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"Puls-Unternehmertag"

Mach es einfach

Mit weniger Aufwand zu mehr Markterfolg. Wie das funktioniert, versuchte der Kongress des Schwaiger Marktforschungsinstituts puls zu ergründen.

Die Kunst der Vereinfachung hat schon große Marken hervorgebracht. Bekannte Beispiele dafür sind Aldi, Apple oder Google. Bei mittelständischen Unternehmen sind dafür nicht so viele Beispiele bekannt, doch auch diese können durch Vereinfachung ihrer Produktionsprozesse und ihres Marketings sowie ihrer sonstigen Unternehmensabläufe mehr Erfolge erreichen. Davon waren jedenfalls alle Referenten des puls Unternehmertags in der Erlanger Heinrich-Lades-Halle überzeugt.

Zunächst wurden einfache Regeln dafür aufgestellt. Laut Norbert Plachta, Vorstandssprecher der UFB:UMU AG, Nürnberg zählen dazu: Stolpersteine beseitigen, den Blick für das Wesentliche gewinnen, Kunden gezielt ansprechen, die richtige Idee auswählen, Routine durchbrechen und für Aha-Effekte sorgen.

Dass es aber nicht so einfach ist, alles so einfach wie möglich zu machen, war eine der einleitenden Thesen von Prof. Norbert Bolz von der TU Berlin. Der Medienphilosoph erklärend dazu: "Wir möchten immer allgemein, genau und einfach sein. Das geht aber nicht. Man muss immer einen dieser Werte opfern." Außerdem stellte Bolz fest: "Gut genug ist besser als optimal."

Konkreter wurde es bei Dieter Brandes. Der ehemalige Geschäftsführer von Aldi Nord meinte, um Komplexität zu reduzieren, sollte man sich vor allem mit internen Problemen beschäftigen, etwa mit der im Betrieb eingesetzten IT. Außerdem sollten nicht immer wieder neue Regelungen erlassen werden, denn diese würden neue Komplexität und Kosten schaffen. Bei Aldi, erklärte Brandes, gebe es zum Beispiel keine Stabsstellen, keine Marketing-Abteilung, keine Controller und Berater. "Die Manager sollen selbst nachdenken."

Dies bedeutet, dass es letztlich beim Einfachmachen auf Vertrauen und Glaubwürdigkeit ankommt. Dies wurde besonders deutlich bei den Statements der Vorstandssprecher zweier Banken, die sich erst auf dem Markt durchsetzen mussten. Für Karl Matthäus Schmidt, Vorstandssprecher der Berliner quirin bank AG, ist es klar, dass zunehmende Komplexität mit Vertrauensverlust zusammenhängt. Ähnlich argumentiert Theophil Graband, Vorstandsvorsitzender der Nürnberger TeamBank AG: "Wir haben Vertrauen verloren, weil wir komplexe Dinge tun und bei unseren Kunden andere Maßstäbe ansetzen als bei uns selbst." Kunden sollten deshalb auch nicht als Bittsteller betrachtet werden.

Den Kunden immer im Blickfeld zu haben, gehört zu den Rezepten des einfachen Erfolgs. Prof. Detlef Zühlke vom Deutschen Forschungszentrum für künstliche Intelligenz in Kaiserslautern plädierte in diesem Sinne für menschengerechtere Technik, "denn den technikgerechten Menschen wird es nicht geben". Marketing gehe oft nur nach dem Motto vor: "Packen wir noch einige Funktionen drauf." Das befriedige den Kunden aber letztlich nicht, denn dieser habe Probleme mit Funktionsmenge und Funktionsvernetzung. Zühlkes Tipp deshalb: "Machen Sie Funktionalität sichtbar und beachten Sie neben Hard- und Software vor allem auch Useware", womit er die Benutzerfreundlichkeit meint.

Die Praktiker, die am Nachmittag zu Wort kamen, bestätigten dies aus ihrer Erfahrung heraus. Harald Blumenauer, Geschäftsführer iMakler GmbH, Bad Soden: "Wir bringen Licht ins Dickicht verwirrender Provisionssätze der Makler in Deutschland." Bei iMakler gibt es nämlich keine Provision, sondern nur einen einheitlichen Preis für alle. IHK-Hauptgeschäftsführer Markus Lötzsch plädierte für die Optimierung und Vereinfachung interner Prozesse, um nach außen verständlich zu wirken.

Gerhard Sturm, Gründer und Beiratsvorsitzender der ebm-papst Luft und Antriebstechnik, Mulfingen (Baden-Württemberg), hat das Unternehmen, das im vergangenen Geschäftsjahr mehr als eine Mrd. Euro Umsatz erzielte, nach seinen Worten auf einfache Weise aufgebaut. Sturm: "Außer der Geschäftsführung gibt es im Unternehmen keine Stabsfunktionen."

Josef Röhrle, bis vor Kurzem Leiter des Siemens Gerätewerks Erlangen, betonte, dass es auch wichtig sei, Einfachheit vorzuleben. Dazu gehört für ihn, überzeugt zu sein von dem, was man sagt und tut. Röhrle machte schnell die Erfahrung, dass Komplexität auch Geld kostet. Einen Bauchladen wollte deshalb auch die Schuster & Walther IT-Gruppe, Nürnberg, nicht. Ein Motto des Unternehmens war, so ihr Aufsichtsratsvorsitzender Dirk von Vopelius, "durch Dezentralisierung der Komplexität zu entrinnen".

Kunst des Weglassens

Beim puls Unternehmertag präsentierte Dr. Konrad Weßner, Geschäftsführer der puls Marktforschung GmbH, erstmals Ergebnisse der Marktforschungsstudie "Die Kunst des Weglassens". Nicht so erstaunlich ist es, dass im Sommer 2008, als die 1 135 repräsentativen Interviews dazu in Deutschland durchgeführt wurden, etwa ein Drittel der Befragten sagte, das Internet erleichtere ihr Leben. Damit lag Internet an der Spitze vor zum Beispiel Auto, Telefon/Handy, Waschmaschine und Geschirrspülmaschine.

Anders stellen sich die Ergebnisse bei der Frage nach der Einfachheit ausgewählter Produkte bzw. Aktivitäten dar. Da rangiert Internet nur auf dem dritten Platz, aber immer noch vor Autos, Handy und Bankgeschäften, die nur jeder Dritte für einfach hält. Das Handy lag in diesem Punkt schon deshalb weiter hinten, weil nur rund 40 Prozent der vorhandenen Funktionen regelmäßig genutzt werden. So hält zum Beispiel jeder zweite Befragte die Internet-Funktion beim Handy für überflüssig.

Durch einfache Bedienbarkeit fallen jedoch auch die Automarken nicht auf. Am besten unter den Top 10 weltweit schneiden da noch die japanischen Marken Honda und Toyota ab. Weßner erklärte dazu, dass dies eine Chance sei, die von den Automobilherstellern mehr genutzt werden sollte. Fast 60 Prozent der Befragten erwarten, dass Geräte generell selbsterklärend sein sollen, weil sie die Bedienung intuitiv einfach ausprobieren wollen.

Autor/in: 
sm.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2008, Seite 34

 
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