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Die Flut kanalisieren

Die Empfänger von E-Mails sollten ihre passive Opferrolle verlassen. Ein strukturierter Umgang mit der Überflutung ist gefragt.

Der Anteil elektronischer Kommunikation nimmt im Business ständig zu, im gleichen Maß beklagen die Anwender die Überflutung mit E-Mails. Interessanterweise ist es häufig die firmeninterne Kommunikation, die dafür mit verantwortlich ist. Es müssen gar keine Mails von außen kommen, man genügt sich selbst und mailt sich gegenseitig in Grund und Boden. Aber natürlich wächst auch die externe elektronische Kommunikation und läuft der guten alten Post zunehmend den Rang ab.

Die Tragweite wird unterschätzt
Information wird häufig als der wichtigste Produktionsfaktor dieses Jahrhunderts bezeichnet. Genau betrachtet, handeln viele von uns den ganzen Tag mit Information, denn immer mehr Menschen sitzen am Schreibtisch. Der Umgang mit Information rückt in der modernen Wissensgesellschaft in den Mittelpunkt der Arbeit. Doch ein Blick auf manche Schreibtische zeigt, dass viele Menschen damit offensichtlich Schwierigkeiten haben. Zum einen weil die Flut immer größer wird, zum anderen weil viele Menschen den Umgang mit Information nie gelernt haben.

Die Folgen sind teilweise dramatisch: Wir haben Schwierigkeiten, den eigentlichen Aufgaben gerecht zu werden. Das Problem liegt nicht in der fachlichen Qualifikation, sondern in der Masse, die über uns hereinbricht. Und damit geht häufig ein Gefühl der Überforderung einher. Mit anderen Worten: Wer in Zeiten zunehmender Informationsflut nicht klar strukturiert ist, eine funktionierende Organisation hat und konsequent methodisch arbeitet, ist zum Scheitern verurteilt. Dies ist in der Regel ein schleichender Prozess. Die Leistungsfähigkeit nimmt ab und am Ende steht nicht selten das Burn-Out-Syndrom.

Als eine weitere Folge von Stress lässt das Differenzierungsvermögen im Umgang mit Information nach. Es steigt das Risiko, sich mit den falschen E-Mails zu beschäftigen. Doch mehr Dinge schneller zu tun ist kein Ersatz dafür, das Richtige zu tun.

Wo besteht der Zusammenhang mit E-Mails? Die elektronische Kommunikation hat an dieser Entwicklung einen immer größeren Anteil. Viele Unternehmen laufen Gefahr, trotz oder gerade wegen dieser modernen Technik unter dem Strich an Produktivität zu verlieren, weil die Gesundheit der Mitarbeiter leidet und weil kaum noch einer bemerkt, dass in vielen Organisationen zwar eine enorme „Geschäftigkeit“ vorherrscht (hoher Mail-Verkehr), aber kaum noch etwas ernsthaft bewegt und vorangetrieben wird.

Handlungsbedarf erkennen
Es stimmt schon nachdenklich, dass E-Mail-Kommunikation in der Wirtschaft heute Standard ist, gleichzeitig aber die wenigsten Unternehmen sich mit den geschilderten Gesichtspunkten auseinandersetzen. Denn das E-Mail verdrängt teilweise sogar das Telefon. Der Anteil der Arbeitszeit, der auf den Umgang mit E-Mails fällt, steigt und dennoch lassen viele Organisationen diese Entwicklung völlig unkontrolliert ablaufen.

Ganz zu schweigen von dem schlechten Eindruck, den viele Firmen in der Kommunikation mit Kunden und Geschäftspartnern erwecken. Führungskräfte bekommen nicht mehr mit, „was“ und „wie“ ihre Mitarbeiter im Namen des Unternehmens nach außen kommunizieren. Die rechtlichen Risiken eingeschlossen.

Gefordert ist also die Entwicklung klarer Richtlinien sowie ein Qualifizierungsprogramm für die Anwender. Und dies sowohl im Hinblick auf unsere Rolle als Empfänger, als auch auf unser Sendeverhalten. Denn unprofessionelle Kommunikation ist eine der Hauptursachen für firmeninterne Mail-Überflutung. Wir sind eben nicht nur „Opfer“, sondern häufig auch „Täter“.

