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Schienenverkehr

Auf dem richtigen Gleis?

Wie geht es im 175. Jubiläumsjahr der Eisenbahn mit wichtigen Schienenprojekten in der Metropolregion voran?

Vor drei Jahren haben die IHKs der Metropolregion Nürnberg eine Liste der zwölf vordringlichsten Verkehrsprojekte in Nordbayern vorgelegt. Vier davon sind Vorhaben des Schienenverkehrs, die aus Sicht der Wirtschaft hohe Bedeutung haben.

ICE-Trasse Nürnberg – Erfurt

Die 83 Kilometer lange Ausbaustrecke Nürnberg – Ebensfeld und die 107 Kilometer lange Neubaustrecke Ebensfeld – Erfurt sind Teilstücke des Verkehrsprojekts Deutsche Einheit Nr. 8 (VDE 8). Mit der sich im Süden anschließenden, bereits 2006 in Betrieb genommenen Ausbaustrecke Nürnberg – Ingolstadt – München bildet das VDE 8 die Nord-Süd-Hochleistungstrasse der Bahn, die ab 2017 die Fahrzeit von München nach Berlin auf rund vier Stunden verkürzen soll. Die zeitliche Distanz zwischen Nürnberg und Erfurt wird von 172 auf 66 Minuten schrumpfen.

Derzeit laufen die Arbeiten an der zweigleisigen Neubaustrecke von Ebensfeld in Oberfranken nach Erfurt quer durch den Thüringer Wald. Mit 22 Tunneln und 29 Talbrücken ist diese Trasse nicht nur eine Herausforderung für Eisenbahningenieure, sondern auch für die Finanzierung: Mehr als ein Viertel der für das VDE 8 veranschlagten zehn Mrd. Euro werden im Abschnitt zwischen Ebensfeld und Erfurt verbaut. Knapp 240 Mio. Euro wird die Europäische Union zuschießen. Nach Aussagen von Projektleiter Olaf Drescher liegen sämtliche Bauarbeiten auf der Strecke im Plan.

Zwischen Nürnberg und Ebensfeld wurden für den S-Bahn-Ausbau u.a. zahlreiche Bahnsteige an Haltepunkten und Bahnhöfen erneuert. Auf dem Teilstück Nürnberg – Fürth werden zwei neue Gleise gebaut sowie vier Eisenbahnüberführungen und Straßenbrücken erneuert. Damit die Fernzüge zwischen Nürnberg und Ebensfeld wie geplant 2017 mit einer Geschwindigkeit von 230 Kilometern per Stunde fahren können, muss die Strecke auf der Gesamtlänge von 95 Kilometern viergleisig ausgebaut werden. Darin enthalten ist die circa 13 Kilometer lange Güterzugstrecke von Nürnberg bis zum Knoten Eltersdorf. Sie soll den Eisenbahnknoten Fürth entlasten, wo ein Großteil des Nah- und Fernverkehrs aus dem Westen (Würzburg) und aus dem Norden (Bamberg) sowie der Güterverkehr zusammenlaufen. Um das „Nadelöhr“ Fürth zu vermeiden, soll ein fast 7 000 Meter langes Teilstück der geplanten Güterzugstrecke unterirdisch von der Ringbahn im Südwesten Nürnbergs unter der Pegnitz hindurch bis zum Fürther Stadtteil Kronach geführt werden. Der erste Spatenstich am Fürther Tunnel wird aber noch länger auf sich warten lassen; derzeit werden erst die für das Planfeststellungsverfahren notwendigen Unterlagen erarbeitet. Darüber hinaus steht das Vorhaben in unmittelbarem Zusammenhang mit dem S-Bahn-Bau, der durch Einwände der Stadt Fürth verzögert wird.

Nach dem offiziellen Zeitplan sollen sowohl Neubau- als auch Ausbaumaßnahmen zwischen Nürnberg und Erfurt bis 2017 abgeschlossen sein. Allerdings richtet sich das Tempo der weiteren, über den S-Bahn-Ausbau hinausgehenden Bauarbeiten zwischen Nürnberg und Ebensfeld nach den „jährlich zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln“, wie das Bundesverkehrsministerium mitteilt. Das heißt, die Finanzierung ist noch nicht gesichert. Im Moment prüft das Bundesverkehrsministerium den Bedarfsplan, der die Prioritäten bei der Finanzierung noch nicht begonnener Schienenprojekte setzt. Mit einem Ergebnis ist nicht vor dem Frühsommer 2010 zu rechnen.

Nürnberg – Regensburg – Passau – Wien

Die Schienenverbindung von Nürnberg nach Wien ist eine der Hauptschlagadern des West-Ost-Verkehrs in Europa. Im Personenverkehr fährt seit 2007 sechsmal täglich ein ICE von Frankfurt im Zwei-Stunden-Takt nach Wien.

Für Nürnberg ist diese Strecke im Güterverkehr die wichtigste Achse nach Südosteuropa. Diese Trasse ist bereits jetzt stark frequentiert. Mittel- und langfristig hält Harald Leupold, Geschäftsführer der Hafen Nürnberg-Roth GmbH und IHK-Vizepräsident, den Ausbau der Strecke für unumgänglich. Wenn ein leistungsfähiges Schienenangebot fehle, würde der zunehmende Güterverkehr per Lkw abgewickelt – mit den unerwünschten Konsequenzen eines noch höheren Verkehrsaufkommens und klimafeindlichen Schadstoffemissionen. Die Deutsche Bahn ist derzeit dabei, die Kapazität der Strecke zu erhöhen. Neben den Arbeiten zwischen Nürnberg und Neumarkt im Rahmen des S-Bahn-Ausbaus ist der Ausbau des Bahnhofs Regensburg geplant, was eine höhere Durchfahrtsgeschwindigkeit ermöglicht. Außerdem sind zwischen Regensburg und Passau Überholgleise für den Güterverkehr vorgesehen.

