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Bauwirtschaft

Neues Gesetz hebt die Zahlungsmoral

Unternehmen der Baubranche vor Forderungsausfällen schützen: Dieses Ziel verfolgt das neue Forderungssicherungsgesetz. Von Martin Rößler

Die Baubranche musste in den letzten Jahren Forderungsausfälle in Milliardenhöhe verkraften. Länger dauernde, hohe Außenstände haben zahlreiche Betriebe in teilweise existenzbedrohende Liquiditätsschwierigkeiten gebracht. Eine der Ursachen war die strukturelle Schwäche des geltenden Werkvertragsrechts. Der Gesetzgeber hat reagiert und mit dem Forderungssicherungsgesetz (FoSiG) eine Reihe von baurechtlich wichtigen Neuerungen beschlossen.

Streitigkeiten bei Bauprojekten gibt es immer dann, wenn es um Mängel geht. Denn oft weigert sich der Kunde, die Leistungen zu bezahlen, bevor die Mängel beseitigt sind. Das neue Gesetz verbessert hier den Anspruch des Auftragnehmers auf Abschlagszahlungen. Sie können vom Auftraggeber nicht mehr wegen unwesentlicher Mängel verweigert werden. Die ausführende Baufirma kann jetzt Abschlagszahlungen in der Höhe verlangen, in der der Auftraggeber durch die Leistung bereits einen Wertzuwachs erlangt hat.

Neu geregelt wurde auch, welchen Betrag der Auftraggeber bei Mängeln zurückhalten kann: Nun kann nicht mehr mindestens das Dreifache der Kosten angesetzt werden, die für die Beseitigung des Mangels erforderlich sind. Das neue Gesetz sieht jetzt nur noch das Doppelte dieser Kosten vor (Paragraf 641 Bürgerliches Gesetzbuch BGB n.F.).

Recht auf Verweigerung der Leistung

Gestärkt wurde durch die Gesetzesänderung auch die Stellung des Subunternehmers gegenüber dem Generalunternehmer (Paragraf 641 Absatz 2 BGB n.F.). Zukünftig ist die Vergütung an den Subunternehmer fällig,

  • wenn der Generalunternehmer vom Dritten seine Vergütung zumindest teilweise erhalten hat oder
  • wenn das Werk von Dritten abgenommen worden ist oder
  • wenn der Generalunternehmer keine Auskunft über die Abnahme erteilt hat, obwohl der Subunternehmer dies unter Setzung einer Frist gefordert hatte.

Diese Regelung erscheint auf den ersten Blick sinnvoll: Denn bislang hatte der Subunternehmer größte Schwierigkeiten, die sogenannte „Durchgriffsfälligkeit“ seiner eigenen Vergütung zu erreichen und damit an sein Geld zu kommen. Es ist am Bau häufige Praxis, mit zahlreichen – größtenteils unwirksamen – Klauseln die Abnahme und damit die Fälligkeit der Zahlung an den Subunternehmer zu verzögern. Es ist aber fraglich, ob die neue Regelung im Geschäftsalltag tatsächlich greift. Denn für den Subunternehmer ist es einfacher, die Abnahme zu erreichen, indem er dem Generalunternehmer eine angemessene Frist setzt (gemäß Paragraf 640 Absatz 1 Satz 3 BGB). Die Folge ist, dass die Abnahme fingiert wird, d.h. die Abnahme wird rechtlich als gegeben behandelt, obwohl sie in Wirklichkeit nicht stattgefunden hat. Falls die Abnahme endgültig verweigert wird, ist sogar die Fristsetzung überflüssig.

Bauhandwerkersicherung

Eines der wenigen gesetzlichen Sicherungsmittel, um einem Forderungsausfall vorzubeugen, ist die Bauhandwerkersicherung (Paragraf 648a BGB). Das heißt, die Handwerker oder Baubetriebe können vom Auftraggeber Sicherheiten verlangen. Allerdings setzen sie dieses Instrument nur selten bzw. verspätet ein, weil sie befürchten, dass der Auftraggeber auf diese Forderung verärgert reagiert und dann keine Aufträge mehr erteilt.