Was Anwender kurzfristig tun können
Der richtige Umgang mit E-Mails ist ein Thema, das von seinem Umfang her häufig unterschätzt wird. Überhaupt handelt es sich hierbei um einen Optimierungsprozess, den man beginnen, aber nie beenden kann. Es ist eine immerwährende Herausforderung. An dieser Stelle einige Impulse und Denkanstöße:

  • Richten Sie in Ihrem E-Mail-Programm eine Organisationsstruktur ein. Wer mit E-Mails professionell arbeiten will, braucht eine funktionierende Ablage. Doch dieses Thema ist medienunabhängig. Die Frage lautet also nicht, wie organisiere ich meine E-Mails, sondern wie organisiere ich die Informationen an meinem Arbeitsplatz. Wenn Sie eine Lösung entwickelt haben, setzen Sie diese sowohl für Ihre konventionelle Organisation als auch für Ihre E-Mails um.
  • Legen Sie Arbeitsordner an: In den Ordner „Bearbeiten“ verschieben Sie alle Mails, die Sie noch bearbeiten müssen. In „Antwort offen“ kommt alles, wo Sie noch auf eine Antwort warten. Und „Lesen“ beinhaltet Nachrichten, die Sie irgendwann lesen wollen. Mit einem „Klick“ auf den jeweiligen Ordner haben Sie immer den Überblick. Eine solche Ordnerstruktur ist auch die Grundlage, dass der Posteingang immer nur die wirklich neu eingetroffenen Mails beinhaltet.
  • Leiten Sie aus E-Mails klare Handlungen für sich ab. Scheuen Sie sich nicht, bei diffusen Inhalten beim Absender nachzufragen, was er konkret will.
  • Lassen Sie sich gegebenenfalls aus Verteilerlisten streichen. Legen Sie die Angst ab, etwas Wichtiges zu versäumen.

Auch die Methodik im Umgang mit E-Mails muss hinterfragt werden:

  • Lassen Sie sich neu eintreffenden E-Mails nicht signalisieren. Diese Unsitte bedeutet eine ständige Ablenkung von allen Arbeiten, die Konzentration erfordern. Von einigen Ausnahmen abgesehen, sollte die Durchsicht des Posteingangs drei- bis viermal täglich genügen. Für dringende Angelegenheiten ist das Telefon geeigneter, denn wir wissen schließlich nicht, ob der jeweilige Mail-Partner auch an seinem Platz ist.
  • Bearbeiten Sie Ihren Posteingang immer nach dem gleichen Muster: Eine Angelegenheit, die drei bis maximal fünf Minuten benötigt, erledigen Sie sofort. Dinge, die länger brauchen, verschieben Sie in Ihre Ablage. Eine Kopie kommt in den Ordner „Bearbeiten“ und dient Ihnen als Erinnerung.
  • Bei vielen E-Mails im Posteingang, z.B. nach dem Urlaub, ändern Sie die Sortierung von „Zustelldatum“ auf „Absender“. Dann können Sie die Mails blockweise abarbeiten und telefonische Rückfragen zusammenfassen.

Setzen Sie sich mit Ihrem Sendeverhalten auseinander. Kommunizieren Sie präzise und bewusst:

  • Schreiben Sie explizit, was Sie in welcher Form bis wann erwarten. Das hilft auch Ihnen als Absender.
  • Nicht jedes Thema eignet sich für die Kommunikation per E-Mail. Greifen Sie bei Inhalten, die sehr komplex sind oder bei denen die Gefahr von Missverständnissen groß ist, lieber zum Telefon. Bitten Sie Ihr Gegenüber gegebenenfalls per E-Mail um einen passenden Gesprächstermin.
  • Formulieren Sie präzise Betreffzeilen. Nicht: „Terminverschiebung“, besser ist: „Vertriebsprojekt – Besprechung am 23.11. – Terminverschiebung“. Denken Sie daran: dass durch die „Antwort-Funktion“ manch oberflächlich formulierte Betreffzeile wieder an Sie zurückkommt.
  • Schreiben Sie kurze E-Mails. Werden Sie stutzig, wenn Ihr Text zu umfangreich wird. Eisenhower soll gesagt haben: „Alles was nicht auf eine Seite passt, ist weder durchdacht noch entscheidungsreif.“
  • Adressieren Sie überlegt. Für wen ist die Nachricht von Bedeutung? Fragen Sie bei turnusmäßigen Rund-Mails, wer in den Verteiler möchte.

Firmeninterne E-Mail-Richtlinie

In jedes Unternehmen gehört eine E-Mail-Richtlinie, in der alle firmenspezifischen Regeln dokumentiert sind und die Grundlage zur Entwicklung einer „E-Mail-Kommunikationskultur“ bildet. Aber Kultur lässt sich nicht per Rundschreiben einführen. Genauso wichtig ist es, die Anwender entsprechend zu schulen und bei diesem Lernprozess zu unterstützen. Dies sind die besten Voraussetzungen, damit diese moderne Technologie für die Mitarbeiter einen Gewinn darstellt und die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens fördert.

Externer Kontakt: Gunter Meier, moreE+E, Schwabach
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2006, Seite 30

 
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