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Werbung

Nicht Äpfel mit Birnen

Nach dem Motto „Meins ist besser als deins“ darf inzwischen auch in Deutschland vergleichende Werbung stattfinden. Von Monique Michel

Noch bis August 2000 war Werbung mit direkten Vergleichen zu namentlich benannten Konkurrenzprodukten unzulässig. Das Konkurrenzprodukt durfte nicht identifizierbar sein. So erinnert man sich an Fernseh-Spots, in denen im Geschmackstest mit prominenten oder Laiendarstellern die beworbene Cola gegen zwei unkenntliche Konkurrenzprodukte "gewann". Mit Umsetzung der Richtlinie 97/55/EG zum 1. September 2000 ist das deutsche Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) geändert worden und erklärt auch hierzulande direkte Werbevergleiche für grundsätzlich zulässig.

Voraussetzung ist jedoch: Die Werbeaussage ist nachprüfbar, entspricht der Wahrheit und ist nicht irreführend. Nach der grundlegenden Reform des UWG von 2004 findet sich der Tatbestand der vergleichenden Werbung in § 6 Abs. 1 UWG definiert. Das Gesetz zieht aber auch Grenzen und bestimmt, in welchen Fällen vergleichende Werbung "unlauter" ist (§ 6 Abs. 2 UWG).

Das Gesetz erklärt vergleichende Werbung für unzulässig, wenn sich der Vergleich nicht auf Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder dieselbe Zweckbestimmung bezieht. Das Stichwort lautet hier: "Keine Äpfel mit Birnen vergleichen." Die miteinander verglichenen Waren oder Dienstleistungen müssen demnach zwar nicht völlig funktionsidentisch sein, jedoch aus Sicht der angesprochenen Kunden einen ausreichenden Grad an Austauschbarkeit aufweisen.

So könnte ein PC-Hersteller seinen Laptop mit direktem Vergleich zu einem Laptop der Konkurrenz mit ähnlicher Ausstattung zulässigerweise bewerben. Unlauter jedoch wäre der Vergleich des Laptops mit einem Desktop-PC der Konkurrenz, weil dieser bei potenziellen Kunden als fest installierter Rechner ein anderes Bedürfnis befriedigt und zu anderen Zwecken eingesetzt wird als ein Laptop, bei dem es auf die Transportfähigkeit und transportspezifische Eigenschaften (z.B. Gewicht, Akku-Laufzeit) ankommt.

Vergleich auf Eigenschaften beschränkt
Ebenfalls unzulässig ist der Vergleich, wenn er nicht "objektiv auf eine oder mehrere wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis" der beworbenen Ware oder Dienstleistung bezogen ist (§ 6 Abs. 2 Nr. 2 UWG). Mit dieser Formulierung ist gemeint, dass mit Eigenschaften des Produktes, d.h. kennzeichnenden und unterscheidbaren Merkmalen geworben werden muss. Ausgeschlossen ist dadurch beispielsweise der Vergleich der Umsatzzahlen konkurrierender Produkte. Eigenschaft können nicht nur die physische Beschaffenheit, die wirtschaftlichen, sozialen oder rechtlichen Merkmale des Produktes oder der Dienstleistung sein, sondern alle Faktoren, die für den Kunden kaufentscheidend sein können. So sind etwa auch die TÜV-Zertifizierung, Lieferbarkeit, Versandmöglichkeiten, Serviceleistungen und -zeiten oder eventuell auch die Zahl und Qualifikation der Mitarbeiter als Eigenschaft in diesem Sinn zu verstehen. Selbst die Beschreibung von Sinneswahrnehmungen, wie etwa Geruchsnoten, ist zulässig (z.B. "riecht wie eine Blumenwiese", "mit dem Duft frischer Äpfel").

