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Laut reicht nicht

Entscheidend sind Nachrichtenwert und verständliche Aufbereitung betrieblicher Neuigkeiten.

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Alles klar?

„Der neue Medium Adapter ermöglicht die Übertragung von ATM-Zellen über plesiochrone Netze.“

Capito? So aufregend begannen jedenfalls zwei Pressemitteilungen, die der Redaktion der „WiM – Wirtschaft in Mittelfranken“ zugingen. Damit werden sie weder den Sprung in das IHK-Magazin noch in andere Medien geschafft haben. Denn wer in der Nachrichtenflut, die über die Redaktionen hereinbricht, nicht untergehen will, muss die Journalisten schon beim Überfliegen „anspringen“. Das gilt besonders für die tagesaktuellen Medien, die angesichts des Zeitdrucks und der vielen gleichzeitig eintreffenden Meldungen zu rigoroser Auswahl gezwungen sind.

Überschrift und Vorspann müssen schon den Kern der Nachricht enthalten. In den journalistischen Lehrbüchern steht, sie sollen die berühmten W-Fragen beantworten: Wer macht oder sagt etwas? Was passiert? Wann, wo, wie und warum? Auf welche Quelle stützt man sich? Die Kunst dabei: Das alles soll möglichst in nur zwei oder drei Sätzen formuliert werden.

Das Prinzip einer ansprechenden Meldung klingt einfach: Vom Wichtigen zum weniger Wichtigen. Der Text soll von hinten kürzbar sein, sodass trotz der meist unvermeidlichen Streichungen die Botschaft verständlich beim Leser oder Hörer ankommt. Und noch eine inhaltliche Anmerkung: Eigenlob und selbstbeweihräuchernde Eigenschaftswörter haben in einem Pressetext nichts zu suchen („aufgrund unserer hervorragenden Qualität“, „unser exzellentes Service-Niveau“). Eine Auswahl weiterer Vokabeln, die jeden Text ungenießbar machen: „ganzheitlich“, „Synergien nutzen“, „Win-Win-Situation“, „Technologie vom Feinsten“ sowie zahlreiche andere Modewörter und scheinbar coole Management-Phrasen. All diese Regeln gehören zum journalistischen Handwerk und wollen geübt sein. Wem es schwer fällt, seine Gedanken in die sprachlich und inhaltlich passende Form zu bringen, dem helfen freie Journalisten oder Agenturen weiter.

Sie können es den Unternehmen aber nicht ganz abnehmen, sich darüber Gedanken zu machen, welche Neuigkeiten im Betrieb überhaupt „Nachrichten-Wert“ haben könnten. Was sind also Anlässe für Pressearbeit?

Die Antwort: Es hängt davon ab. Nämlich davon, in welchen Medien man seine Botschaft platzieren will. Öffentlichkeitsarbeiter und Marketing-Experten sprechen stets von Zielgruppen. Dann sollten sie sich auch bei der Medienarbeit eine zielgruppengenaue Ansprache angewöhnen. Das beginnt damit, dass man seinen Presseverteiler in „Medien-Zielgruppen“ einteilt (z.B. tagesaktuelle Medien, Fachpresse, Printmedien, Hörfunk, Fernsehen, lokale, regionale und überregionale Medien). Eine reine Produktvorstellung mag für eine Fachzeitschrift interessant sein, vielleicht auch noch für die Verbraucherseiten in der Tageszeitung. Aber mit einiger Sicherheit nicht für den Wirtschafts- oder den Lokalteil. Und wer mit Fernseh-Journalisten zu tun hat, muss sich gesondert überlegen, ob und wie man die geplante Geschichte „bebildern“ kann.

Nehmen wir beispielhaft das Wirtschaftsressort der Tageszeitung. Welche Aspekte könnten für einen Redakteur Anlass sein, über das Unternehmen zu berichten? Einige Anregungen:

  • Geschäftsbericht / Bilanzzahlen
  • nennenswerte Investitionen und zahlreiche neue Arbeitsplätze (im Sinne einer transparenten Kommunikation übrigens auch Produktionsverlagerungen oder Entlassungen)
  • rundes Firmenjubiläum
  • wirklich „prominente“ Aufträge (Beispiel: Beteiligung am Bau des Olympia-Stadions in Peking)
  • Kooperation mit anderen Unternehmen oder mit der Wissenschaft
  • originelle Geschäftsideen, neuartige Konzepte in Marketing, Personalführung, Innovationsmanagement etc.
  • Veränderung der Gesellschaftsverhältnisse (z.B. Beteiligung, neuer Eigentümer)
  • Neuorganisation des Unternehmens
  • Personalien und Auszeichnungen

Erfolg versprechend kann es sein, sich an aktuelle Diskussionen „anzuhängen“. Drei Beispiele: Welche Auswirkungen hat das Antidiskriminierungsgesetz für mein Unternehmen? Wie gehe ich als Hotelier mit dem Rauchverbot in der Gastronomie um? Wie haben wir es geschafft, uns gegen Produktpiraten zu wehren? Übrigens können auch gute Pressefotos die Chancen eines Abdrucks erhöhen.

Aber nicht alles, was für das eigene Unternehmen große Bedeutung hat, kann sich in den Medien wiederfinden. Schlicht und einfach deswegen, weil es zu häufig passiert und deshalb nicht dem alten Spruch der Nachrichtenleute genügt „News is what’s different“.

Für das IHK-Magazin „WiM – Wirtschaft in Mittelfranken“ haben wir klare Kriterien dafür, welche Art von Meldungen sich nicht eignen: „Wir haben ein neues Logo.“, „Wir sind auf der Messe X vertreten.“, „Wir sind mit einem Qualitätsmanagementsystem zertifiziert.“, „Das Unternehmen Y gehört jetzt zu unseren Kunden.“, „Wir haben unsere Internet-Seiten neu gestaltet.“ usw. All dies geschieht vielfach in der Metropolregion Nürnberg und würde den zur Verfügung stehenden Platz sprengen. Selbstverständlich sollte überdies sein, dass Anzeigenteil und redaktionelle Inhalte getrennt sind: Wer eine Annonce schaltet, hat nicht automatisch Anrecht auf einen Artikel.

„Aufhänger“ für die Pressearbeit gibt es dennoch genug. Kreativität ist beim Ersinnen von Anlässen gefragt. Einige Beispiele aus den letzten Ausgaben der „WiM“:

  • Rauchverbot in der Gastronomie erhöht Nachfrage nach Markisen (als Sonnenschutz für „vertriebene“ Raucher).
  • Ein auf historische Themen spezialisierter Verlag setzt auf Wissensmanagement.
  • Tragbare Ultraschallgeräte reduzieren Kosten im Gesundheitswesen.
  • Elektronische Verfolgung von Musikpiraten.
  • Mittelfränkisches Unternehmen liefert die Tore für die Handball-WM.
  • Bürostühle, angepasst an die Körperformen von Frauen bzw. Männern.
  • Fasching: Unternehmer-Ehepaar in der „Prinzenrolle“.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2007, Seite 20

 
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