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Arbeitsrecht

Schwache Leistung

Wenn Mitarbeiter den Anforderungen nicht gerecht werden, kann dies zu hohen Kosten und zu Nachteilen im Wettbewerb führen. Wie kann ein Arbeitgeber reagieren? Von Prof. Dr. Rolf Otto Seeling

Im Arbeitsrecht versteht man unter einer „Low Performance“ eine Minderleistung. Sie liegt vor, wenn die tatsächlich erbrachte Leistung negativ von der geschuldeten Leistung abweicht, sei es in qualitativer oder in quantitativer Hinsicht. Hier muss der Arbeitgeber einen Soll-Ist-Vergleich anstellen.

Bei der Bestimmung des „Soll“ ergeben sich erste Schwierigkeiten: Denn der Arbeitsvertrag ist bekanntlich kein Werkvertrag, bei dem ein Erfolg geschuldet wäre. Bei einem Arbeitsvertrag handelt es sich vielmehr um eine besondere Form des Dienstvertrages, aufgrund dessen die Erbringung von Diensten bzw. Arbeitsleistung geschuldet ist. Woraus ergibt sich nun, welche Qualität oder Quantität an Arbeitsleistung ein Mitarbeiter in objektiver Hinsicht erbringen muss?

Den ersten Anknüpfungspunkt bilden die getroffenen schriftlichen Vereinbarungen, die aber meist nicht ergiebig sein werden. Weitere Anhaltspunkte ergeben sich aus Weisungen des Arbeitgebers. In aller Regel wird sich die geschuldete Leistung objektiv zwar einem gewissen Tätigkeitsbereich zuordnen, aber kaum qualifizieren oder quantifizieren lassen.

In subjektiver Hinsicht schuldet ein Arbeitnehmer nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) „die angemessene Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit“ – nicht mehr und nicht weniger. Das BAG formuliert plakativ: „Der Arbeitnehmer muss tun, was er soll, und zwar so gut, wie er kann.“

Ermittlung von Low Performance

Mangels anderweitiger Anhaltspunkte empfiehlt es sich, für die Ermittlung von „Low Performance“ primär auf die Durchschnittsleistung vergleichbarer Kollegen aus dem eigenen Unternehmen abzustellen, gegebenenfalls aus anderen Unternehmen. Maßstab sind die „Normalleister“. Ergänzend kann zurückgegriffen werden auf die eigene frühere Durchschnittsleistung des betroffenen Arbeitnehmers, soweit die Arbeitsumstände gleich geblieben sind. Auch an internen Rankings oder Zielvereinbarungen kann man sich orientieren.

Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers

Bleibt das festgestellte „Ist“ der Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers erheblich hinter dem ermittelten „Soll“ zurück, stellt sich die Frage, über welche Reaktionsmöglichkeiten der Arbeitgeber verfügt. Verschiedene Szenarien sind in der Diskussion, für den Arbeitgeber aber wenig zielführend. Letztlich wird es um die Frage gehen, ob der Arbeitgeber befugt ist, das Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung zu beenden.

Die rechtliche Situation wird dadurch verkompliziert, dass zwischen verhaltensbedingter und personenbedingter „Low Performance“ zu unterscheiden ist. Ist die „Low Performance“ auf ein steuerbares Verhalten des Arbeitnehmers zurückzuführen (der Arbeitnehmer könnte besser leisten, tut es aber nicht), kommt eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht. Ist die „Low Performance“ dagegen in einem nicht steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers begründet (er kann nicht besser leisten, obwohl er es will), kann allenfalls eine personenbedingte Kündigung in Betracht kommen.

Verhaltensbedingte Kündigung

Den Anknüpfungspunkt für den Kündigungsgrund bei verhaltensbedingter „Low Performance“ bildet die nicht angemessene Ausschöpfung der persönlichen Leistungsfähigkeit durch den Arbeitnehmer. Sie stellt eine Pflichtverletzung dar, die der Arbeitgeber zunächst abmahnen muss. Im Wiederholungsfall (keine Besserung des Verhaltens trotz Abmahnung) kann über eine Kündigung nachgedacht werden.

Die Rechtsprechung hilft dem Arbeitgeber, indem sie die Darlegungs- und Beweislast in einem Kündigungsrechtsstreit abstuft. Falls die Durchschnittsleistung in quantitativer Hinsicht langfristig um ein Drittel unterschritten wird, legt dies nach der Rechtsprechung eine Pflichtverletzung nahe. Der Arbeitgeber genügt in solchen Fällen seiner Darlegungsverpflichtung zur Begründung der Kündigung, wenn er alles vorträgt, was er zu der „Low Performance“ wissen kann. Bei einer qualitativen Minderleistung ist eine bestimmte Quote als Instrumentarium schlechter geeignet; hier ist auf sämtliche Umstände des Einzelfalles abzustellen, die vom Arbeitgeber vorzutragen sind.

Sodann muss der Arbeitnehmer darlegen, warum er trotz der Minderleistung seine subjektive Leistungsfähigkeit ausschöpft. Gelingt ihm dies nicht, ist die Kündigung begründet. Nennt er tragfähige Argumente, ist es Sache des Arbeitgebers, diese zu widerlegen.

Personenbedingte Kündigung

Den Anknüpfungspunkt für eine personenbedingte Kündigung bildet der Umstand, dass der Arbeitnehmer trotz angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit nicht in der Lage ist, eine durchschnittliche Arbeitsleistung zu erbringen – sei es in qualitativer oder in quantitativer Hinsicht. Wird die normale Durchschnittsleistung vergleichbarer Arbeitnehmer langfristig um ein Drittel unterschritten, ist dem Arbeitgeber ein Festhalten am Arbeitsvertrag unzumutbar. Denn mangels anders lautender Anhaltspunkte ist auch in Zukunft nicht mit der Wiederherstellung des Gleichgewichts von Leistung und Gegenleistung zu rechnen (negative Gesundheitsprognose), die zu erwartenden Störungen würden zu einer erheblichen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen führen. Das BAG greift insoweit auf die Grundsätze zur Kündigung wegen Krankheit zurück.

Eine personenbedingte „Low Performance“, die zur Kündigung berechtigen kann, liegt also auch dann vor, wenn der Arbeitnehmer sein persönliches Leistungsvermögen vollständig abruft, die Normalleistung aber trotz seiner Bemühungen dauerhaft erheblich unterschreitet.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2010, Seite 22

 
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