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Dicke Luft beim Rauchverbot

In einigen europäischen Ländern ist Rauchen in Bars und Restaurants verboten. Deutschland setzt dagegen auf freiwillige Selbstverpflichtungen statt auf gesetzliche Regelungen.

Zwar sind bereits rund zwei Drittel der Bundesbürger Nichtraucher, aber noch immer sterben Jahr für Jahr 140 000 Menschen an den Folgen von Nikotin, Teer und anderen Schadstoffen, die sich in den Glimmstängeln und dem Qualm befinden. Allein in Bayern sind 16 000 Tote pro Jahr zu beklagen, so das Bayerische Umweltministerium. Die durch das Rauchen verursachten Kosten belaufen sich auf rund 100 Mrd. Euro jährlich, so die EU-Kommission, die Deutschland vor kurzem wegen ihrer Versäumnisse im Nichtraucherschutz kritisierte. EU-Gesundheitskommissar Markos Kyprianou monierte, Deutschland verzögere im Vergleich zu den anderen EU-Staaten die Schaffung rauchfreier Zonen. Zudem sei das europäische Tabakwerbe- und Sponsorenverbot noch nicht in nationales Recht umgesetzt. Jüngst forderte auch die Drogenbeauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Maria Eichhorn, ein Rauchverbot in Gaststätten: „Der Erfolg von Nichtrauchergesetzen in Ländern wie Italien und Spanien zeigt uns doch, dass zum Schutz insbesondere von Kindern und Jugendlichen über weitergehende gesetzliche Maßnahmen auch in Deutschland intensiver nachgedacht werden muss.“

Während in anderen europäischen Ländern zumindest im Gastronomiebereich aus den Folgen des Rauchens Konsequenzen gezogen wurden, versuchen die deutschen Wirte, ein Anti-Tabak-Gesetz abzuwenden. Zwar einigten sich im vergangenen Jahr das Bundesgesundheitsministerium und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband auf einen 2006 beginnenden Dreistufen-Plan zum besseren Schutz von Nichtrauchern in der Gastronomie, doch in Mittelfranken ist davon noch nicht viel zu spüren, in Hotels und Restaurants wird munter weiter gequalmt.

Aktivitäten in Bayern
Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz erklärt: „Mit der Aktion nichtraucherfreundlicher und rauchfreier Hotel- und Gaststättenbetrieb wollen das Gesundheitsministerium und der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband einen spürbaren Anstieg rauchfreier und nichtraucherfreundlicher Angebote an Hotel- und Gaststättenbetrieben bewirken. Bis 2006 sollen 50 Prozent aller bayerischen Betriebe über 75 Quadratmeter Gastfläche zumindest ,nichtraucherfreundlich’ sein. Das heißt: Der Betrieb verfügt über mindestens 40 Prozent rauchfreie Gastfläche und sorgt durch ausreichende Belüftung für einen rauchfreien Gaststättenbesuch.“ Ausgenommen von der Vereinbarung sind kleinere Stehkneipen, Bars oder Dorfgaststätten mit weniger als zehn Tischen oder 75 Quadratmetern. In sehr kleinen Räumen seien, so Gesundheitsminister Werner Schnappauf, die geforderten Kriterien nicht realisierbar. Aktuell nehmen in Bayern über 1 200 Hotels und Gaststätten an der Aktion teil, in Mittelfranken konnten sich erst 137 Betriebe (Stand April 2006) zur Teilnahme entschließen.

Zu den nichtraucherfreundlichen Gaststätten in Nürnberg gehört zum Beispiel das Café Lucas. Dort hatte man bereits Ende 2004 selbst die Initiative ergriffen und die Hälfte der Gasträume zum Nichtraucherbereich erklärt. Zugeschnitten wurden die Raucher- und Nichtraucherzonen entsprechend den Leitungen für Frischluftzufuhr und Abluft: Die Frischluft strömt in den Nichtraucherbereich hinein und geht über den Raucherbereich wieder hinaus. Geschäftsführer Jürgen Singer berichtet: „Die Nichtraucher begrüßten unsere Regelung ausdrücklich.“ Selbst viele Raucher möchten trotz des eigenen Lasters, so Singer, Nichtraucherbereiche haben, da sie das Rauchen beim Essen oder Kaffeetrinken selbst stört. „Und ich habe mehrere Zuschriften von Nichtrauchern erhalten, die jetzt explizit unser Lokal aufsuchen, weil wir Nichtraucherbereiche anbieten.“

