern muss Verantwortung delegieren. Mitarbeiter, denen er die Vollmacht dazu erteilt hat, vertreten ihn bei nachgeordneten Entscheidungen.

Art und Umfang der Vollmacht sollten genau festgelegt werden – nicht aus übertriebenem Regelungsbedürfnis, sondern allein aus praktischen Überlegungen. Wird die Vollmacht (beispielsweise eines leitenden Angestellten) nicht im Arbeitsvertrag oder durch schriftliche Vereinbarung detailliert festgelegt, können dem Unternehmen durch einen „wild zeichnenden“ Angestellten ungewollte Verpflichtungen und hohe Kosten entstehen. Das passiert u.a. dann, wenn ein Angestellter unberechtigt (d.h. ohne Vertretungsmacht) ein Geschäft getätigt oder einen Vertrag geschlossen hat und der Vertragspartner auf den geschlossenen Vertrag pocht.

Verschiedene Vertretungssituationen
Grundsätzlich handelt das Unternehmen durch seine Organe. Bei der Rechtsform der GmbH sind dies die Geschäftsführer. Diese vertreten die GmbH gerichtlich und außergerichtlich (§ 35 I GmbH-Gesetz). Der Geschäftsführer ist zwar der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, die ihm auferlegten Weisungen zu befolgen, dies gilt jedoch nur im Innenverhältnis. Dritten gegenüber gelten nur die im Handelsregister eingetragenen Tatsachen (§ 15 Handelsgesetzbuch HGB). Nicht alle Weisungen, die von der Gesellschafterversammlung an den Geschäftsführer ergehen, sind jedoch eintragungsfähige Tatsachen. Dazu gehört z.B. die Gesamtvertretungsbefugnis, nicht hingegen eine Beschränkung der Zeichnungshöhe. Insoweit besteht die Gefahr für die Gesellschaft, dass sie bei weisungswidrigem Verhalten der Geschäftsführer dennoch verpflichtet wird.

Beispiel: Im Handelsregister ist einer von mehreren Geschäftsführern als alleinvertretungsberechtigt eingetragen. In seinem Geschäftsführerdienstvertrag hat ihm die Gesellschafterversammlung eine Beschränkung dahingehend auferlegt, dass er ohne Zustimmung der Gesellschafterversammlung keine Geschäftsabschlüsse tätigt, die 50 000 Euro übersteigen. Tatsächlich kauft der Geschäftsführer von einem Vertragspartner, der diese Beschränkung nicht kennt, einen Gegenstand (z.B. einen Maschine) zum Preis vom 70 000 Euro, ohne die Zustimmung der Gesellschafterversammlung einzuholen. Dieser Vertrag ist grundsätzlich wirksam, die Gesellschaft muss bezahlen.

Arten der Vollmacht
Grundlegend für die rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht ist das Recht der Stellvertretung, welches in den §§ 164 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches BGB geregelt ist. Bedeutender sind jedoch die handelsrechtlichen Sondervorschriften in den §§ 48 ff. HGB. Dabei sind die wichtigsten Arten der Vollmacht im Unternehmen:

Bevollmächtigung zur Zeichnung „im Auftrag“ (i.A.): Diese Art der Zeichnungsbefugnis hat sich in zahlreichen Unternehmen für eine Vielzahl von Mitarbeitern eingebürgert. Normalerweise wird sie vor allem bei Personen, die mit Routinearbeiten betraut sind, verwendet.

Dass der mit „i.A.“ Zeichnende eigentlich nur in sehr eingeschränkter Form tätig sein soll, ändert nichts daran, dass es sich dabei auch um einen Handlungsbevollmächtigten handelt, auch wenn im Wirtschaftsleben zwischen der Bezeichnung i.A. und Handlungsvollmacht ein Unterschied gemacht wird. Rechtlich ist darauf abzustellen, wie ein Dritter das Handeln des Vertreters werten durfte. Für das Unternehmen sind dabei vor allem die Gefahren des Rechtsscheins zu beachten: Duldet der Unternehmer wiederholt, dass der mit „i.A.“ Zeichnende seine Befugnis überschreitet, kann sich der Dritte aus Vertrauensschutzgründen auf die Gültigkeit eines so geschlossenen Vertrages verlassen. Der Geschäftsherr haftet dann nach den Grundsätzen der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht.

