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Markenkommunikation

Love and Peace

Aufgeklärte Konsumenten kaufen keine Produkte, bei deren Herstellung Mensch und Umwelt leiden. Marketing-Strategen, die das ignorieren, schaffen Probleme. Von Thomas Kohl

Kommunikation hat schon seit jeher die Beziehungen untereinander geprägt. Während einst Bildzeichen, Texte, schwarz-weiße und später farbige Bilder, Film oder Fernsehen die Übermittlung von Botschaften bestimmten, rasen heute vor allem multimedial unterstützte Bewegtbilder und Videosequenzen durch die kommunikative Welt. Aber schon immer sorgen die richtigen Inhalte für das Wohl und Wehe und sind für eine positive oder negative Stimmung verantwortlich. Gerade die Markenkommunikation braucht höchste Aufmerksamkeit und Sensibilität bei den Inhalten und muss die Zukunft der Marke strikt im Auge behalten. Schließlich sind emotional starke Beziehungen und eingeprägte, positive Wertvorstellungen für die Kaufentscheidungen wichtiger denn je.

Die Veränderungsgeschwindigkeit macht auch vor den Inhalten nicht halt. Letztendlich wurde der Veränderungszyklus der Kommunikation mehr oder weniger logarithmisiert, das heißt Schnelligkeit, Vielfalt und Komplexität werden in sich stetig verkürzenden Zeitfenstern gesteigert. Reizüberflutung und Unüberschaubarkeit sind Schlagworte, die häufig mit Kommunikation in Zusammenhang gebracht werden. Sie fordern auch von den Kommunikatoren eine ständige Veränderung.

Schon bei der Betrachtung eines überschaubaren zeitlichen Abschnitts wird die Notwendigkeit von Veränderungen deutlich. So wird beispielsweise die Flower-Power-Bewegung heute nur noch als nostalgische Verklärung gesehen und schwingt in den Liedern von Scott McKenzie, The Mamas and the Papas oder von Simon and Garfunkel mit. Was blieb, war die Suche nach einer besseren Welt, nach neuen Werten: "There's a whole generation with a new explanation", hieß es 1967 in Scott McKenzies "San Francisco".

Wertewandel bei den Konsumenten
In dieser "neuen Erklärung" ging es um Frieden, individuelle Freiheiten, Menschenrechte, darum, die bestehende Gesellschaft und den bewusstlosen Konsum infrage zu stellen. Diese Ideen verbreiteten sich in der ganzen Welt, und für einen Moment bestimmten sie die öffentliche Diskussion. Dann sah es eine ganze Zeit lang so aus, als wären die alten Träume vergessen. In den 80er Jahren herrschte vielerorts die ungezügelte Gier nach dem "Mehr". Oliver Stone machte mit seinem Film "Wallstreet" den skrupellosen Börsen-SpekuIanten Gordon Gekko zur Ikone des Zeitgeistes. Konsum wurde schick, und Hersteller produzierten ohne große Rücksicht auf Menschenrechte oder Umwelt. Aber die Umweltschäden waren nicht mehr zu übersehen. Und immer mehr Menschen begannen, die alten Fragen neu zu stellen.

Heute leben wir in einer neuen Welt, in der eine revolutionäre Erfindung namens Internet emanzipierten Konsumenten eine neue Plattform bietet. Konsumenten, denen es nicht mehr genügt, gute Qualität zum niedrigen Preis zu kaufen. Sie wollen wissen, wer das Produkt produziert und wie der Hersteller mit Angestellten und Umwelt umgeht.

So sind Märkte entstanden und Unternehmen, die genau diese Kundenbedürfnisse befriedigen. Viele Anbieter sind gezwungen, darüber nachzudenken, wie sie produzieren und verkaufen und wie ihre Geschäftspraktiken auf die neuen, moralisch sensibilisierten Verbraucher wirken. Firmen müssen sich also um Dinge kümmern, an die sie noch vor Kurzem keinen Gedanken verschwendet hatten.