Möglicherweise gewinnt die Bauhandwerkersicherung jetzt an Bedeutung, denn der Gesetzgeber hat die Vorteile dieser Regelung für den Auftragnehmer mit dem neuen Gesetz noch verstärkt. Die Vorschrift umfasst nunmehr nicht nur die Vergütung der Leistung, sondern alle Ansprüche, die der Auftragnehmer gegenüber dem Auftraggeber haben kann. Der Anspruch kann auch dann geltend gemacht werden, wenn der Auftraggeber Erfüllung verlangt oder Mängelrechte geltend macht. Der Auftraggeber kann zwar nicht daran gehindert werden, mögliche Schadensersatzansprüche gegen den Vergütungsanspruch aufzurechnen. Dadurch soll aber der Anspruch auf Sicherheit gemäß der Bauhandwerkersicherung grundsätzlich nicht geschmälert werden. Nur wenn der Anspruch des Auftraggebers, mit dem er aufrechnet, unstreitig oder rechtskräftig festgestellt wurde, hat dies Einfluss auf die Höhe des Sicherungsanspruchs.

Damit verhindert der Gesetzgeber, dass der Anspruch unterlaufen wird. Denn häufig behauptet der Auftraggeber einfach, dass Mängel vorliegen oder der Auftrag nicht erfüllt wurde. Würde dies funktionieren, würde das Ziel der Bauhandwerkersicherung nicht erreicht, den Auftragnehmer vor einem Forderungsausfall zu schützen. Denn dann müsste der Auftragnehmer ermitteln, wie dieser Mangel auf die geforderte Sicherheit angerechnet wird. Die neue Gesetzeslage stärkt die Stellung des Auftragnehmers also erheblich, denn der Auftraggeber hat deutlich weniger Möglichkeiten, Einwendungen zu erheben. Im Gegensatz zur alten Regelung räumt der Gesetzgeber dem Auftragnehmer nun einen Anspruch auf das Sicherungsmittel ein. Wenn der Sicherungsanspruch nicht erfüllt wird, hat der Auftragnehmer die Wahl, ob er die Sicherheiten einklagt, die Arbeit einstellt oder den Bauvertrag kündigt.

Der Auftraggeber ist jetzt nach dem Gesetz verpflichtet, eine Sicherheit zu stellen. Kommt er dem nicht nach, wird dies als Vertragsverletzung gewertet. Kommt es deshalb zu einer Kündigung des Vertrages durch den Auftragnehmer, so wird diese als außerordentliche Kündigung betrachtet. Der Bauhandwerker hat dann Anspruch auf die Vergütung der nicht erbrachten Leistung und auf den Ersatz des entstandenen Schadens. Die Baubetriebe können die Bauhandwerkersicherung aber nicht gegenüber der öffentlichen Hand und nicht beim Bau von Einfamilienhäusern einfordern.

Einen Werkvertrag kann der Auftraggeber jederzeit kündigen. Als Ausgleich für dieses Recht sieht das Gesetz (Paragraf 649 Satz 2 BGB) vor, dass der Auftragnehmer einen Ersatz für die entgangene Vergütung beanspruchen kann. In der Praxis hatte der Baubetrieb aber häufig ein Beweisproblem. Er musste darlegen, wie hoch der ersparte Aufwand war, den er von seinem Vergütungsanspruch abziehen muss. Jedoch muss auch der Auftraggeber vor ungerechtfertigten Forderungen geschützt werden, denn über die genaue Höhe des ersparten Aufwands weiß naturgemäß nur der Auftragnehmer Bescheid. Nach der neuen Gesetzeslage (Paragraf 649 Satz 3 BGB) steht ihm deshalb künftig einfach eine Pauschale von fünf Prozent vom Vergütungsanspruch zu.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2010, Seite 32

 
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