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Mobilkommunikation

Die App-Ökonomie

Wie bringt man die Nutzer dazu, einer Applikation treu zu bleiben? Und wie können auch lokal tätige Unternehmen Apps für ihr Marketing einsetzen? Von Michael Amtmann und Benjamin Thym

Das mobile Internet ist abgehoben. Nach Jahren fruchtloser Entwicklung von Diensten wie WAP über erste Erfolge mit dem Verkauf von Klingeltönen ist das mobile Internet jetzt mit der „App-Ökonomie“ erwachsen geworden. Die kleinen nützlichen oder unterhaltsamen Anwendungen für die mobile Kommunikation verbreiten sich massenhaft. Dennoch ist der Markt weiterhin von vielen Unwägbarkeiten geprägt.

Die Smartphones (insbesondere iPhone und Google Android) dominieren die mobile Welt gänzlich. Selbst die Nutzungsraten des Marktführers Nokia verlieren sich im Vergleich dazu im einstelligen Prozentbereich. Die Fokussierung auf zwei Plattformen freut den Ressourcenplaner, macht es aber dessen ungeachtet für die Unternehmensentwicklung nicht einfacher. Die Smartphone-Nutzer sind sehr heterogen und in der Mehrheit nicht so anspruchsvoll wie die Preise der schicken Geräte vermuten lassen – und wie auch ein schneller Blick in die Top-Downloads der App-Stores schnell verrät.

Eben dieser AppStore (iPhone) bzw. Market (Android) ist der mit Abstand allerwichtigste Vertriebskanal für Apps. Eine gute Position dort ist einfacher zu erreichen und ähnlich wichtig wie die Vorinstallation. Gleichzeitig kann man zu diesem Zweck jedoch nicht einfach nur die Marketing-Keule auspacken. Ein ausgeklügeltes Marketing ist oft nicht wirtschaftlich, denn die Installation einer App geht zwar binnen 30 Sekunden vonstatten, die Deinstallation klappt jedoch innerhalb von drei Sekunden. Somit wird die Mehrzahl der heruntergeladenen Apps kurz ausprobiert und nach wenigen Tagen bereits wieder deinstalliert. Auch Marketing in anderen Kanälen ist wegen des Medienbruchs und der weiterhin zu geringen Marktpenetration von Smartphones im Normalfall nicht zu empfehlen. Erfahrungsgemäß ist jedoch nicht der Aufbau einer größeren Reichweite die größte Hürde. Schwieriger ist es, diese Reichweite zu behalten und Anreize zu schaffen, um die Kunden regelmäßig zur Nutzung der eigenen App zu motivieren. Die Kundenbindungsrate (sogenannte „retention rate“; also der Anteil der Kunden, die nach einer gewissen Zeit immer noch Kunden sind) ist somit eine der wichtigsten Kennzahlen. Das saubere Nachverfolgen (Tracking) dieser Rate ist folglich eine wichtige Aufgabe.

Wie bleibt man interessant?

Derzeit sind Apps für die Medien noch immer ein dankbar aufgenommenes Thema. Wenn die eigene App etwas aus der Masse heraussticht, kann man deshalb durch gute Pressearbeit kostengünstig viele neue Nutzer gewinnen. Dabei darf man sich aber durch einen kurzfristigen Spitzenplatz im AppStore des iPhones nicht blenden lassen. Dieses Verzeichnis verändert sich extrem schnell, die App verlässt den Spitzenplatz meistens genauso schnell wieder, wie sie ihn erklommen hat (es werden nur die Downloads der letzten fünf Tage für die Platzermittlung berücksichtigt). Im Android Market hingegen wird die Position derzeit durch die Anzahl der Gesamtinstallationen bestimmt – kein leichtes Umfeld wiederum für neue Apps.

Hinsichtlich der Monetarisierung ist das mobile Internet noch nicht so erwachsen wie man vermuten könnte. Sicherlich hat Apple mit seinem AppStore eine fantastische Möglichkeit geschaffen, mit seiner Anwendung Geld zu verdienen. Aber eine kostenpflichtige App ist in den seltensten Fällen ein nachhaltiges Geschäftsmodell. Durchschlagende Erfolge des sogenannten In-App-Purchasing, also dem direkten und wiederkehrenden Bezahlen von kostenpflichtigen Inhalten, sind noch nicht bekannt. Daneben liegt die Kunst darin, die Nutzung der App indirekt zu monetarisieren. Die mobilen Barcode-Scanner barcoo und woabi beispielsweise setzen hierbei auf mobiles Einkaufen, das auch die lokalen Händler und mobiles Marketing integriert, welches derzeit noch primär durch Mobile Advertising geprägt ist. In Zukunft werden immer mehr Konsumgüter-Hersteller und -Händler auf den mobilen Zug aufspringen und der wachsenden mobilen Reichweite Tribut zollen.

Nicht bloß die Web-Seite kopieren

Im mobilen Internet wird man jedoch kaum mit einer simplen Adaption seines Webauftritts zum Erfolg kommen. Je nach Studie ist ca. jede zweite Suche auf dem Mobiltelefon eine lokale Suche. Die Kunden haben auf dem Smartphone die Erwartungshaltung, dass ihr Ort bei der Suche berücksichtigt wird. Dies ist für einzelne Gewerbetreibende sehr aufwändig und gleichzeitig ist das Risiko hoch, neben 140 000 anderen Apps von den Nutzern nicht gefunden zu werden. Somit liegt ein möglicher Weg in Kooperationen: Der Betrieb kann über Branchenverzeichnis-Apps wie von den GelbenSeiten mobil sichtbarer werden. Angebote von Händlern können über Location Based Advertising (ortsbezogene Werbung), der Integration in existierende Shopping-Apps und Mobile Couponing (Werbung mit elektronischen Coupons per mobilem Internet oder SMS). So kann jeder Gewerbetreibende kostengünstig ausprobieren, was in der spannenden mobilen Welt funktioniert und was nicht.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2010, Seite 34

 
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