Der Vergleich von Eigenschaften oder Preis muss dabei stets objektiv und auch nachprüfbar sein. So ist vor allem auf die korrekte Angabe von Eigenschaften oder Preisen des Mitbewerbers zu achten. Das führt gerade bei Preisvergleichen dazu, dass sogar spontane Preisänderungen der Konkurrenz berücksichtigt werden müssen. Die Werbeaussage muss nämlich zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung objektiv korrekt sein. Ferner müssen die herangezogenen Eigenschaften vergleichbar sein (wiederum keine Äpfel mit Birnen vergleichen) und sich nicht auf völlig unwesentliche Merkmale, die in der Regel nicht kaufentscheidend sind, beziehen. Faustregel: Eine nicht unerhebliche Zahl von verständigen Durchschnittskunden wird typischerweise ihre Kaufentscheidung auf die in der Werbung angegebene Information (d.h. Eigenschaft) stützen.

Neben den genannten Einschränkungen darf vergleichende Werbung auch nicht zu Verwechslungen zwischen dem Werbenden und einem Mitbewerber oder zwischen den Waren/Dienstleistungen oder verwendeten Kennzeichen führen (§ 6 Abs. 2 Nr. 3 UWG). Ebenso wenig darf vergleichende Werbung den (guten) Ruf eines Konkurrenten ausnutzen oder gar beeinträchtigen (§ 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG) oder gar die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönliche oder geschäftliche Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzen oder verunglimpfen.

Konkrete Ansprüche gegen den Werbenden hat der betroffene Mitbewerber bei unzulässig vergleichender Werbung nur, soweit neben dem Verstoß gegen § 6 UWG auch die Voraussetzungen des § 3 UWG erfüllt sind. Nach § 3 UWG sind zunächst nur unlautere Wettbewerbshandlungen erst dann unzulässig, wenn sie geeignet sind, "den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen". Mit dieser Generalklausel werden Bagatellfälle von unlauteren Wettbewerbshandlungen von den Sanktionen des UWG ausgenommen.

Liegen die Voraussetzungen der unlauter vergleichenden Werbung nach § 6 UWG sowie auch eine Wettbewerbsbeeinträchtigung im Sinne von § 3 UWG vor, kann der Werbende zur Beseitigung seiner fraglichen Werbung verpflichtet und bei Wiederholungsgefahr auch auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Diesen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch können nicht nur alle Mitbewerber, sondern auch die Industrie- und Handelskammern, rechtsfähige Berufs- oder Gewerbeverbände oder auch anerkannte Verbraucherverbände gegen ihn geltend machen.

Darüber hinaus ist der unlauter Werbende seinen Mitbewerbern zum Ersatz des aus der unlauteren Werbung entstehenden Schadens gemäß § 9 UWG verpflichtet, sofern er die Wettbewerbsverletzung im Sinne von § 3 UWG wegen Vorsatz oder Fahrlässigkeit zu verantworten hat. So kann er sich beispielsweise nicht auf etwaige Fehler einer beauftragten Werbeagentur berufen, weil ihn die Verpflichtung zur Überwachung und Prüfung seiner Werbemaßnahmen vor Veröffentlichung trifft. Die Höhe derartiger Schadensersatzforderungen kann sich je nach Größe des Unternehmens und der Wettbewerbsbeeinträchtigung im vier- bis sechsstelligen Bereich (!) bewegen. Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern steht dieser Schadensersatzanspruch jedoch nicht zu.

Prominente Kampagnen
Seitdem vergleichende Werbung in Deutschland in den gezeigten Grenzen erlaubt ist, haben Unternehmen von dieser Möglichkeit wiederholt Gebrauch gemacht. Zu nennen sind hier etwa Werbekampagnen der zwei großen Burger-Ketten McDonalds und Burger King, die Getränkehersteller Pepsi und Coca-Cola oder auch die Deutsche Telekom und ihr Konkurrent Telegate. Erst in jüngerer Zeit haben auch nationale Unternehmen (z.B. der Baumarkt Praktiker gegen Obi) die vergleichende Werbung für sich entdeckt – man darf als Kunde also gespannt sein. Als Unternehmer sollte man sich jedoch bei eigenen Werbemaßnahmen vom spezialisierten Rechtsanwalt fachlich beraten lassen bzw. sich gegen unlautere Werbung der Konkurrenz schnell und effektiv mit anwaltlicher Unterstützung zur Wehr setzen.

Externer Kontakt: Monique Michel, anwalt.de services AG, Nürnberg (redaktion@anwalt.de)
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2008, Seite 52

 
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