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Merkwürdige Botschaften

Produkte mit chinesischen Aufschriften sind in Mode. Aber oft sind sie unfreiwillig komisch.

Chinas Export boomt. Und das Reich der Mitte versucht inzwischen auch, seine Kultur weltweit zu verbreiten. Zum Beispiel mit den Konfuzius-Instituten, von denen im vergangenen Jahr auch eines in Nürnberg eröffnet wurde. Dort kann man zum Beispiel Chinesisch lernen, jene Sprache, die uns so fremd ist, vor allem wegen ihrer Schrift. Wobei Chinesisch-Kenntnisse sogar im deutschen Alltag nützlich sein können. Denn immer öfter entdeckt man hier zu Lande in Kaufhäusern und Supermärkten auch Produkte, die mit chinesischen Schriftzeichen bedruckt sind. Die kommen aber oft gar nicht aus China, wie etwa Sofas oder Süß-Sauer-Saucen. Oder sie werden dort nur in westlichem Auftrag gefertigt, wie etwa Blusen und Bettwäsche, Tassen und Teller. Auf allen prangen Asia-Motive und chinesische Schriftzeichen.

China ist in und es ist schick, sich entsprechend auszustatten. Transportieren die geheimnisvollen Zeichen doch nicht nur Exotik, sondern auch fernöstliche Weisheit und Wellness: Tao und Zen (wobei letzteres übrigens japanisch ist, aber das liegt ja auch im Osten), Fengshui und Yinyang, Taiji und Qigong. Schon einmal schwappte eine so große China-Welle über uns hinweg. Das war im 18. Jahrhundert, als viele Fürsten ihre Parks und Paläste mit Echtem oder Nachgemachtem im chinesischen Stil ausstatteten. Möbel und Tapisserien, Lackarbeiten und Vasen waren beliebte Chinoiserien. Besonders begehrt war Porzellan (eine chinesische Erfindung) in allen Formen, vorzugsweise aus Meissen.

Die heutigen Chinesereien sind meist schlichter. Obwohl Kalligraphie in China ja wirklich eine hohe Kunst war und ist. Und die gemalten Wörter sind auch schön anzuschauen. Aber manchmal wüsste man über den schönen Schein hinaus schon gerne, was sie eigentlich bedeuten. Wenn man etwa weiß, dass die geheimnisvollen Zeichen „mei meng“ auf der Bettwäsche „schöne Träume“ bedeuten, dann schläft es sich doch gleich viel besser. Und wenn auf der Teetasse ein „cha“ steht, das schlicht und einfach „Tee“ heißt, ist das auch beruhigend. Doch was soll man von dem Sofa halten, auf dem mehrfach auf chinesisch „neu“ steht? Noch dazu um 90 Grad nach rechts auf die Seite gedreht! Oder vom Strandlaken, das mit den Schriftzeichen für „Liebe“ – so weit, so gut – und „Zepter“ bedruckt ist.

Dergleichen Unsinn findet sich häufig. Mal stehen die Zeichen auf dem Kopf, mal sind sie spiegelverkehrt aufgetragen. Doch das ist noch das geringere Übel. Wenn es nur Unsinn ist, der da drauf steht, geht das ja noch. Etwa bei der Körperpflegeserie, die in Apotheken mit dem Schriftzeichen „mei“ beworben wird. „Mei“ heißt nichts anderes als schön – wie bei den Träumen auf dem Bettzeug. Schön und gut, es passt ja auch. Aber warum steht dann auf deutsch „Harmonie“ drunter? Tücken der Übersetzung, bei denen einem auch der Morgenmantel wieder einfällt, der in einem deutschen Spielfilm der 80er Jahre von einer blonden Schönheit getragen wurde. Auf schwarzer Seide war da in Gold der Schriftzug „meishan diaoyu hezuoshe“ aufgestickt. Da stand übersetzt nicht etwa „schön“ oder „Harmonie“ drauf, sondern „Fischereikooperative Schöner Berg“.

Wirklich schlimm wird es in einem anderen Beispiel. Ein Discounter bewarb seine asiatische Lebensmittelserie mit dem chinesischen Schriftzug „geng hao he cu lie“. Was nichts anderes heißt als „Noch besser und von schlechter Qualität“! Hat da ein des Chinesischen Unkundiger in einem Wörterbuch nach „billig“ gesucht und sich dabei ordentlich vergriffen?

Von den Gefahren, sich bei den fremden Zeichen zu vertun, wird auch in der Tattoo-Szene gerne berichtet. Denn chinesische Schriftzeichen sind auch als Tätowierung sehr beliebt. Und da ranken sich unzählige Geschichten um Leute, die sich etwa ein „Bad Boy“ in die Haut stechen ließen und sich von der Bedienung im Chinarestaurant unter schallendem Gelächter aufklären lassen mussten, dass das nicht böser, sondern „hässlicher Junge“ heißt. Ein sehr schönes Beispiel liefert auch der Schauspieler Justin Timberlake im Film „Alpha Dog“: Dort wurde er mit seinen Tattoos nicht zum „bösen Buben“, sondern zum „Schlittschuhläufer“. Apropos böse Jungs: Auf der Heckscheibe eines tiefergelegten Golfs war ebenfalls „Bad Boy“ zu lesen, darunter zwei Schriftzeichen. Die bedeuteten aber „Wichtigtuer, Aufschneider“. Könnte hinkommen. Auch Britney Spears griff mit einem Tattoo daneben: Damit war sie nicht „geheimnisvoll“, sondern „merkwürdig“.

Bevor chinesische Schriftzeichen verwendet werden, sollte auf alle Fälle ein China-Kundiger konsultiert werden. Aber Achtung: Damit man nicht auf einen Scherzbold reinfällt, sollte man entweder mehrere Personen – oder doch lieber gleich einen seriösen Experten befragen. Zum Trost für alle sei jedoch gesagt, dass das Problem mit den fremden Schriftzeichen keine Einbahnstraße ist. Ein Beispiel: Produktfälscher aus China präsentierten auf einer Messe kopierte Räuchermännchen aus dem Erzgebirge. Die Aufschrift: „Wir sehen uns in Frankfurt – Halle X, Stand Y“. Die Produktpiraten hatten die Originalbeschriftung wahrscheinlich für deutsche Weihnachtsgrüße gehalten.

Autor/in: 
Hans Kurz
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2007, Seite 10

 
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