Handlungsvollmacht: Die Handlungsvollmacht ist in den §§ 54-58 HGB geregelt. Es gilt hier ebenso, dass sich rechtliches Können und Dürfen nicht notwendigerweise decken müssen. Wie bei Zeichnung „im Auftrag“ kann bei Missbrauch die Haftung nach den Grundsätzen der Duldungs- und Anscheinsvollmacht die Folge sein.

Prokura: Die Prokura ist in den §§ 48-53 HGB geregelt, Erteilung und Erlöschen der Prokura sind nach § 53 HGB ins Handelsregister einzutragen. Es gilt der Grundsatz der Publizität des Handelsregisters (§ 15 HGB), wonach jeder eingetragene Tatsachen gegen sich gelten lassen muss. Nach § 49 I HGB ermächtigt die Prokura grundsätzlich zu allen gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen in einem Handelsgewerbe. Dazu gehören auch außergewöhnliche Geschäfte. Nur Grundlagengeschäfte sind davon ausgenommen. Besonders bedeutsam ist die Unbeschränkbarkeit der Prokura Dritten gegenüber (§ 50 I HGB). Im Innenverhältnis können zwar die Befugnisse des Prokuristen im Rahmen des Anstellungsvertrages oder durch Dienstanweisungen eingeschränkt werden, die gegen diese Einschränkungen eingegangenen Verpflichtungen bleiben aber im Regelfall wirksam.

Aufbau einer Vertretungs- und Zeichnungsordnung
Das Unternehmen kann sich also weder durch interne Beschränkungen der Befugnisse der Mitarbeiter noch über das Handelsregister wirksam nach außen absichern, wenn diese internen Absprachen nicht eintragungsfähig sind. In Betracht kommt nur eine Beschränkung der im Handelsregister eingetragenen Vertreter von Einzel- auf Gesamtvertretung. Dies allein kann aber wie gezeigt noch keinen ausreichenden Schutz bieten.

Um einen möglichst wirksamen Schutz des Unternehmen zu ermöglichen, empfiehlt sich daher der Aufbau einer Bevollmächtigungsstruktur mit Vertretungs- und Zeichnungsordnung. Auf diese Weise lässt sich mit dem jeweiligen Mitarbeiter schon bei Abschluss des Arbeitsvertrages oder später mit der Beförderung zum Zeichnungsberechtigten im Rahmen einer Nachtragsvereinbarung Art und Umfang der Vertretungsmacht festlegen und beispielsweise auch auf einen Höchstbetrag beschränken. Wie dargestellt lässt sich damit zwar die Wirksamkeit der durch die Mitarbeiter weisungswidrig geschlossenen Verträge regelmäßig nicht beseitigen, jedoch lassen sich die Zuständigkeiten von Anfang an klar abgrenzen. Der Mitarbeiter kennt seinen Zuständigkeitsbereich und wird nicht so leicht zu Abschlüssen verleitet, die nicht seiner Befugnis entsprechen. Anderenfalls muss er damit rechnen, sich schadensersatzpflichtig zu machen.

Wenn die Geschäftspartner im Laufe der Zusammenarbeit die begrenzte Ressortzuständigkeit und den finanziellen Rahmen des Mitarbeiters erkennen können, reduziert sich das Risiko der Haftung erheblich. Wenn die Geschäftspartner außerdem noch direkt informiert und die eintragungsfähigen Tatsachen ins Handelsregister eingetragen werden, ist das Unternehmen bestmöglich abgesichert.

RA Dr. Günther Kreuzer/Cand. iur. Christine Beder
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2004, Seite 12

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick