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Mehr Ältere in Beschäftigung bringen!

Weniger Erwerbstätige, weniger Fachkräfte: Darauf sollten sich die Unternehmen schon heute einstellen.

Die Deutschen werden älter und weniger. Keine Frage: Mit Blick auf die steigende Lebenserwartung ist diese Entwicklung uneingeschränkt positiv. Das wird in der öffentlichen Debatte leider viel zu selten gesagt. Richtig ist aber auch: Die Folgen des demografischen Wandels sind vielschichtig und stellen Politik und Gesellschaft, aber vor allem auch die Unternehmen vor große Herausforderungen. Unser zentrales Ziel muss sein, Ältere stärker als bisher am Arbeitsleben teilhaben zu lassen.

Expertenprognosen sprechen eine deutliche Sprache: Die Zahl der Erwerbspersonen wird in den nächsten Jahrzehnten insgesamt deutlich zurückgehen. Knapper werden vor allem Arbeitskräfte jüngeren und mittleren Alters. Die Zahl der älteren Arbeitnehmer wird hingegen steigen. Für uns Unternehmer heißt das zum einen, dass der Wettstreit um qualifiziertes Personal härter werden wird. Dabei ist es schon heute in vielen Branchen und Regionen schwierig, qualifizierte Fachkräfte zu finden. Zum anderen werden unsere Mitarbeiter im Schnitt deutlich älter sein als heute. Auch auf offene Stellen werden sich künftig mehr ältere und weniger junge Fachleute bewerben. Auf den Erfahrungsschatz älterer Mitarbeiter werden wir damit in Zukunft noch viel weniger verzichten können als gegenwärtig. Deshalb sollten sich Unternehmen und Beschäftigte schon heute auf ältere Belegschaften und längere Lebensarbeitszeiten einstellen – und sich von verfehlten Frühverrentungsideen der Vergangenheit endgültig verabschieden.

Rente mit 67 richtiger Schritt
Immerhin hat die Politik – nicht zuletzt auf Drängen der IHK-Organisation – bereits einige zentrale Anreize zur Frühverrentung beseitigt und zudem Maßnahmen ergriffen, die mehr Ältere in Arbeit bringen sollen: Schon die rot-grüne Bundesregierung hat die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes für Ältere von maximal 32 auf maximal 18 Monate verkürzt. Die große Koalition hat die Rente mit 67 verabschiedet und damit die Verlängerung der Lebensarbeitszeit ins Gesetz geschrieben. Zusätzlich hat die Bundesregierung die Initiative „50plus“ auf den Weg gebracht. Hierbei handelt es sich zu einem Großteil um Angebote der Arbeitsagenturen, wie zum Beispiel die Förderung der betrieblichen Weiterbildung in kleinen und mittleren Unternehmen sowie Lohnsubventionen an Betriebe, die ältere Arbeitslose einstellen.

Die Initiative „50plus“ wird in Einzelfällen sicher dazu beitragen können, die Beschäftigungslage Älterer zu verbessern. Die viel wichtigeren und längst überfälligen Maßnahmen waren indes die Verkürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes sowie die Rente mit 67. Schließlich sind die rechtlichen Spielregeln, die der Gesetzgeber vorgibt, das A und O, wenn man einen Bewusstseinswandel – hin zu längeren Lebensarbeitszeiten – erreichen will.

 Förderung der Altersteilzeit nicht mehr zeitgemäß
Daher sehe ich in diesem Zusammenhang die Förderung der Altersteilzeit sehr kritisch: Diese hat in der Vergangenheit maßgeblich dazu beigetragen, ältere Arbeitnehmer (in der Regel mit deren Einverständnis) vorzeitig aufs Abstellgleis zu schieben – und das mit hohem finanziellen Aufwand für die Steuer- und Beitragszahler. Die Hauptlast haben dabei übrigens kleine und mittlere Unternehmen zu tragen, in denen Altersteilzeit nur vergleichsweise selten angeboten wird. Ich halte es daher für richtig, dass die direkte Förderung der Altersteilzeit durch die Arbeitsagenturen Ende 2009 ausläuft. Noch besser wäre, Altersteilzeit würde künftig überhaupt nicht mehr – also auch nicht mehr steuerlich – subventioniert.

Die Unternehmen müssen sich schnell auf längere Lebensarbeitszeiten der Beschäftigten einstellen – und am besten schon heute ältere und erfahrene Experten stärker ins Visier nehmen: Wir sollten beispielsweise künftig noch mehr als bisher auf eine altersgerechte Ausgestaltung der Arbeitsplätze achten. Wichtig ist auch, dass das breite Erfahrungswissen älterer Mitarbeiter möglichst vielen – auch jüngeren – Kollegen zugute kommt. Eine Möglichkeit kann sein, verstärkt altersgemischte Teams zu bilden. Klar dürfte auch sein: Wer qualifiziertes Personal anziehen und dauerhaft an sich binden will, sollte sich als möglichst attraktiver Arbeitgeber präsentieren. Hier gibt es für die Betriebe neben dem Gehalt noch weitere „Lockmittel“: Um im Wettbewerb um die besten Köpfe die Nase vorn zu haben, helfen flexible Arbeitszeitmodelle oder andere betriebliche Maßnahmen, die zum Beispiel die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern.

Der demografische Wandel birgt natürlich nicht nur Risiken, sondern auch Chancen – gerade für uns Unternehmer: Eine im Durchschnitt ältere Gesellschaft wird neue Produkte und Dienstleistungen nachfragen. Wer diese Veränderung im Verbraucherverhalten frühzeitig erkennt und mit innovativen Angeboten aufwarten kann, hat gute Chancen, seinen Marktanteil zu vergrößern.

Die IHK-Organisation beschränkt sich nicht darauf, gegenüber der Politik für bessere Rahmenbedingungen bei der Beschäftigung Älterer zu werben. Mit speziellen Seminaren werden Unternehmen und Mitarbeiter für den in den Betrieben stattfindenden demografischen Wandel und die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens sensibilisiert. Schließlich informieren viele IHKs die Unternehmen vor Ort mit Veranstaltungen zum demografischen Wandel und helfen so den Betrieben, sich auf die neuen Bedingungen einzustellen.

Schon in einigen Jahren wird die stärkere Teilhabe Älterer am Arbeitsleben nicht mehr erklärtes Ziel der Politik, sondern längst betrieblicher Alltag sein. Je früher Unternehmen ihre Betriebsstrukturen auf ältere Beschäftigte ausrichten, desto leichter wird es ihnen fallen, diesen Perspektivwechsel zu meistern.

Autor/in: 
von Ludwig Georg Braun, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK)
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2007, Seite 8

 
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