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Konsum

Renaissance der Mitte

Jahrelang waren die Anbieter von Billig- und von Luxusprodukten die Gewinner bei den Konsumenten. Nun hat die GfK erstmals wieder ein Erstarken der „Mittelmarken“ festgestellt.

„Die Finanz- und Wirtschaftskrise ist beim Verbraucher angekommen“, bilanzierte Prof. Dr. Klaus Wübbenhorst, Vorstandsvorsitzender der Nürnberger GfK SE, bei einer Analyse der Konsumtrends 2010. Im Jahresverlauf 2010 würden 1,5 Mio. Haushalte in Deutschland zusätzlich von Arbeitslosigkeit betroffen werden. Dadurch entstehe für den Handel ein Umsatzverlust von 600 Mio. Euro. Das sei aber verkraftbar, denn prozentual entspreche das Minus gerade einmal 0,4 Prozent der deutschen Handelsumsätze.

Die GfK klassifiziert in diesem Zusammenhang die Konsumhaushalte in die drei Gruppen „Krisenbetroffene“, „Krisengefährdete“ und „Krisenresistente“. Unter Krisenbetroffene werden Arbeitslose und Arbeitnehmer mit konkreter Angst vor Jobverlust summiert. Ihr Anteil soll 2010 der Prognose zufolge um vier Prozent auf 27 Prozent steigen. Diese Gruppe werde 2010 nicht in Ostdeutschland, sondern eher im besser gestellten süddeutschen Raum wachsen, ergänzte Wolfgang Twardawa, Chef der GfK-Sparte Panel Services. „Die können nicht mehr angstfrei einkaufen.“ Damit ist die Gruppe so groß wie der schrumpfende Block der Krisengefährdeten, also Arbeitnehmer mit relativ sicherer Arbeit und Rentner in finanziell angespannter Situation. Weitgehend stabil und unberührt von Konjunkturtiefs und Entlassungen sind die Krisenresistenten.

Allen gemeinsam ist, dass sie auf die sechste Krise der deutschen Nachkriegsgeschichte mit einem Wertewandel an der Ladentheke reagieren. „Gier frisst Hirn“ sei eine Erkenntnis aus dem Beinahe-Kollaps der weltweiten Finanzwirtschaft. Als Konsequenz wolle der Verbraucher mehr Qualität statt Quantität und konsumiere bewusster, der Vormarsch von Bio-Produkten, Naturkosmetik und Fair Trade-Artikeln gehe deshalb weiter. Daher wird laut Twardawa Vertrauen die härteste Währung der Welt. Er kritisierte zugleich Fehlentwicklungen im Handel: „Glaubwürdigkeit gewinnt man nicht mit Analogkäse.“

Die Wirtschaftskrise führt auch zu einem stärkeren Rückzug in das Privatleben: Sicherheit, die eigenen vier Wände und Vertrauen stehen laut GfK-Studie nun auf der Prioritätenliste der Konsumenten ganz oben. Andere Werte wie Macht oder demonstrativer Luxus seien weitgehend passé. „Die Hersteller von Luxusgütern bekommen ein Problem.“ Das ist auch deshalb überraschend, weil sich seit zehn Jahren Premiumartikel und Billigwaren einen immer größeren Marktanteil erkämpft haben – zu Lasten der Mitte. 2009 war nun das erste Jahr, in dem die Produkte des mittleren Segments wieder zugelegt haben. Es gebe gar eine „Renaissance der Mittelmarken“ wie Nivea oder Oetker. Dieses Segment gelte als vertrauenswürdig und „nicht mehr als Mittelmaß“.

Der „deutsche Konsument ist der Optimist Europas“, betonte Wübbenhorst mit Blick auf viele zweistellige Konsumeinbrüche in anderen europäischen Ländern. Im laufenden Jahr werden andere Länder beim Konsum wieder nachziehen, aber auf niedrigerem Niveau. Die Deutschen, die in Summe für 1 500 Mrd. Euro konsumieren, werden laut GfK im laufenden Jahr ihre Konsumausgaben stabil halten. Das bringt zwar keine zusätzlichen Impulse für das Bruttoinlandsprodukt. „Aber am Ende des Tages wäre eine Stagnation ein gutes Ergebnis“, erklärte Wübbenhorst.

Autor/in: 
tt.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2010, Seite 12

 
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