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Was bringt das neue Versicherungsvertragsrecht?

Mit dem neuen Versicherungsvertragsrecht, das am 1. Januar 2008 in Kraft getreten ist, reagierte der Gesetzgeber auf Forderungen, das deutsche Versicherungsrecht zu modernisieren. Außerdem machten verschiedene Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, der bisher übliche Vertragsklauseln bei den Lebensversicherungen für unwirksam erklärt hatte, eine Reform notwendig.

Das neue Gesetz gilt für alle Verträge, die nach dem 1. Januar 2008 geschlossen werden. Auf "Altverträge", die vor diesem Stichtag unterzeichnet wurden, wird bis zum 31. Dezember 2008 noch das alte Recht angewandt, danach gilt auch für diese Verträge das neue Gesetz.

Für den Versicherungskunden bringt das Gesetz zahlreiche Verbesserungen. So werden die Versicherer nunmehr verpflichtet, den Versicherungsnehmer vor Abschluss eines Vertrages umfassend zu beraten und zu informieren und insbesondere diese Beratung zu dokumentieren. Im Streitfall soll das dem Versicherungsnehmer den Beweis erleichtern, dass er z.B. eine Versicherung nur wegen fehlerhafter Beratung abgeschlossen hat. Zudem entfällt das bisherige sogenannte "Alles oder nichts-Prinzip". Nach bisheriger Rechtslage hatte ein Versicherungsnehmer, der grob fahrlässig gegen vertragliche Pflichten etc. verstieß, von seiner Versicherung im Schadensfall nichts zu erwarten. Nach neuem Recht bemessen sich die Leistungskürzungen, zu denen die Versicherung berechtigt ist, nach der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers. Die Versicherungen werden in Zukunft wohl zumindest einen Teil des Schadens begleichen müssen – es sei denn, der Versicherte hat den Schaden absichtlich herbeigeführt. Auch die bisherige Vorschrift des § 12 Abs. 3 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) wurde ersatzlos abgeschafft: Wenn die Versicherung die Leistung schriftlich abgelehnte, hatte der Versicherungsnehmer bisher sechs Monate Zeit, um seinen Anspruch auf die Versicherungsleistung gerichtlich geltend zu machen. Nach dem neuen Recht gelten zugunsten des Versicherungsnehmers die allgemeinen Verjährungsfristen.

Abgeschafft wurde das Prinzip der "Unteilbarkeit der Prämie". Bisher schuldete der Versicherungsnehmer auch dann die volle Jahresprämie, wenn der Versicherungsvertrag z.B. durch fristlose Kündigung seitens der Versicherers im Laufe des Versicherungsjahres endete. Zukünftig muss der Versicherungsnehmer die Prämie nur noch bis zu diesem Zeitpunkt zahlen.

Während die genannten Änderungen sämtliche Versicherungszweige betreffen, wurden weitere speziell für die Lebensversicherung eingeführt. Erstmals wurden ein Anspruch auf Beteiligung an den stillen Reserven gesetzlich verankert und die Grundsätze für die Verteilung der Überschüsse geregelt. Festgelegt wurde, dass der Rückkaufswert von Lebensversicherungen künftig nach dem Deckungskapital der Versicherung und nicht wie bisher nach einem von der Versicherungsgesellschaft in einem wenig transparenten Verfahren ermittelten Zeitwert zu berechnen ist. Der nach dem Deckungskapital berechnete Rückkaufswert fällt in der Regel höher aus als der bisher nach dem Zeitwert berechnete und das Rechenverfahren ist deutlich klarer und nachvollziehbarer. Ferner wurden die Versicherungsunternehmen verpflichtet, ihre Abschluss- und Vertriebskosten dem Kunden offenzulegen und diese Abschlusskosten künftig nach dem Vorbild der Riester-Rente mit den Prämien der ersten fünf Versicherungsjahre zu verrechnen. Bisher wurden die Abschlusskosten meistens mit den Prämien der ersten beiden Vertragsjahre verrechnet, sodass dem Versicherungsnehmer häufig kein Rückkaufswert verblieb, wenn der Vertrag bereits nach wenigen Versicherungsjahren beendet wurde.

Externer Kontakt: Rechtsanwalt Bernold Schöbitz, Stuttgart, info@kanzlei-schoebitz.de
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2008, Seite 35

 
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