Kluges Marketing transportiert Werte, nicht nur Preise
Was das alles mit Marken und Werbung zu tun hat? Marken können sehr schnell unter Druck geraten. Hersteller, denen der Konsument nicht zutraut, dass sie verantwortlich handeln, können ernste Probleme bekommen. Denn früher oder später werden Konsumenten rund um den Globus anfangen, Fragen zu stellen. Dann täten die Unternehmen gut daran, passende Antworten parat zu haben. Oder besser noch, den Fragen mit einer Kommunikation zuvorzukommen, die Werte und nicht nur den Preis transportiert.

In den vergangenen Jahren ist bei vielen Verbrauchern das Misstrauen gegenüber der Werbung gewachsen. Sie glauben dem alten 45-Sekunden-Spot nicht mehr, sie schalten ab und nutzen andere Medien. Moderne Technik wie Festplattenrekorder gibt ihnen die Möglichkeit, ungewollte Werbebotschaften einfach herauszufiltern. Kommunikation muss heute der gestiegenen Verbrauchersensibilität gegenüber sozialen, ethischen und ökologischen Fragen Rechnung tragen. Und Unternehmen müssen einen ernsthaften Dialog mit dem Verbraucher beginnen. Der neue, internetgeschulte Konsument ist kritisch und gut informiert. Unternehmen können das Netz nutzen, um den Dialog zu beginnen, sich klare Vorteile zu sichern, in dem sie die modernen Kommunikationsmöglichkeiten intensiv einsetzen – und um dem Verbraucher zu signalisieren, dass sie ihn ernst nehmen. Der neue Verbraucher hat eine Stimme. Und er will gehört werden: Ob es den Herstellern gefällt oder nicht.

In den Straßen von Berlin und Seoul beobachten wir dieser Tage das gleiche Phänomen: Außenwerbung, auf die kleine Kommentar-Sticker gepappt werden wie "lch (herz) diese Anzeige", "Ich (gähn) diese Anzeige" oder sogar "Ich (brech) diese Anzeige". Die Stimmen der Kundschaft, ehrliches Feedback für Werber.

Kommt "Web 3.0"?
Marketing-Strategen können das aufgreifen und so erfahren, was die Kunden über ihre Produkte denken. Wenn das richtig gemacht wird, werden etliche Verbraucher ihre Gefühle und Gedanken gern mitteilen. Während die technische Möglichkeit, direkt und interaktiv miteinander im Internet zu kommunizieren, immer beliebter wird, kursiert mit Web 2.0 ein Schlagwort, das den steten Veränderungsprozess bereits beinhaltet. Das zeigt sich auch darin, dass bereits Definitionen, soweit sich das heute überhaupt noch so umschreiben und zeitlich eingrenzen lässt, bereits mit dem Überbegriff "Web 3.0" im Umlauf sind. Aber egal wie, das Internet ist heute das Kommunikationsmittel schlechthin. In Millionen persönlicher Blogs sind solche Bewertungen schon lange gang und gäbe und somit zur wichtigsten – weil glaubwürdigsten – Informationsquelle für andere potenzielle Käufer von Autos oder Fernsehern geworden.

Aber das Feedback wird nicht immer nur positiv sein: Als Chevrolet einige Aufnahmen seines Modells Tahoe online stellte und die Verbraucher aufforderte, ihre eigenen Spots zu konzipieren, griffen Umweltschützer schnell zu und produzierten Spots, die zeigen, wie benzindurstige Autos zum Ozonloch und zur globalen Erwärmung beitragen.

Ein neues Spiel. Und alte Werte: Das Infragestellen der Autoritäten und der Industrie, der Schutz der Umwelt und der Schwachen in der Gesellschaft, mehr Offenheit und Ehrlichkeit – das waren die Träume der Hippies. Heute bestimmen diese Träume von damals das Kaufverhalten aufgeklärter Konsumenten – und hoffentlich auch die Strategien zukunftsorientierter Unternehmensführung und damit auch die Markenkommunikation.

Externer Kontakt: Thomas Kohl ist Geschäftsführer der da kapo Kreative Werbung GmbH in Fürth (thomas.kohl@da-kapo.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2008, Seite 50

 
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