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136. Kammergespräch

Wie gut ist Deutschland aufgestellt?

Kammergespräch mit drei Spitzen: IHK-Hauptgeschäftsführer Markus Lötzsch, DIHK-Präsident Prof. Dr. Hans Heinrich Driftmann und IHK-Präsident Dirk von Vopelius

DIHK-Präsident Prof. Dr. Hans Heinrich Driftmann blickte beim Kammergespräch verhalten optimistisch in die Zukunft – und erklärte, wie Deutschland „Stark für den Aufschwung“ wird.

IHK-Präsident Dirk von Vopelius konnte sich zum ersten Kammergespräch seiner Amtszeit über großen Andrang freuen: Zahlreiche Unternehmer und Gäste aus der Region kamen in den Historischen Rathaussaal in Nürnberg, um von Driftmann seine Einschätzung zur Lage der deutschen Wirtschaft zu erfahren. Als Geschäftsführer der Peter Kölln KGaA („Kölln-Haferflocken“) und Professor für Betriebswirtschaftslehre an der Universität Kiel war Driftmanns Meinung auch als Unternehmer und Wissenschaftler gefragt. Und der Gast aus Norddeutschland hatte gute Neuigkeiten im Gepäck: Für das Jahr 2010 erwartet der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 2,3 Prozent. Und auch 2010 wird die Wirtschaftskrise nach Prognosen des DIHK nicht voll auf dem Arbeitsmarkt zu spüren sein, weil viele Unternehmen auch in schwierigen Zeiten an ihrem Personal festhalten.

Allerdings schlug Driftmann auch warnende Töne an. „Der Aufstieg aus dem Tal wird steinig und schwierig sein, und es ist nicht ausgemacht, dass die Erholung hier in Deutschland nachhaltig gelingt.“ Zwar wollte er nicht von einer flächendeckenden Kreditklemme sprechen, doch hätten zahlreiche Unternehmen zunehmend Schwierigkeiten, Kredite zu erhalten. In Anbetracht der Finanzprobleme in Griechenland forderte er mehr Kontrolle vonseiten der Europäischen Union: „Es muss Schluss sein mit den Zahlentricksereien. Die Stabilitätskriterien müssen endlich stärker überwacht werden.“ In der globalisierten Wirtschaftswelt sei eine enge Zusammenarbeit der Staaten wichtig, abzulehnen sei aber eine Überregulierung durch die Politik. „Langfristig werden keine staatlichen Eingriffe, Sonderregeln und Subventionen den Standort Deutschland voranbringen, sondern Wettbewerb, Innovationen und unternehmerisches Engagement.“

Mehr Flexibilität hat nach Meinung Driftmanns vor allem der Arbeitsmarkt nötig. Er forderte deshalb, den Schwellenwert, ab dem der Kündigungsschutz in Betrieben gilt, von derzeit zehn auf 20 Mitarbeiter anzuheben. „Ich weiß, dass viele kleine Unternehmen wegen des Kündigungsschutzes zögern, weiter zu expandieren.“ Diese Reform würde dazu beitragen, dass die beginnende wirtschaftliche Erholung so schnell wie möglich zu neuen Arbeitsplätzen führt. Damit diese Arbeitsplätze mit qualifizierten Mitarbeitern besetzt werden können, forderte Driftmann große Anstrengungen in der Bildungspolitik. Wegen fehlender Ausbildungsreife und wegen des Rückgangs der Schulabgänger könnten schon jetzt viele Ausbildungsplätze nicht besetzt werden. Besonders Kinder aus bildungsfernen Schichten und aus Migrantenfamilien müssten noch stärker gefördert werden, um für den Arbeitsmarkt fit zu sein. Das von der Bundesregierung geplante Gesetz zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse sei ebenfalls ein überfälliger Schritt, um Menschen mit Migrationshintergrund zu integrieren. Er dankte in diesem Zusammenhang der IHK Nürnberg für Mittelfranken, die das Konzept für die geplante „Zentralstelle der deutschen Wirtschaft zur Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse“ wesentlich mit erarbeitet hatte. Als Standort für diese Einrichtung ist Nürnberg im Gespräch.

Für die kommenden vier Jahre zeichnete Driftmann ein Bild, das von Zuversicht, aber auch von Sparmaßnahmen geprägt ist. „Das Thema Krisenbewältigung muss ganz oben auf der Agenda stehen.“ Überfällig sei die Sanierung der öffentlichen Haushalte, die nicht ohne schmerzhafte Einschnitte für jeden Einzelnen vonstattengehen werde. „Ich bin aber guten Mutes, dass wir die großen Herausforderungen meistern können. Am Ende werden die Unternehmen – ganz unserem diesjährigen IHK-Motto gemäß – ,Stark für den Aufschwung‘ sein.“

Autor/in: 

jm.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2010, Seite 16

 
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