Finanziert werden diese Vorhaben – sie sollen bis 2011 realisiert sein – mit Mitteln aus dem Konjunkturpaket. Diese Maßnahmen erweitern zwar die Kapazität auf der Strecke bis Passau, werden aber nicht den Forderungen der IHK nach einer höheren Reisegeschwindigkeit von 200 Kilometern per Stunde gerecht.

Nürnberg – Marktredwitz – Prag

Wer mit dem Zug von Nürnberg nach Prag reisen will, braucht viel Geduld: Über fünf Stunden dauert die Fahrt über Furth im Wald in die tschechische Hauptstadt. Betreiber dieser Verbindung (zweimal pro Tag) ist die Vogtlandbahn GmbH. Schneller und häufiger fährt der Komfortbus der Deutschen Bahn, der sechsmal täglich am Nürnberger Bahnhofsvorplatz startet. Drei Stunden und 45 Minuten später hält er am Prager Busbahnhof Wilsonova. Dieser „Schienenersatzverkehr“ bei der Personenbeförderung ist eine pragmatische Lösung, die für den Güterverkehr jedoch ausscheidet. Hier sei der Status quo „völlig unakzeptabel“, wie Harald Leupold feststellt.

Der Ausbau der Eisenbahnstrecke Nürnberg – Marktredwitz – Cheb (Eger) – Prag als Teil der TEN 22 ist seit Jahren im Gespräch und steht auf der verkehrspolitischen Agenda der IHKs der Metropolregion Nürnberg weit oben. Bereits 1995 wurde zwischen Deutschland und Tschechien ein Abkommen unterzeichnet, das den Ausbau der Trasse regelt. Auf tschechischer Seite wird der Ausbau des Streckenabschnitts zwischen Prag und Cheb (Eger) vorangetrieben, die Fertigstellung ist bis 2016 vorgesehen. Auf deutscher Seite liegen die Ausbaupläne dagegen mangels Finanzierung auf Eis. Zum großen Leidwesen der Logistiker in der Metropolregion Nürnberg: Denn die fehlende Elektrifizierung und die zu niedrigen Lichtraumprofile der Tunnel im oberen Pegnitztal bremsen den kombinierten Güterverkehr aus. Gerade die Strecke nach Prag habe aber für den Wirtschaftsraum Nürnberg erhebliche Bedeutung, wie Leupold betont. Das gelte insbesondere für die in der Metropolregion Nürnberg stark vertretene Autozulieferindustrie.

S-Bahn-Ausbau

Zum Fahrplanwechsel 2010/2011 wird das S-Bahn-Netz in der Metropolregion mit 224 Kilometern und 80 Stationen dreimal so groß sein wie heute, wenn im Dezember vier weitere Strecken in Betrieb gehen: Die „S 1“ wird von Lauf nach Hartmannshof verlängert. In die Gegenrichtung wird diese Linie von Nürnberg bis Forchheim mit einer Durchbindung nach Bamberg fahren. Neu hinzu kommen die S-Bahnverbindungen von Nürnberg nach Ansbach („S 4“) sowie von Nürnberg über Feucht nach Neumarkt/Oberpfalz („S 3“). Damit die S-Bahnzüge zum Ende des Eisenbahn-Jubiläumsjahres auf den neuen Strecken rollen können, haben die Bautrupps noch viel zu tun. Die Deutsche Bahn hält offiziell nach wie vor am Termin der Inbetriebnahme Dezember 2010 fest. Schwerwiegende Probleme bei der Umsetzung bereiten aber die Einwände der Stadt Fürth gegen die Planung durch das Knoblauchsland. Aufgrund der Fürther Einwände gegen diese Planung wurde ein neues Gutachten veranlasst, um die Kosten-Nutzen-Effekte der „Verschwenk“-Lösung mit der bestehenden Strecke über Vach zu vergleichen.

Das Gutachten attestierte nur der Verschwenklösung eine förderungswürdige Kosten-Nutzen-Relation; ein Ergebnis, das die Stadt Fürth anzweifelt. Nun ist die Regierung von Mittelfranken am Zug: Als „zuständige Anhörungsbehörde“ wird sie im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens voraussichtlich im April einen Erörterungstermin ansetzen, um das Für und Wider der Trassenvarianten zu diskutieren. Auf dieser Basis gibt die Bezirksregierung eine abschließende Stellungnahme an das Eisenbahnbundesamt (EBA) ab. Der weitere Ablauf des Verfahrens liegt dann in den Händen des EBA als der zuständigen Planfeststellungsbehörde. Die Bahn hat schon jetzt klargestellt, dass wegen dieser Verzögerungen die bis Dezember 2011 geplante Fertigstellung der Trasse über Fürth-Steinach „nicht mehr realisierbar“ sei.

Autor/in: 
Andrea Wiedemann
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2010, Seite 31

 
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