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Nachhaltigkeit

Für Mieter selbstverständlich

Viele Immobilienbesitzer lassen sich die Nachhaltigkeit ihrer Gebäude zertifizieren. Doch gewerbliche Mieter sind kaum bereit, dafür einen Mietaufschlag zu bezahlen.

Dieses Resümee zieht der „Landesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger“ (LVS Bayern) aufgrund seiner Erfahrungen mit Wertermittlungen von Immobilien. Für die Mieter spielt es nach den Erkenntnissen der Sachverständigen keine Rolle, nach welchem Standard die Vermieter ihre Objekte bewerten lassen oder ob sie sich mit dem Energieausweis begnügen, wie ihn die neue Energiesparverordnung vorschreibt. Bekannte Standards sind der in über 40 Ländern verbreitete LEED („Leadership in Energy and Environmental Design“) oder die nationalen Kriterien des DGNB (Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen). „Solche Zertifikate können aber angesichts des hohen Leerstands die Vermarktung vereinfachen und im Kampf um Kunden für Wettbewerbsvorteile sorgen“, sagte der Münchner Architekt und Sachverständige Herbert Schlatt unlängst auf dem LVS-Immobilientag in München. „Höhere Mieten garantieren sie jedoch nicht.“ Heute betrachten viele Mieter Nachhaltigkeit offenbar als selbstverständliche Vorleistung der Bau- und Immobilienbranche, egal ob es sich um Neu- oder Bestandsbauten handelt.

Für die Immobilienwirtschaft hingegen ist Nachhaltigkeit alles andere als ein Modethema, sondern ein entscheidender Aspekt, um zukunftsfähige Werte zu schaffen. Dies war der Tenor auf dem Immobilientag des LVS Bayern, in dem sich Sachverständige zusammengeschlossen haben, die von den Industrie- und Handelskammern und den Handwerkskammern öffentlich bestellt und vereidigt werden.

Der Wert von Gewerbe- und Büroimmobilien hängt entscheidend von deren Energieverbrauch ab. Trotzdem lassen die Standards LEED und DGNB nach Meinung des LVS manche Fragen offen. So geben sie häufig keinen Aufschluss darüber, welche Einzelmaßnahmen des Bestandsmanagements tatsächlich zu Einsparungen im Energieverbrauch führen. Auch bei der Ermittlung des eigentlichen Gebäudewerts helfen sie oft nicht weiter, wenn etwa wichtige Dokumente fehlen. Für viele ältere Bestandsgebäude, die vor den 80er Jahren errichtet worden sind, zeichnen inhabergeführte Architektur- und Ingenieurbüros verantwortlich, die heute oft nicht mehr existieren und deswegen keine Unterlagen nachliefern können.

Wer höhere Mieteinnahmen erzielen will, muss durch Taten überzeugen. Deshalb empfiehlt der LVS Bayern, auch bei Bestandsgebäuden Investitionen in Wärmedämmung, Isolierfenster und andere energiesparende Technologien vorzunehmen, denn die Kostensenkungen seien häufig erheblich. Während viele Neubauten längst mit Jahresverbrauchswerten von null bis fünf Litern pro Quadratmeter überzeugen, fallen Altbauten vor Sanierungsmaßnahmen mit vier oder gar fünf Mal höheren Werten auf. Wenn jedoch bei gleicher Bruttomiete weniger Betriebskosten anfallen, steigt die Nettomiete und damit der Reinertrag. Je nachhaltiger Bauweise und Energieeffizienz sind, desto länger werden in der Regel Gesamt- bzw. Restnutzungsdauer. Der Vermieter müsse sich heute weit mehr als noch vor einigen Jahren an der Bruttomiete orientieren, so der Verband.

Bewertung von Photovoltaikanlagen

Vor besonderen Herausforderungen stehen Sachverständige bei der Bewertung von Photovoltaikanlagen. Weil diese wie ein kleines Stromkraftwerk arbeiten, muss ein sachverständiger Elektrotechniker hinzugezogen werden. Über den technischen Zustand hinaus sind Einspeisevergütungen und Stromerträge zu berücksichtigen, die im Laufe der Jahre zurückgehen können. Unterschiedliche technische Ausführungen und öffentliche Vergütungsregeln erschweren Vergleiche, weswegen Bewertungen nur auf Basis von finanzmathematischen Verfahren möglich sind.

Einen hohen Unsicherheitsfaktor bilden auch mögliche Kosten für Demontagen und Entsorgung sowie für Dachreparaturen nach der Entfernung von Photovoltaikanlagen. Für die Ermittlung des tatsächlichen Wertes von Solarstromanlagen ist es deshalb wichtig, ob diese im rechtlichen Sinne Bestandteil oder Zubehör eines Gebäudes sind. Dies müsse der Gesetzgeber schnell klären, so die Meinung auf dem Verbandstag.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2010, Seite 52

 
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