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Brezen Kolb

Backwerk mit Botschaft

Sie sind zwar nicht so berühmt wie die Nürnberger Lebkuchen, haben dafür aber das ganze Jahr über Saison: Die Brezeln der Bäckerei Kolb. Bei Verköstigungen belegt das Laugengebäck regelmäßig den ersten Platz; eine Tatsache, die Backstubenleiter Erich Wolfschmidt vor allem mit der Frische der Ware begründet: „Wir liefern im Stundentakt an unsere Händler aus.“

Den Grundstein für den Erfolg legten der heute 77 Jahre alte Firmengründer Heinz Kolb und seine Frau Anneliese nach dem Zweiten Weltkrieg. In der Bäckerei in der Adam-Klein-Straße buk Kolb neben verschiedenen Backwaren Tag für Tag 200 Brezeln, die im Hauptbahnhof verkauft wurden und reißend Absatz fanden, wie Wolfschmidt berichtet. Um die große Nachfrage nach den verschlungenen Back-Kunstwerken befriedigen zu können, legte sich Meister Kolb einen weiteren Backofen zu. Trotzdem reichte der Platz bald nicht mehr aus. Eine Spezialisierung schien unumgänglich. Die erfolgte 1969 mit dem Umzug in die Fürther Straße 52, wo die Bäckerei Kolb noch heute ihren Sitz hat. In dem 150 Quadtratmeter großen Ladengeschäft wurden vom ersten Tag an ausschließlich Brezeln gebacken.

Die wurden jedoch erstmals nicht mehr von Hand geschlungen, sondern von einer Maschine. Vor gut zehn Jahren wurde die erste Schlingmaschine durch einen neuen Automaten ersetzt, die Herstellung rationalisiert. Vollautomatisch werden nun Mehl und Wasser in den Knetbottich gefüllt; Hefe, Malzmehl, Salz und Gewürze werden von Hand zugemischt. Die Teiglinge wandern über den Strangroller in die Schlingmaschine und weiter in die Gärkammer und durch den Kühltunnel, danach durch ein Laugenbad und schließlich in den Bandofen. Bis aus dem Teig eine knusprig-braune Brezel wird, vergehen rund 75 Minuten.

Obwohl die Anlage automatisch arbeitet, sei viel Wissen und etwas Handarbeit nötig, um eine durchgängig hohe Qualität zu erzielen, erklärt Wolfschmidt. Je nach Witterung müsse etwa die Wassertemperatur, die Wassermenge oder aber die Hefe reguliert werden. Ein- bis zweimal pro Woche wird der neun Tonnen Mehl fassende Mehlbunker unter der Backstube mit Rosenmehl aus der gleichnamigen Landshuter Mühle gefüllt. Auf Schweineschmalz könne verzichtet werden. Andere Bäckereien setzten Fett ein, um ihre Brezeln frisch zu halten. Ein Express-Lieferservice sorgt dafür, dass die Brezen kurze Wege zum Kunden haben und gegessen werden, bevor sie alt werden können.

Keine aufgebackenen Teiglinge
Ganz bewusst verkauft die Bäckerei auch keine Teiglinge, also keine rohen Brezen zum Aufbacken, an Bäckereien oder Tankstellen. „Mit Teiglingen gibt man die Qualität aus der Hand. Unser Name würde darunter leiden. Wir stehen zu dem Produkt so, wie es bei uns aus dem Ofen kommt“, betont Wolfschmidt. Jeder Kunde könne sich vor Ort von der Qualität überzeugen – ein Vorteil, auf den die Backfabriken in anonymen Industriegebieten verzichten müssten.

Gebacken wird von ein Uhr morgens bis nachmittags um 14 Uhr, samstags bis zwölf Uhr. Im Zwei-Schicht-Betrieb verdienen 14 Mitarbeiter ihre Brötchen in der Backstube. „95 Gramm Teiggewicht, 285 Grad Backtemperatur, 75 Gramm Fertiggewicht, 207 Kalorien pro Stück“, nennt Wolfschmidt die Eckdaten. Rund 2 500 knusprig-warme Brezeln purzeln pro Stunde vom Band. Zum Schluss werden sie in ein Gemisch aus Salz und Mehl getaucht, damit sie ihre feine Salzkruste bekommen. In Körben verpackt, gehen sie danach in den typischen brezel-braunen Kolb-Transportern im Stundentakt auf die Reise. Beliefert werden Kioske und Imbissläden, aber auch spezielle Kolb-Stände in der Nürnberger Innenstadt. Jeder Standbetreiber kann das begehrte Gebäck nach seinem Geschmack veredeln, mal klassisch mit Butter, mal mit Emmentaler, Camenbert oder Frischkäse, mit Salami, Schinken, Streichwurst oder sogar mit Nutella.

Geliefert wird ab einer Mindestmenge von 20 Stück; manche Kioske, wie etwa der Verkaufsstand an der Lorenzkirche, bekommen in Spitzenzeiten bis zu 300 Brezen stündlich angeliefert. Viele Stammkunden kommen aber auch direkt in die Fürther Straße, um sich ihre Brezel abzuholen: für 45 Cent das Stück.

„Brezeln sind wetterfühlig“, sagt Wolfschmidt. Laugengebäck ziehe innerhalb kürzester Zeit Wasser, weil Salz und Kruste „hygroskopisch“ reagieren. „Dann wird die Kruste weich. Die frischeste Brezel fühlt sich an, als ob sie alt wäre.“ Ein paar Minuten auf der warmen Fensterbank oder auf dem Toaster können, kurz vor dem Essen angewandt, Wunder wirken, rät der Bäcker.

„In unserem Produkt steckt Kraft“, sagt der gläubige Backstubenleiter, der das Gebäck gerne als biblische Friedensbotschaft verstanden wissen möchte. Klar, dass die Sonntagsruhe und der dreiwöchige Betriebsurlaub im August bei Kolb heilig sind. „Sonntags bleibt die Backstube geschlossen. Da machen wir keine Ausnahme, auch für den ‚Club’ nicht.“

Autor/in: 
mei.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 02|2007, Seite 46

 
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