Einen Schritt weiter gingen die Verantwortlichen des Subway-Restaurants im Nürnberger Hauptbahnhof. Die Gaststätte ist vom ersten Tag an komplett rauchfrei, und Geschäftsführer Achim Petzoldt berichtet: „Da es unsere Gäste nicht anders kennen, gibt es praktisch keine Probleme. Es kommt äußerst selten vor, dass Gäste nach Aschenbechern fragen.“ Im zweiten Subway-Restaurant in Fürth darf auf der Freischankfläche in der Fußgängerzone (Rudolf-Breitscheid-Straße) geraucht werden, aber nicht im Restaurant.

Nicht stufenweise, sondern mit sofortiger Wirkung ist das Restaurant „unvergesslich“ im Hotel Schindlerhof in Nürnberg-Boxdorf ein weitgehendes Nichtraucher-Restaurant. „Wir haben diesen Entschluss zum Jahresanfang gefasst“, so Nicole Kobjoll, Mitinhaberin des Hotels, „um verstärkt den Wünschen unserer nicht rauchenden Gäste nach einem rauchfreien Restaurant zu entsprechen.“ Denn immer häufiger wird Rauch, der den Geschmack und damit den Genuss der Speisen trübt, als Störung beim Essen empfunden. Eine durchgängige Raucherlaubnis gibt es unverändert in der dem Restaurant zugeordneten Bar. Im Restaurant selbst ist Rauchen ebenso wieder ab etwa 22 Uhr erlaubt, sobald der Service der Hauptgänge abgeschlossen ist. Ein Zugeständnis an Raucher, die nach ihrem Essen nicht auf eine Zigarette, ein Zigarillo oder eine Zigarre verzichten möchten. „Wir wollen unsere Gäste nicht bevormunden, sondern setzen mit dieser lockeren Handhabung eher auf freiwilligen Verzicht und gegenseitige Toleranz.“ Bei „Geschlossenen Gesellschaften“ bestimmt der Gastgeber die Rauchregelung selbst.

Von besten Erfahrungen berichtet Bianca Bauer vom Hotel „Blauer Wolf“ in Gunzenhausen, in dem nur Nichtraucherzimmer zur Verfügung stehen. „Raucher werden im ganzen Hotel auf das Rauchverbot hingewiesen. Bisher wurde das Verbot so weit akzeptiert, dass nur ein einziger Gast ein anderes Hotel buchte.“

Nach einer repräsentativen Umfrage für das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg will eine Mehrheit der Deutschen vollständig rauchfreie Gaststätten. 80 Prozent der Nie-Raucher, mehr als 70 Prozent der ehemaligen Raucher und 25 Prozent der aktiven Raucher sprachen sich dafür aus. Aber natürlich sind auch die restlichen 75 Prozent der Raucher, die wahrscheinlich weiter in Lokalen essen, trinken und zur Zigarette greifen wollen, in den Gastronomiebetrieben gern gesehene, zahlende Gäste.

Von gesetzlichen Verboten und Reglementierungen halten die meisten Wirte nichts, sie hoffen darauf, dass der Markt die rauchfreien oder nichtraucherfreundlichen Gaststätten erzwingt. „Wenn ein Gastronomiebetrieb keinen rauchfreien Platz anbietet, kann der Gast woanders hingehen. Und wenn ein Gast ein Lokal nicht betreten will, weil es dort nach Rauch riecht und er seine Kleidung auslüften muss, dann geht er dort nicht mehr rein,“ meint Ludwig Hagn, Präsident des Hotel- und Gaststättenverbands in Bayern.

Autor/in: 
hpw.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2006, Seite 38

 
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